Die Schauspieler haben bei der Premiere Glück mit dem Wetter. Foto: Werner Kuhnle

Mit großem Entzücken reagieren die Zuschauer auf die Premiereninszenierung beim Theaterfestival.

Marbach - Selbst die Rahmenbedingungen haben am Sonntag bei der Premiere des Kleinen Prinzen gestimmt: die sengende Mittagshitze machte die Szenerie in der Wüste, in der Kultautor Saint-Exupéry seine märchenhafte Erzählung stattfinden lässt, äußerst glaubhaft. Der von den Bühnenbildnern Felix und Manuel Seiter effektvoll drapierte Schrotthaufen, diverse Kakteen sowie der Umriss eines Fliegers verdichten den Eindruck, dass es sich um die Absturzstelle jenes Piloten handelt, der sich ganz unerwartet, einer sanft-friedlichen Stimme gegenüber sieht. Wer das Buch gelesen und nun auch das Theaterstück gesehen hat, dem Leah Wewoda ihre neue Handschrift als Regisseurin gegeben hat und dem sie – gemeinsam mit ihrer Assistentin Magdalena Kolar – zu einer intensiv-berührenden Inszenierung verhalf, der dürfte darüber entzückt sein, wie authentisch und liebevoll die Umsetzung des Geschriebenen auf die Bühne erfolgt ist. Wer sich mit dem Text zuvor noch nie auseinander gesetzt hat, der wird vermutlich ab sofort ein Fan des Kleinen Prinzen sein. Denn die Herzen ihrer Zuschauer im Sturm erobert haben die vier Darsteller, die sich dem Thema offensichtlich mit Leib und Seele künstlerisch verschrieben haben.

Zwei Sympathieträger kommen mit Tamara Theisen und Raik Singer auf die Bühne. Als liebenswerter, rotzig-frecher, dann auch mal feinsinnig-nachdenklicher Kleiner Prinz schlüpft die Profischauspielerin in ein Rollenkorsett, das alles andere als einzwängt. Mit Würde und erfrischender Spielfreude darf sie darin aufzeigen, was am Erwachsenendasein so verwunderlich ist. Sie darf mit den typisch kindlichen Eigenschaften fordern, viele und auch unbequeme Fragen stellen, darf sich ausgelassen freuen, ärgern, dreist sein und Nähe zeigen. All das gelingt Theisen mit Bravour und fast scheint es, als gehöre der Glitter auf Körper und Haaren – Sternenstaub, der in der Sonne funkelt – zu ihrem Wesen, so nicht von dieser Welt wirkt sie.

Gemeinsam mit Raik Singer, der den anfangs verkopften, stets mit ernsthaften Dingen beschäftigten Piloten spielt, der nur schlecht zuhören kann, geht Theisen im Laufe des Spiels eine wunderbare, geradezu anrührende Symbiose mit ihm ein, die den Zuschauer wie ein Magnet auf die Bühne zieht. Gebannt und außer gelegentlichen Spontanlachern absolut still, lauscht das Publikum dem lebhaften und launigen Freiluft-Geschehen auf dem Burgplatz, wo es von prächtiger Spiellaune hineingezogen wird in gar liebevoll ausgestaltete Szenen. Akustische Effekte mithilfe zarter Instrumente gehören genauso dazu, wie das gemeinsame Ansingen von Liedchen, das Pilot und Prinzen noch näher zusammen bringt.

Doch das Entzücken darf in dem rund einstündigen Verlauf noch wachsen: Mit Rebekka Wurst kommt eine ungemein präsente Jungschauspielerin hinzu, die feinsinnige und differenziert ausgelebte Akzente zu setzen versteht. Als Schaf, das vom Piloten gezeichnet erst kränklich, dann mehr Widder ist, bis es schließlich vom Prinzen akzeptiert wird, zeigt sie einen köstlichen Wandel und einen vergnüglichen Prozess ihrer Körpersprache. Als Rose aber durchläuft sie mimische und Gestalt gebende Prozesse, die plastisch machen, wie es ist, wenn jemand selbstverliebt nur mit sich selbst beschäftigt ist.

Als ein vom Prinzen zu zähmender Fuchs, der den alles prägenden Schlüsselsatz des literarischen Erfolgswerkes mitteilen darf: „Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“, erzielt sie gegen Ende des Spiels tiefe Rührung und eine Betroffenheit, die sich auf den Gesichtern der kleinen wie großen Zuschauer wiederspiegelt. Bei ihren kurz aufeinanderfolgenden Rollenwechseln wird außerdem erkennbar, mit welchem Tempo und welcher Sorgfalt die Menschen hinter der Bühne arbeiten: Anja Reiber hat mit der Aufgabe, die Maske den Mimen anzupassen, vermutlich ebenso alle Hände voll zu tun, wie Sonja Kuttruf mit den Kostümen.

Was die Kostüme betrifft, kommt Fabian Egli besonders groß raus. Er ist jedoch nicht nur optisch der Wandlungsfähigste: auch die Charaktere, die er zur Schau trägt, sind speziell und erfordern größte Wandlungsfähigkeit. Dem stimmgewaltigen Schweizer gelingt das prächtig. Ob nun als König, als eitler Hutträger, der mit seinen österreichisch-sprachigen Allüren sogar spontan Zwischenapplaus erhält, als schwankender Säufer oder als hektisch agierender Laternenmann: bei seinen originellen und sprachlich vielgestaltigen Auftritten sind die Augen der Besucher magisch auf ihn fixiert. Für all das geizen die Zuschauer auch nicht mit Lohn: Starker Applaus und lebhafte Zurufe.

Die Theaterfestpiele und die Serie

Das Theaterfestival findet von Donnerstag, 28. Juni, bis Sonntag, 22. Juli, statt. Gespielt wird auf dem Burgplatz und im Schlosskeller. Vier Stücke werden insgesamt gezeigt. Karten gibt es online auf www.reservix.de. Reservix-Vorverkaufsstellen sind in Marbach: Schilleria, Markstraße 15, Beran, Marktstraße 32, und Euli-Service in Rielingshausen. Über die Tourismusgemeinschaft Marbach-Bottwartal sind auch Pauschalarrangements mit Ticket, Programmheft, Übernachtung und Blick hinter die Kulissen erhältlich. Kontakt unter Telefon 0 71 44 / 10 22 97 und -2 50 oder per E-Mail an touristik@schillerstadt-marbach.de.