Für die Hunde geht es darum, Menschen aufzuspüren. Foto: Michael Raubold Photographie

Beim Mantrailing lernen Hunde, Menschen zu finden. Das hält Herrchen und Vierbeiner auf Trab.

Marbach - Normalerweise wuseln Kinder und Jugendliche über den Pausenhof der Uhlandschule. Heute ist aber Samstag und die Kids können sich von Mathe, Deutsch und Co. erholen. Gelernt wird trotzdem auf dem Gelände. Cara, Benjiro und Tiffy bekommen eine Unterrichtseinheit. Allerdings pauken die drei nicht, um für den Ernst des Lebens gewappnet zu sein. Für sie geht es darum, Menschen aufzuspüren. Cara, Benjiro und Tiffy sind nämlich Hunde und üben sich unter der Regie von Trainerin Conchita Garcia in der Kunst des Mantrailings.

„Das ist ein Hundesport“, erklärt Conchita Garcia. Die Tiere und ihre Halter, die die quirlige Frau aus Bietigheim-Bissingen unter ihren Fittichen hat, werden also nicht auf den Katastrophenfall vorbereitet und kommen nicht genau dann zum Einsatz, wenn irgendwo ein Haus eingestürzt ist, um unter dessen Trümmern nach Bewohnern zu suchen. „Profis wie vom Roten Kreuz oder den Johannitern machen zwar auch Mantrailing, aber für uns hier ist das ein Hobby“, konstatiert sie. Die Tiere würden gefordert, wenn sie die Witterung aufnehmen müssen. Außerdem wird ihnen vermittelt, sich auf eine bestimmte Sache zu konzentrieren. Das macht den Sport nicht zuletzt für solche Halter interessant, deren bester tierischer Freund gewisse Ängste hat oder nicht immer gleich aufs Wort folgt. „Und die Hunde haben die Anatomie dafür“, stellt Conchita Garcia fest.

Das kann man wohl sagen. Die Näschen des Trios auf zwölf Pfoten sind nach menschlichen Maßstäben sagenhaft. „Wir müssen ihnen hier auch nicht das Riechen beibringen, sondern das Verfolgen einer Spur“, sagt die Trainerin von der Mantrailing-Academy. Dies geschieht nach einer speziellen Methode, die in den USA entwickelt wurde und auf deren Basis Andreas Ebert von Mantrailing-International in Worms arbeitet. Ebert wiederum hat Conchita Garcia das Einmaleins des Mantrailings beigebracht und ist auch ihr Kooperationspartner. Für beide liegt der Schlüssel zum Erfolg bei der Motivation. „Wenn der Hund den Menschen gefunden hat, feiern wir eine Party“, erklärt die Trainerin schmunzelnd.

Die Erste, die heute einen draufmachen darf, ist Tiffy. Sie muss versuchen, Lehrgangsteilnehmerin Sarah Busch zu finden, die sich auf einem Spielgerät versteckt hat. Nur ein Halstuch hat Sarah Busch zurückgelassen. Doch das genügt der schlauen Tiffy. Sie schnüffelt für einen Moment an dem Referenzobjekt und nimmt dann mit ihrem Frauchen Tina Schürrle im Schlepptau die Fährte auf. Der Straßenhund aus Bulgarien orientiert sich an den Hautpartikeln, die in der Luft schweben. Sie weisen dem Mischling am Ende tatsächlich den Weg zu Sarah Busch – die ihr zunächst allerdings nur einen Teil der Belohnung bei diesem so genannten Warm-up gönnen darf. „So hat sie richtig Lust darauf, weiterzumachen“, erläutert Conchita Garcia. Entsprechend folgt noch eine zweite Runde, der Intensity.

Sarah Busch, die später mit ihrem Cane Corso Cara selbst mit dem Üben an der Reihe ist, verschanzt sich nun in einem Hauseingang. Tiffy jagt ihr hinterher und kann sie auch dort recht schnell aufspüren.

Anschließend dürfen auch Cara und Benjiro, ein seltener Akita Inu, zeigen, was sie können. Und zwar immer schön der Reihe nach. Zwei aus dem Trio müssen stets im Auto warten. Dort können sie abschalten. Außerdem würden die Hunde sonst anfangen, miteinander herumzutollen.

Wichtig ist auch, dass die Vierbeiner erst unmittelbar vor ihrem Einsatz das Geschirr angelegt bekommen. „Das signalisiert ihnen, dass es nun losgeht“, erklärt Conchita Garcia. Gleich nach der Übung wird das Geschirr entsprechend wieder abgenommen. Und der Vierbeiner weiß: Jetzt beginnt die Ruhephase.

Die ist für Cara nun vorbei. Auf das schöne Tier wartet eine neue Herausforderung. Dieses Mal gilt es, Birgit Reichert zu finden. Reichert, die gerade die Mantrailing-Ausbildung absolviert, hat sich vorher kurz in ein Auto gesetzt und dann versteckt. Cara dreht zuerst eine Runde um den verwaisten Wagen. Das ist ihr Startritual. Dann schnüffelt sie an dem Fahrzeugsitz – und schon ist sie angefixt und findet Birgit Reichert rasch. Selbstverständlich darf sich Cara über eine Belohnung freuen.

Aber auch ihre Halterin Sarah Busch ist zufrieden. Ohne das Mantrailing wäre ihr Hund unterfordert und käme auf dumme Gedanken, sagt die Mundelsheimerin. Regine Schürrle, die mit Benjiro an dem Programm teilnimmt, ist ebenfalls angetan – auch wenn ihr Liebling ein bisschen länger braucht, um seine Aufgabe zu bewältigen. Aber das liegt in der Natur der Sache. Hunde der Rasse Akita Inu hätten oft ihren eigenen Kopf. „Sie denken selbst mit“, erklärt die Frau aus Zuffenhausen. Dadurch ist Benjiro vielleicht nicht ganz so fokussiert auf sein Ziel. Trotzdem lernt er etwas, ist ausgelastet und bleibt dabei noch in Bewegung. Und darauf kommt es beim Mantrailing an. Das findet übrigens immer in Kleingruppen von drei bis vier Zwei- und Vierbeinern statt. Und oft trifft sich Conchita Garcia mit ihren Leuten in der Schillerstadt zum Training. „Mit dem Bahnhof, seinen Feldern und anderem mehr ist Marbach toll zum Trailing“, erklärt die ehemalige OP-Krankenschwester, die ihr Herz an die Hunde verloren hat und diese nun samt Frauchen oder Herrchen auf Trab bringt.