Luftreinhaltepläne für Marbach und Steinheim sind in Arbeit, doch nun zeichnet sich eine „große Lösung“ ab. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Luftreinhaltepläne für Marbach und Steinheim sind in Arbeit, aber ein Verbots-Flickenteppich soll vermieden werden.

Marbach/Bottwartal - "Ein Dieselfahrverbot in Stuttgart hätte massivste Auswirkungen auf die Peripherie und Bahnstandorte“, sagte Marbachs Bürgermeister Jan Trost unserer Zeitung gestern auf Nachfrage. Trost befürchtet, dass Fahrer, denen in der Landeshauptstadt mit ihrem Diesel die Einfahrt verboten wird, den Wagen an S-Bahnstationen abstellen und in die Bahn umsteigen. In unserer Gegend wären entsprechend Kirchberg, Erdmannhausen, Marbach und Benningen betroffen. Der Bürgermeister: „Dort wird dann nach meiner Einschätzung der Verkehrsdruck erheblich zunehmen“.

Mehr Schadstoffe durch Dieselautos wären aber kontraproduktiv, da bereits jetzt zulässige EU-Grenzwerte überschritten werden: In der Schillerstadt lag der Jahresmittelwert der Stickoxide, als deren Verursacher auch Dieselautos gelten, 2017 bei 55 Mikrogramm, erlaubt sind nur 40. Das Gebot der Stunde für den Marbacher Bürgermeister Jan Trost, ebenso wie für seinen Steinheimer Amtskollegen Thomas Winterhalter lautet nun: Ein großer Luftreinhalteplan, der über einzelne betroffene Kommunen hinausgeht. Marbach und Steinheim waren vorige Woche zu einem Gespräch zum Regierungspräsidium Stuttgart eingeladen. Das ist die für Maßnahmen zur Luftreinhaltung zuständige Behörde.

Trost fasst die Ergebnisse so zusammen: Nicht für jede einzelne Kommune solle etwas vor sich hin entwickelt werden. Vielmehr beabsichtigt das „Regierungspräsidium die Maßnahmen zentral zu steuern“. Jan Trost: „Das war schlussendlich der Vorschlag des Regierungspräsidiums.“ Thomas Winterhalter, Steinheimer Amtskollege, meint: „Ich kann mir vorstellen, dass es eine große Lösung geben muss.“

Es geht dabei um verschiedene Maßnahmen zur Senkung der auch in Steinheim über den Grenzwerten liegenden Schadstoffbelastung. Einen „Flickenteppich“ an Einzelregelungen lehnen Trost und Winterhalter vehement ab. So rücken koordinierte Maßnahmen für Neckar-, Murr- und Bottwartal in den Fokus, aber auch entlang der L1127 ab der Anschlussstelle Winnenden über Affalterbach nach Marbach, Murr und Steinheim.

Lkw-Durchfahrtsverbote zum Beispiel sind ein bewährtes Mittel bei der Aufstellung von Luftreinhalteplänen durch das Regierungspräsidium. Für Brummis über 3,5 Tonnen tabu sind so schon die Ortsdurchfahrten in der Landeshauptstadt, Markgröningen, Leonberg und Ditzingen. Ausgenommen vom Lkw-Durchfahrtsverbot in Stuttgart sind nur die B10 sowie die Abzweigungen der B14 nach Waiblingen und der B27/B27a nach Kornwestheim.

Seit 1. Dezember 2011 sind auch Pleidelsheim, Freiberg und Ingersheim für den Lkw-Durchgangsverkehr gesperrt. Der Erfolg dieser Sperrung in Pleidelsheim bemisst sich für das Regierungspräsidium „an den NO2 -Messwerten, die seit Inkrafttreten des Lkw-Durchfahrtsverbots in beiden Kommunen deutlich gesunken sind“, wie Katja Lumpp mitteilt, Pressesprecherin des Regierungspräsidiums Stuttgart. Im Jahr 2005 lag der Stickoxidwert in Pleidelsheim noch über 70 Mikrogramm gegenüber 47 Mikrogramm für 2017.

Der „Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen“ stellt einen generellen Anordnungsgrund für Lkw-Durchfahrtsverbote dar für das Regierungspräsidium. Sprecherin Lumpp: „Das Verbot kommt insbesondere dort zur Anwendung, wo alternative Routen für den Lkw-Durchgangsverkehr möglich sind, auf denen der Lkw-Verkehr zumutbar abgewickelt werden kann“. Es darf dabei keine „Verlagerung der Lärm- oder Abgasbelastung in andere schützenswerte Bereiche“ eintreten.

Affalterbachs Bürgermeister Steffen Döttinger hält eine fundierte Stellungnahme zu Lkw-Fahrverboten in Marbach und Steinheim für unmöglich, so lange keine Untersuchungen zu den Auswirkungen vorliegen: „Ein Lkw-Durchfahrtsverbot macht nur Sinn, wenn keine Verkehrs-Verlagerungen auf andere Straßen/Gemeinden stattfinden.“ Jochen Biesinger, Verkehrssprecher der CDU-Fraktion im Marbacher Gemeinderat, hält ein Lkw-Durchfahrverbot in Marbach dagegen auf jeden Fall für sinnvoll. Allgemein wird davon ausgegangen, dass im Regierungspräsidium die meisten Kräfte gebunden sind angesichts der politischen Dringlichkeit, mit der die Luftreinhaltung in der Landeshauptstadt nun im Fokus ist. Jan Trost: „Aus unserer Sicht kann es nicht sein, dass alle Kapazitäten nach Stuttgart fließen.“ Das könnte dazu führen, dass Steinheim und Marbach noch länger warten müssen. Wird jedoch ein übergreifender Luftreinhalteplan realisiert, in den sich mögliche Einzel-Maßnahmen wie Pförtnerampeln, Tempobeschränkungen oder Lkw-Durchfahrtsverbote einfügen, würde sich das Warten wohl lohnen.