Foto: Michael Raubold Photographie

Die Musical-AG des Marbacher Friedrich-Schiller-Gymnasiums probt für eine Aufführung von „Löwenherz – Leonardo und das magische Amulett“.

Marbach - Schultaschen, Jacken und Schuhe von 25 Schülern liegen sichtlich in Eile abgelegt im Flur. Es ist Freitagnachmittag und der Schulcampus ziemlich leer – die meisten Schüler befinden sich schon im verdienten Wochenende. Außer eben die jungen Leute, die sich in Raum 021, „Musik Fachraum“, des Marbacher Friedrich-Schiller-Gymnasiums (FSG) treffen, um gemeinsam mit drei Lehrern das Musical „Löwenherz – Leonardo und das magische Amulett“ einzustudieren.

„Da capo. Noch einmal ganz von vorn!“, ruft Lehrerin Helen Volz ihren Schülern der Musical AG zu. Die junge Lehrerin steht mit dem Textbuch in der Hand vor ihrem Ensemble und sagt, worauf es ihr ankommt: „Ihr denkt bitte daran, dass das Publikum hier ist!“ Sie zeigt auf die Fensterreihe hinter sich. „Dreht euch um beim Sprechen.“ Auch die Schüler haben während der Probe ihr Textbuch in der Hand – 36 Seiten stark ist es, von oben bis unten bedruckt mit dem Text für alle Rollen. Jeder Darsteller hat sich seine Passagen mit einem Leuchtstift markiert.

Das Stück „Löwenherz“ hat ein Autor namens Andreas Schmittberger geschrieben. Der Inhalt handelt von einem 12-jährigen Jungen namens Leonardo, der mit Hilfe eines magischen Amuletts aus dem Jahr 1348 in unsere Zeit reist. „Es geht um Freundschaft, Vertrauen und Zusammenhalt“, fasst Helen Volz zusammen. Leonardos Freunde helfen ihm zurückzureisen und seinen Vater vor dem Scheiterhaufen zu retten. Damit alle interessierten Schüler der Musical AG eine Rolle übernehmen können und um mehr Tempo in die Musik zu bekommen, hat Helen Volz das Stück kurzerhand ein wenig umgestaltet – natürlich in Absprache mit dem Autor. Sie hat obendrein neue Lieder dazu geschrieben, „um den Schülern mehr Gelegenheit zum Singen zu bieten“.

Während im Stück die strenge Lehrerin Frau Müller-Meier-Schmidt, kurz „MMS“ etwas zu ihren Schülern sagt, fliegt eine Papierkugel in ihre Richtung. „Was soll das?“, fragt sie streng und sogleich stimmt Cornelius Mader, der echte Musiklehrer, am Klavier ein mitreißend rhythmisches Lied mit dem Titel „Ich schlaf gleich ein“ an. Wer sollte sich da nicht an eigene Schultage erinnert fühlen? „Was soll der Quatsch, warum soll ich das lernen?“, singen die Schüler lautstark.

Viel Augenmerk wird auf die musikalische Schlussszene des Stückes gelegt. „Das muss der Knüller werden“, wünscht sich Helen Volz: In dieser Szene sitzen jeweils drei Schüler an einem Tisch und zeigen eine ausgefeilte Choreografie, während sie singen. Auch ein Rock´n Roll-Teil mit einer kleineren Schülergruppe ist im Musical vorgesehen, den Martina Braden noch mit den Schülern einstudieren wird. Sie unterrichtet normalerweise Sport, Chinesisch und Deutsch als Fremdsprache. Auch Jana Bittermann, eigentlich Kunst-, Mathe-, Ethik- und Spanischlehrerin, ist bei der Probe dabei. Sie wird sich mit Isabel Techel, einer Schülerin aus Kursstufe 1, um das Bühnenbild und die Kostüme kümmern. „Für mich beginnt die eigentliche Arbeit erst später“, sagt sie.

Von Beginn des Schuljahres an konnten sich Schüler der Klassen 6 bis 8 für die Musical AG bewerben – und nun proben regelmäßig 22  Schülerinnen und drei Schüler für ihre bevorstehende Aufführung. Die Hauptrollen wurden nach Castings besetzt, schließlich gilt es, bei einem Musical nicht nur zu schauspielern, sondern auch zu singen und zu tanzen. Nur noch eine Probe wird im FSG stattfinden, dann finden die Proben im Saal der Waldorfschule Ludwigsburg statt, wo die Aufführungen zu sehen sein werden.

„Am meisten beeindruckt mich die Begeisterung, mit der die jungen Leute dabei sind. Viele trauen sich, ein Solo zu singen und alle möchten auch tanzen, das klappt super“, freut sich Helen Volz, die vorher noch nie ein Projekt in dieser Größenordnung begleitet hat. Sie ist voll des Lobes für ihre Schüler. Cornelius Mader, der auch den Unterstufenchor betreut, bewundert, dass überhaupt keine Freitagsmüdigkeit festzustellen sei. „Es ist sehr wertvoll, dass sich Schüler schauspielerisch und singend betätigen können, das gibt es sonst in keinem Fach.“ Martina Braden freut sich über die Momente, in der es „Gänsehaut-Feeling“ gibt. Als Helen Volz sagt, dass sie den Eindruck habe, manche Schüler seien gar von sich selbst überrascht, ergänzt Martina Braden lachend: „Wir aber auch!“ Und Musiklehrer Mader bemerkt: „Hier gibt es eine Fläche, eine Bühne, wo auch ganz stille Kinder über sich hinauswachsen.“

„Löwenherz, wir singen das Lied für dich“ – temporeich ist das Lied, gesanglich sowie tänzerisch. „Macht euch lang, die Arme, die Hände, und die Finger“, ruft Martina Braden. Alle sind zufrieden mit dem Ergebnis. Dann erinnert Helen Volz die Schüler noch: „In den Ferien lernt ihr bitte eure Texte!“ Der Gong ertönt, die Schüler klappen ihre Bücher zu und verlassen schwatzend das Klassenzimmer. In echt.