Die Besucher haben sich für die alte Ölmühle sehr interessiert. Foto: Werner Kuhnle

Die Ölmühle in der Marbacher Altstadt ist immer noch funktionsfähig. Davon konnten sich die Gäste im Rahmen des Deutschen Mühlentages überzeugen.

Marbach - Nicht jede Mühle klappert am rauschenden Bach. Seit in Marbach ein Elektrizitätswerk eingerichtet wurde, gibt es hoch über dem Neckar, mitten in der Altstadt, eine Ölmühle. Die Ölmühle Jäger aus dem Jahr 1906, die 1959 stillgelegt und seither praktisch unverändert erhalten blieb, ist seit 1991 ein technisches Kulturdenkmal. Zum Deutschen Mühlentag am Montag hat sie wie jedes Jahr für interessierte Besucher geöffnet gehabt. Und wie jedes Jahr warteten die Besucher schon vor der Tür auf die nächste Führung. Wer es gar nicht abwarten konnte, profitierte vom offenen Fenster und nahm quasi als Zaungast teil.

In diesem Jahr stand der Tag der offenen Tür in der Ölmühle unter einem besonderen Vorzeichen. Denn zeitgleich war eine Ausstellung zu sehen, die Schüler des Friedrich-Schiller-Gymnasiums auf Anregung von Fritz Jäger gemeinsam gestaltet haben und die dem „Lebensretter Buchecker“ gewidmet ist (wir berichteten). Als Wolfgang Istler, der die Führung machte, die Besucher nach ihrer Motivation fragte, wussten die meisten allerdings nichts von der Ausstellung, da etliche Auswärtige darunter waren. Die Extra-Informationen zum Thema Buchecker, die sie nebenbei bekamen, fanden aber auch sie sehr interessant. Am meisten beeindruckt waren die Besucher jedoch, als Istler die Hydraulik anwarf und das Mahlwerk in Gang setzte. Obwohl alles noch funktioniere, könne man die Ölmühle heute nicht mehr nutzen, sagte Istler. „Früher hat man das übrige Öl einfach durch die Kanäle im Boden abgelassen. Und die Rosshaarkissen, durch die das Öl lief, wurden praktisch nie gereinigt. Das wäre heute nicht mehr zulässig.“

Zum größten Teil sei in der Ölmühle Mohn gemahlen worden. „Der durfte damals noch hier angebaut werden“, berichtete Istler schmunzelnd. Auch Sonnenblumen-, Walnuss- oder Leinöl wurden gepresst. Walnüsse habe es früher aber nicht so oft gegeben, weil in den kalten Wintern viel erfroren sei. Die Bucheckern, auf Schwäbisch Buchele, seien nur in der schlechten Zeit nach den beiden Weltkriegen zur Ölerzeugung verwendet worden, berichtete der Museums-Ölmüller Manfred Widler, der neben dem Mühlengebäude mit einer kleinen Elektromühle tropfenweise Buchelesöl erzeugte. Dazu habe es extra Aufrufe gegeben, erzählte er und deutete auf den Nachdruck eines alten Plakats, auf dem der „Kriegsausschuß für Öle und Fette“ aufforderte: „Wollt Ihr Öl, dann sammelt Bucheckern!“ Mühsam und zeitraubend war das, die Ölausbeute gering. „Wenn sie frisch und prall sind, kann man aus vier Kilogramm Bucheckern maximal einen Liter Öl gewinnen“, berichtete Widler. Dafür wurde das Öl nicht auf die Lebensmittelkarten angerechnet, und „man konnte es für alles nehmen – als Rostschutz, fürs Essen oder für die Schuhe“, erklärte Widler.

Ganz ohne Wassermühle ging es dann aber doch nicht am Deutschen Mühlentag in Marbach. Der Rudersberger Walter Buck hatte neben der Ölmühle Jäger ein Exemplar im Puppenstuben-Format aufgestellt, das jedoch voll funktionstüchtig ist. „Sonst gibt es in diesem Maßstab keine, die etwas leistet“, betonte er stolz und mahlte flugs Grieß zu feinem Mehl. Die Mininachbildung einer Mühle in der Nähe von Gschwend verarbeitete Hagelzucker zu Puderzucker. Und mit einem ebenfalls selbst gebauten Schlagbock schlug der Mühlenfreund Öl aus fein gemahlenen Sonnenblumenkernen heraus. Um Öl zu gewinnen, kannte der Erfindungsreichtum unserer Vorfahren keine Grenzen.