Matthias Hammer sieht schon die ersten kleinen Beeren an den Reben. Foto: Werner Kuhnle

Winter und Frühjahr sind im Weinberg optimal gelaufen.

Die Weinmacher sind die letzten Jahre nicht gerade verwöhnt gewesen: Spätfrost, Hagel und Unwetter setzten den Reben zu. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr scheint aber der Verlauf der Vegetation bisher unter bisher optimalen Bedingungen zu verlaufen. „Der Winter war recht feucht, die Grundwasserreserven sind wieder aufgefüllt worden“, stellt Andreas Roth vom Forsthof fest. „Die Natur steht üppig da und will vielleicht die Schäden vom letzten Jahr wieder ausgleichen.“

Das Frühjahr ist ohne Frost und Hagel verlaufen, so dass die Blüte ohne Störungen vor sich gehen konnte. Im Gegensatz zu Apfel- oder Kirschbäumen ist die Rebe nicht auf Bienen oder Hummeln angewiesen. Die Bestäubung erfolgt ohne fremde Hilfe im Weinberg. Regen oder heftige Winde stören dabei nur, der Winzer spricht dann vom „Durchrieseln“ der Blüte, was zu Ertragseinbrüchen führt.

Durch das trockene, warme Wetter ist die Blüte jetzt erfolgreich durch. Man sieht schon die ersten kleinen Beeren an den Reben. „Der Wein steht bisher sensationell da“, ist Marcel Wiedemann aus Beilstein geradezu euphorisch. Der gestrige Regen war in den Weinbergen willkommen. In Steinheim hat es zwar einige Keller überflutet, was weniger erfreulich war, berichtet Roth, der als Kommandant der Abteilung Kleinbottwar bei der Feuerwehr aktiv ist, mit 40 Liter Regen am Forsthof sei man „aber gerade nochmal gut davon gekommen“. Gießen ist im Weinberg ohnehin nur dann eine Option, wenn die Blätter sich schon gelb verfärben. „Man möchte die Rebe eher mager halten und nicht verwöhnen“, betont Roth. Der Weinstock soll kräftige Wurzeln ausbilden und sich selbst vom Grundwasser her versorgen.

Die dürren Weinstöcke am Sankt-Anna-Weg in Beilstein, die bei den Genusswanderern am vergangenen Sonntag zu Rätselraten geführt haben, sind nicht aufgrund der Hitze vertrocknet, sondern schlicht und ergreifend gekappt worden. Der neue Besitzer des Weinbergs hatte keine Zeit, sich um die Rebstöcke zu kümmern, und um Schädlingsbefall zu verhindern, wurde mit der Säge für klare, wenn auch unschön anzuschauende Verhältnisse gesorgt. Spannend wird jetzt die Frage nach dem Thema Schädlingsbefall. Traubenwickler oder Mehltau können das begehrte Rebenprodukt gefährden. Bei feuchtem, warmem Klima stehen die Pilze bereit.

Durch das meist trocken-heiße Wetter der letzten Zeit sind Krankheiten aber bislang kein Thema, hat Matthias Hammer, Vorsitzender der Marbacher Weingärtner beobachtet. „Wir haben nur einen geringen Pilzdruck, und beim Traubenwickler vertrocknen die abgelegten Eier.“ Daher müsse man weniger Spritzmittel ausbringen als in einem feucht-warmen Frühsommer.

Die Hitze bringt die Wengerter aber in zweierlei Hinsicht ins Schwitzen: „Das Längenwachstum der grünen Triebe ist enorm.“ In Handarbeit müssen die Wedel in die Drähte eingeflochten werden. Dadurch soll sich eine „schöne Laubwand“ mit idealerweise zwölf Blättern pro Traube entwickeln.

Durch das nicht vorhandene Frühjahr hat im Weinberg praktisch schlagartig der Sommer eingesetzt. „Seither rennen wir permanent“, so Hammer. Aber die Aussichten machen den sportlichen Einsatz lohnenswert. „Bisher ist die Entwicklung hervorragend.“ Letztes Jahr hatten die Weingärtner Ertragseinbußen, die man wieder wettmachen möchte.

Aber nicht nur das Wachstum ist bisher herausragend, auch die Qualität scheint gut zu werden. „Es nützt ja nichts, wenn der Ertrag hoch ist, das Ergebnis aber trotzdem nicht das gewünschte ist. Das Menge-Güte-Verhältnis muss stimmen, und das scheint in diesem Jahr bisher der Fall zu sein“, meint Hammer. Natürlich kann noch viel passieren, bis der Wein im Keller ist. Aber die Aussichten auf einen hervorragenden Jahrgang sind bisher sehr gut.