Thomas Storkenmaier (links) und Jan Trost sind beim Durchblättern des Buches auf interessante Namen gestoßen. Foto: Werner Kuhnle

Vor allem Größen der Kultur und namhafte Politiker haben ihre Unterschrift ins Goldene Buch der Stadt gesetzt.

Marbach - Joachim Gauck und Christian Wulff haben vermutlich nicht so furchtbar viel gemeinsam. Und doch verbindet die beiden ehemaligen Bundespräsidenten zumindest eine Sache: Sie unternahmen im Amt keinen Abstecher nach Marbach. Damit tanzen die beiden etwas aus der Reihe, wie der Bürgermeister Jan Trost und der Hauptamtsleiter Thomas Storkenmaier schmunzelnd feststellen. Schließlich hätten viele ihrer Vorgänger die Schillerstadt besucht. Johannes Rau gab sich beim Spatenstich des Literaturmuseums der Moderne am 10. November 2003 die Ehre, Horst Köhler ließ sich die Einweihung drei Jahre später nicht entgehen. Rau und Köhler verewigten sich dabei sogar im Goldenen Buch der Stadt. Doch nicht nur solche renommierten Staatsmänner hinterließen dort ihre Spuren. „Wir hatten hier viele illustre Gäste“, so Jan Trost.

Das kann man wohl sagen. Viele davon waren Geistesgrößen, wie es sich für eine Kulturstadt wie Marbach ziemt, in der Schiller-Nationalmuseum und Deutsches Literaturarchiv die herausragenden Dichter und Denker des Landes anziehen. Zum Beispiel die Literaturwissenschaftlerin Rachel Salamander, die vor vier Jahren mit dem Schillerpreis der Stadt Marbach ausgezeichnet wurde. Sie war zugleich die erste, die sich in der nun bald vier Jahre währenden Amtszeit von Jan Trost in das Goldene Buch eintrug. „Patrick Süskind war damals auch dabei“, erinnert sich der Rathauschef. Der ausgesprochen öffentlichkeitsscheue Autor, dem mit „Das Parfum“ ein Mega-Bestseller gelang, habe sich allerdings inkognito unter die Leute mischen wollen, erinnert sich Jan Trost.

Eine weitere Schillerpreisträgerin hat sich mit der Regisseurin Andrea Breth ins Goldene Buch eingeschrieben. Und auch der Kunsthistoriker Horst Bredekamp, der als Nächster mit der Auszeichnung bedacht wird, soll seine Signatur auf den Seiten des dicken Druckwerks hinterlassen.

Angeschafft wurde es 1989 zur Wiedereröffnung des sanierten Rathauses, sagen Thomas Storkenmaier und Jan Trost. Der allererste Eintrag stammt dann auch vom damaligen Bürgermeister Heinz Georg Keppler. „Beim Durchblättern haben wir aber auch die Unterschrift von Angela Merkel entdeckt“, erklärt Thomas Storkenmaier. Merkel sei am 19. September 2000 mit der damaligen Kultusministerin des Landes, Annette Schavan, in Marbach gewesen. Anlass war die Ausstellung „Spiegel der Zeit“ im Literaturarchiv. Merkel gab damals aber noch nicht als Kanzlerin den Takt vor, sondern reiste als CDU-Chefin in die Schillerstadt. Wobei sie dabei nicht das Rathaus aufsuchte, wie Thomas Storkenmaier berichtet. Die Politikerin unterschrieb auf der Schillerhöhe im Goldenen Buch – wie Johannes Rau anno 2003. Zu solchen Anlässen wird der Wälzer in eine Schutzhülle geschoben, um ihn unversehrt an Ort und Stelle abliefern zu können. Aufbewahrt wird das Buch im Amtszimmer von Jan Trost.

Der Bürgermeister weist darauf hin, dass man auf all den Seiten auch Unterschriften von den Besuchern aus den Partnerstädten finde. Unter anderem von Sandy Lucy, der Bürgermeisterin von Washington im amerikanischen Missouri. Ihre Signatur vom Mai 2016 ist sogleich die bislang letzte. Freunde aus dem französischen L’Isle-Adam werden wohl das Buch in diesem Jahr aufschlagen und sich eintragen, erklärt Jan Trost. Immerhin pflege man seit 30 Jahren den Austausch mit der Stadt in der Nähe von Paris.

Keinen intensiveren Kontakt unterhält die Kommune am Neckar indes mit Ghana. Dennoch machte Nana Brewuo III., der König eines Ashanti-Stammes aus dem afrikanischen Land, seine Aufwartung – einen Eintrag ins Goldene Buch inbegriffen. Dort reiht er sich neben dem indischen oder dem britischen Botschafter ein. „Einen Astronauten können wir aber nicht bieten“, sagt Thomas Storkenmaier lachend und in Anspielung auf Großbottwar, wo sich der Name Charles Moss Duke im Goldenen Buch nachlesen lässt. Duke gehört zu den wenigen Menschen, die den Mond betreten haben. Mit Ulf Merbold sei allerdings auch in Marbach schon ein Weltraumfahrer zu Gast gewesen, betont Thomas Storkenmaier. Nur habe der eben keine Notiz hinterlassen. Genauso wenig wie andere prominente Besucher, zu denen Lothar Späth oder Erwin Teufel zählten.

Jan Trost verhehlt nicht, dass in dem Buch Stars aus dem Sport- oder Unterhaltungsbereich komplett fehlen. Das sei schlicht dem Umstand geschuldet, dass kein weithin bekannter Künstler oder Athlet aus Marbach stammt. Und im Rahmen von städtischen Kulturveranstaltungen habe man es bislang nicht so richtig auf dem Schirm gehabt, sich von der Prominenz ein Autogramm abzuholen. Dafür hoffen Jan Trost und Thomas Storkenmaier, dass es irgendwann mal mit einem Besuch des neuen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier klappt – nachdem Joachim Gauck und Christian Wulff genau das in ihrer Amtszeit versäumt hatten.