Foto: Oliver von Schaewen

Der scheidende Dekan Oliver Marbach will in Zukunft die karitative Seite der Kirche stärker entwickeln.

Marbach - N

ur noch morgen ist Oliver Merkelbach offiziell im Dienst – an diesem Tag feiert er abends in der katholischen Kirchengemeinde Zur Heiligen Familie seinen Abschied. Er wird Direktor der Caritas im Bistum Rottenburg/Stuttgart. Eine Aufgabe, auf die er sich freut. Bevor er jedoch am 1. April kommenden Jahres seinen Dienst antritt, hat er Zeit sich zu erholen und auf die neue Aufgabe auch fachlich vorzubereiten. „Der Bischof hat mir eine dreimonatige Auszeit gewährt“, erzählt der Geistliche, der sich mit Reisen in der Transsibirischen Eisenbahn zum zweiwöchigen Jurtencamp in der Mongolei einen Wunschtraum erfüllen möchte. Danach sind noch zehn Tage Wandern auf dem Westweg im Schwarzwald geplant sowie ein kleinerer Trip mit dem Mietwagen durch Sizilien.

Kraft schöpfen ist also angesagt, denn vom 1. November an will Merkelbach die neue Aufgabe fest anvisieren. Management, Personalführung, Projektsteuerung – so lauten die Kernfächer, mit denen der angehende Caritas-Chef fünf Monate lang auf seine Aufgabe vorbereitet wird.

In dieser Zeit wird man Oliver Merkelbach wohl noch öfter in Marbach antreffen. „Ich darf noch einige Zeit im Pfarrhaus wohnen bleiben“, sagt er dankbar. Die Marbacher Kirchengemeinde fällt ihre Entscheidung über einen Nachfolger im November. Im kommenden Frühjahr könnte dann schon ein neuer Pfarrer in Marbach sein, hofft Merkelbach. In der Zwischenzeit wird der Ludwigsburger Klinikseelsorger Stefan Spitznagel Merkelbachs Geschäfte übernehmen. Spitznagel sei kein Unbekannter. „Er ist ja schon mit 20  Prozent seiner Stelle hier und wird auch in der Übergangszeit die allermeisten Gottesdienste feiern – die Menschen kennen ihn.“

Auf sich selbst sieht Oliver Merkelbach starke Veränderungen zukommen. „Natürlich freue ich mich, mit 51 Jahren etwas ganz Neues erleben zu können.“ Organisieren und strukturieren liege ihm, es sei ihm aber auch bewusst, was er abgebe. Fest zu einer Gemeinde zu gehören, persönliche Beziehungen zu pflegen, die Arbeit mit Kindern – das alles werde ihm fehlen. „Ich hatte vor, noch lange zu bleiben“, sagt der Priester nach drei Jahren in Marbach, Rielingshausen, Erdmannhausen und Benningen. Er habe die Dinge behutsam angestoßen und im dritten, vierten Jahr noch einiges vorantreiben wollen.

Froh ist Merkelbach, vor einem Jahr die Projektgruppe „Aggiornamento“ ins Leben gerufen zu haben. Das Motto des Reformpapstes Johannes XXIII., der das Zweite Vatikanische Konzil einberief, lässt die Teilnehmer fragen, wie sich die katholische Kirchengemeinde zukunftsweisend ausrichten kann, um Menschen zu erreichen. „Da wäre ich gerne noch dabei gewesen“, erklärt der Pfarrer, auch weil er sich selbst Reformen in der Kirche wünscht.

Schwerpunkte, die Oliver Merkelbach in Marbach hätte setzen wollen, wäre eine noch stärkere Kinder- und Jugendpastoral und der Ausbau der tätigen Nächstenliebe, der Caritas, gewesen. „Da sollte die Gemeinde Kraft und Finanzen investieren“, sagt der scheidende Pfarrer, der die Ministranten und Sängerknaben als gut funktionierende Gruppen wahrnimmt. Das Karitative werde für Kirchengemeinden immer wichtiger: „ Christen werden an ihrem Tun gemessen“, ist sich der Theologe sicher und erwähnt den Krankenhaus-Besuchsdienst, der unter Diakon Michael Jäger neu aufgestellt worden sei. Im Dekanat Ludwigsburg und vielleicht auch bald in Marbach gebe es „Orte des Zuhörens“. Ehrenamtliche stünden ein bis zweimal in der Woche zur Verfügung, damit etwa Trauernde sich mitteilen können.

Seine 13-jährige Tätigkeit in der Dekanatsleitung endet für Oliver Merkelbach ebenfalls nun. Der Kauf des Sophie-Scholl-Hauses und die Verlagerung der Betriebsseelsorge in die Nähe des Ludwigsburger Bahnhofs seien wichtige Schritte gewesen. Kirche müsse zu gesellschaftlichen Fragen wie etwa der nachhaltigen Energieerzeugung Stellung beziehen. Nach den Missbrauchsfällen und dem Skandal um den Limburger Bischof gelte es, wieder Vertrauen aufzubauen. Ein glaubwürdiges Zeugnis gebe Kirche, wenn sie sich für Schwache einsetze. Dazu zählt Merkelbach die Begleitung Sterbender und ihrer Angehörigen sowie Eine-Welt-Projekte.