Schüler sollen bald auch in Marbach zusammenkommen, um ihre Anliegen vorzubringen. Foto: factum/Bach

Die Aktion wird fortgeführt und um ein großes Forum ergänzt, in dem die Heranwachsenden die Themen präsentieren können, die ihnen am Herzen liegen. Außerdem soll ein Stadtschülerrat ins Leben gerufen werden.

Marbach - Es war eine Marbacher Erfindung, und es war ein Erfolgsmodell: Im Rahmen der Aktion „Jugendtopf 5000 + x“ konnten Heranwachsende aller Schulen der Schillerstadt auswählen, was sie mit einem größeren vierstelligen Betrag, den Kommune und Sponsoren bereit gestellt hatten, anstellen wollen. Am Ende entschieden sich die Kids aus 380 Vorschlägen für freies WLAN an den Schulen. Angesichts dieser Resonanz war es kein Wunder, dass der Jugendtopf fortgeführt werden soll. Dafür hatte sich bereits der Verwaltungsausschuss ausgesprochen (wir berichteten). Der Gemeinderat beschloss am Donnerstag zudem einmütig, die Jugendbeteiligung um zwei Säulen zu erweitern. Zum einen wird ein Stadtschülerrat eingerichtet, zum anderen soll künftig im Wechsel mit dem Jugendtopf ein großes Jugendforum über die Bühne gehen.

Erik Flügge von der Firma S & N Kommunalberatung Köln, die den Jugendtopf begleitet hat, erläuterte dem Gremium, wie das Ganze im Detail aussehen könnte. So soll der Jugendtopf wie gehabt angeboten werden. Denn dieses Instrument sei wichtig, um den Mädchen und Jungs zu signalisieren, dass sie und ihre Interessen ernst genommen werden. „Die glauben erst mal nicht, dass wir was für sie tun wollen“, stellte der Fachmann fest. Der Jugendtopf habe jedoch bewiesen, dass „wirklich etwas passiert“. Weil aber die Umsetzung der Wünsche seine Zeit braucht, wird die Aktion nur alle zwei Jahre anberaumt. Andernfalls könnte es Schwierigkeiten mit der Glaubwürdigkeit geben, weil die aktuellen Begehren der Teenager noch nicht umgesetzt worden sind. Allerdings hat der Jugendtopf aus der Sicht von Erik Flügge auch ein Manko: Es findet kein Dialog mit den Entscheidungsträgern statt. Zudem könnten keine Vorschläge unterbreitet werden, die nichts kosten.

Aus dem Grund wird als zweite Säule der Jugendbeteiligung ein Stadtjugendforum ins Leben gerufen. Und zwar immer in den Jahren, in denen der Jugendtopf eine Pause einlegt. Die Einladungen sollen über die Schulen herausgehen, schlug Erik Flügge vor. Jede Klasse schicke dann im Idealfall ein Mädchen und einen Jungen in das Plenum. Dort werden Themen aufbereitet, die den Kids am Herzen liegen. Die Ergebnisse werden schließlich präsentiert. Zum Abschluss sollen auch die Gemeinderäte und Vertreter der Stadtverwaltung dazustoßen, um sich mit den Heranwachsenden auszutauschen. „Da entstehen viele Initiativen, die häufig nichts kosten“, sagte Flügge und verwies auf Erfahrungen aus anderen Kommunen.

In deutlich kleinerem Rahmen wird sich der Stadtschülerrat treffen. Lediglich die jeweiligen Sprecher vom Friedrich-Schiller-Gymnasium, der Uhlandschule, der Anne-Frank-Realschule und der Tobias-Mayer-Schule bilden dieses Gremium, in dem die brennenden Themen aus Sicht der Jugendlichen diskutiert werden sollen. In Jahren ohne Jugendtopf kann diese Runde auch über die Verwendung von 5000 Euro entscheiden. Wird das Geld nicht abgerufen, wandert es in den Etat des Jugendtopfes fürs Folgejahr.

Dieses Modell stieß auf große Begeisterung im Gemeinderat. „Wir freuen uns jetzt auf den Inhalt“, sagte Heike Breitenbücher von der CDU, die zudem daran erinnerte, wie kläglich einst die Bemühungen gescheitert waren, einen Jugendgemeinderat zu installieren. Dafür sei die Beteiligung am Jugendtopf sensationell gewesen. Dr. Michael Herzog von den Freien Wählern lobte „das schlüssige Konzept“, das Erik Flügge zusammen mit dem Marbacher Jugendhausleiter Georg Stenkamp und Ordnungsamtsleiter Andreas Seiberling ausgetüftelt hat. Ein Anliegen der Fraktion sei aber, das Projekt aus finanziellen Gründen ohne weitere personelle Unterstützung zu schultern. Flügge machte aber deutlich, dass Georg Stenkamp schon sehr effizient gearbeitet, aber dennoch einen Tag pro Woche für das Projekt investieren – und dafür andere Dinge zurückstellen musste. Und ohne Begleitung durch Erwachsene gehe es nicht. Er riet auch davon ab, den Schülerrat in den Gemeinderat einzuladen, damit die Jugendlichen ihre Arbeit präsentieren. „Von manchen wird das auch als Bedrohung empfunden“, erklärte der Experte. Der Vorschlag, die Schüler ins Gremium zu bitten, war von Ernst Morlock (SPD) vorgebracht worden. Intention war, auf diesem Weg den Dialog mit der Jugend zu stärken. Das Modell an sich begrüßte auch die SPD.

„Die Maßnahmen sind wichtig, damit das Wort der Jugendlichen von uns nicht überhört werden kann“, pflichtete Hendrik Lüdke (Puls) bei. Er hoffe, dass das Projekt erfolgreich verläuft. Zudem kritisierte er die Haltung der Freien Wähler. „Man kann nicht das Modell gut finden und dann nicht das Personal aufstocken.“ Sebastian Engelmann von den Grünen gefiel das Projekt ebenfalls. Wie Flügge hielt er auch nichts davon, den Schülerrat im Gremium eine Präsentation abhalten zu lassen. Dadurch werde ein Handlungsdruck aufgebaut. „Jugendliche organisieren sich eher projektbezogen“, betonte er. Ferner schlug er vor, vielleicht Vertreter der umliegenden Kommunen einzuladen. Damit ging er auf den Hinweis von Michael Herzog ein, wonach von Jugendlichen aus den weiterführenden Schulen wohl auch Anliegen aus den jeweiligen Heimatorten aufgegriffen würden. „Nach einem Testjahr spricht da nichts dagegen“, meinte Flügge. Zum Start würde er sich aber auf die Marbacher Entscheidungsträger konzentrieren.