Diese 17 000 Marbacher werden demnächst verschickt. Foto: KS-Images.de

Das Künstlerduo aus Zürich hat am Donnerstag vor dem Rathaus 17 000 Münzen an die Stadt übergeben.

Marbach - Fast wie ein Schatz wirken die glitzernden Münzen auf dem schwarzen Tuch. Gerade eben haben die beiden Schweizer Künstler Stefan Baltensperger und David Siepert den Blick auf rund 17 000 Marbach freigegeben. Die Münzen werden in den nächsten Tagen an die Haushalte der Schillerstadt zugestellt. Diese können dann selbst entscheiden, ob sie die Kunstwährung von Oktober an einsetzen oder als Sammelstück aufbewahren.

Die feierliche Übergabe an diesem Donnerstag markiert den Beginn eines spannenden Experiments. In Anlehnung an das nie genutzte Münzrecht der Stadt aus dem Jahr 1009 durch Kaiser Heinrich II. werden die Bürger eingeladen, über den Wert von Dingen nachzudenken. „Ich bin begeistert von dem Projekt und gespannt, was in den nächsten neun Monaten passiert“, sagte der Erste Beigeordnete Gerhard Heim, der Bürgermeister Jan Trost vertrat. Jeder Bürger sei beteiligt und könne sich fragen, was er mit seinem Marbach macht. Das Konzept sei vor zwei Jahren im Gemeinderat als Chance wahrgenommen worden, am Projekt „Drehmoment – Das Produktionskunst-Festival in der Region Stuttgart“ im Verbund mit 20 Kommunen und 27 Kunstwerken teilzunehmen.

Laut Heim sei es „absolut entscheidend“ gewesen, dass sich die Marbacher Firma Hainbuch als Sponsor beteiligt. Er habe die relativ frühe Zusage von Geschäftsführer Gerhard Rall als „sehr mutig“ angesehen, da die Details noch nicht bekannt gewesen seien. Rall selbst war so ehrlich, zuzugeben, dass er die Aktion zunächst für eine „Schnapsidee“ gehalten habe, doch er habe sich immer mehr mit ihr angefreundet und sie sogar lieb gewonnen. „Jeder Marbacher hat Kontakt mit dem Kunstwerk.“ Rund 16 000 Münzen gehen an die Haushalte, die restlichen 1000 können von Sammlern gekauft werden.

Wer sich mit dem Marbach befasse, gerate ins Diskutieren, meinte Benjamin Heidersberger, der das Festival „Drehmoment“ leitet. Die Region Stuttgart stehe vor Veränderungen. Es lohne sich zu fragen, „was bringt die Zukunft?“ oder „müssen wir neue Wege gehen?“ Er schätze die Arbeit der beiden Schweizer Künstler, die zum Beispiel eine Boje für 34 000 Franken verkaufen und sie dann im Mittelmeer aussetzen, damit Menschen nicht ertrinken müssen. Auch hätten Baltensperger und Siepert ein Buch herausgegeben , in dem sie asiatische Wanderarbeiter eine Plattform boten, über wichtige Fragen zu philosophieren. „Kunst darf nicht in der Kunstwelt bleiben – sie sollte sich einmischen“, so Heidersberger.

Was ist einem sein Marbach wert? „Sein Wert schwankt je nach Einsatzort“, sagte David Siepert. Egal ob es der Eintritt ins Hallenbad oder ein Konzertbesuch im Schlosskeller ist: Möglichkeiten bieten sich in der Schillerstadt viele. Jeder Marbach kann zu einem Event eingesetzt werden. Einen Aspekt des kulturell in Szene gesetzten Münzrechts betonte Stefan Baltensperger: „Das Münzrecht gehört jedem, der hier lebt.“

Beteiligt sind das Deutsche Literaturarchiv Marbach, das Hermann-Zanker-Bad, das Jugendkulturhaus planet-x, das Kulturamt, der Obere Torturm, die Ölmühle Jäger, der Schillerverein, die Schiller-Volkshochschule, die Stadtbücherei, der Tobias-Mayer-Verein und die Marbacher Touristik. Die Angebote stehen im Kulturprogramm und in der Tagespresse. Im Rathaus gibt es eine Ausstellung.