Glückwunsch zum Abi! Foto: Werner Kuhnle

Die 229 Abiturienten des Friedrich-Schiller-Gymnasiums haben am Mittwoch ihre Zeugnisse erhalten. Der Schulleiter Christof Martinnutzt die Gelegenheit, um über die Bildungspolitik zu reflektieren .

Marbach - Mit Spannung haben die Schüler diesen Augenblick erwartet. Am Mittwoch ist er gekommen. Nach langen Jahren des Büffelns und Paukens, aber auch des Reifens und der Sammlung von Lebenserfahrungen kamen die 229 Abiturienten auf der Schillerhöhe zusammen, um in einer Feierstunde ihre Abiturzeugnisse zu erhalten.

Den feierlichen Rahmen nutzte der Schulleiter Christof Martin dazu, um über die aktuelle Situation im Bildungssektor laut nachzudenken. Zunächst gratulierte er den Schülern, die ihr Ziel erreicht haben. Bei der Einschulung habe noch die Empfehlung der Grundschule gegolten. „Euch sind dadurch möglicherweise nervenaufreibende Diskussionen darüber erspart geblieben, welches denn nun der richtige Weg zum Abitur sein könnte.“

Kontroverse Debatten prägten derzeit die Bildungspolitik, fuhr Martin fort. Seien es G8 oder G9 oder die Gemeinschaftsschule – „es besteht eine tiefe Unsicherheit in unserer Gesellschaft darüber, wie zeitgemäße und auf Zukunft hin ausgerichtete Bildung und Politik gelingen kann“. In der Erziehung agierten die Eltern so, wie sie es persönlich für richtig halten. Dabei gehe es doch letztlich immer nur um die Frage, „wie unsere Kinder zu gestandenen Persönlichkeiten reifen können, die im Leben bestehen und ihren Weg gehen können“.

Die Verunsicherung, ob der in Deutschland bewährte Weg eines humanistischen Bildungsideals nach Alexander von Humboldt immer noch richtungsweisend sei, sei durch die Pisa-Studie im Jahr 2000 groß gewesen. Seitdem suche man im Ausland nach „best-practice“-Beispielen. Finnland galt als Weltklasse und schon pilgerten die Bildungsexperten dorthin, erzählte Martin. Ein Ergebnis sei die Gemeinschaftsschule, die hierzulande übernommen wurde. Doch Finnland sei zurückgefallen – und man habe entdeckt, dass die Erfolge des nordeuropäischen Landes auf einem „stark lehrerzentrierten und instruktivem Lernsystem aus den 80er und 90er Jahren beruhten. „Bisweilen lohnt es sich also, wenn man etwas genauer hinschaut.“

Als verlässliche Stützen des Bildungssystems nannte Christof Martin das christliche Menschenbild. Der Mensch sei aufgerufen, Verantwortung für die Welt zu übernehmen und sei von Gott in Freiheit dazu berufen. Von Humboldts Bildungsideal habe die Persönlichkeitsbildung zum Ziel sowie das Herausbilden von Individualität. Dazu gehöre eine umfassende Auseinandersetzung mit der Welt in all ihren Facetten. Dass dies mit einer bewussten Erziehung einhergehen müsse, unterstrich der Schulleiter in seinen weiteren Ausführungen. Er forderte zudem auf, sich vom Schwarz-Weiß-Denken zu lösen. „Es gibt nicht mehr nur das Gymnasium, das alles richtig und die je andere Schulart, die alles falsch macht.“ Herzensbildung und Liebe seien wichtig. Disziplin und Konsequenz ergäben sich aus der wertschätzenden Beziehung zu den Schülern.