Durch die starken Niederschläge führt der Neckar so viel Hochwasser. dass der normalerweise flach liegende Anlegesteg in Marbach hochgehoben wurde. Foto: Werner Kuhnle

Bis auf voll gelaufene Keller, einige kurzzeitig überflutete Straßen und ein paar umgestürzte Bäume ist das Bottwartal vom Unwetter verschont geblieben.

Marbach/Bottwartal - Wir sind bei dem Unwetter sehr gut davongekommen“, lautet die Bilanz von Pressesprecher Markus Lang von der Polizeidirektion Ludwigsburg. Menschen seien nicht zu Schaden gekommen, im Kreis Ludwigsburg und im Bottwartal habe es nur ein paar voll gelaufene Keller gegeben, einige Bäume seien umgestürzt und ein paar Straßen kurzfristig überflutet gewesen. „Aber am Montag Vormittag ist alles schon wieder reibungslos gelaufen“, führte Lang weiter aus. Auch die Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehren Oberstenfeld und Steinheim, Jürgen Beck und Martin Schäffer, meldeten keine besonderen Vorkommnisse. „Ich bin zu Hause in Alarmbereitschaft gewesen und habe dem Regen zugehört“, sagte Beck.

Etwas anders sah es bei der Freiwilligen Feuerwehr Beilstein aus. „Wir waren im Rahmen der Überlandhilfe unterwegs“, berichtete deren Kommandant Bernd Kircher. Die Beilsteiner Wehr sei für Neudenau an der Jagst im Landkreis Heilbronn angefordert worden und habe dort Straßen gereinigt und Keller leer gepumpt. „Wir waren mit sechs Mann und unserem Gerätewagen samt Pumpen und Notstromaggregat vor Ort“, erklärt Kircher weiter. Der Einsatz habe rund sechs Stunden gedauert, von morgens um 5 Uhr bis etwa 11 Uhr am Vormittag. Etwas länger war Kircher selbst beschäftigt. Er war im Führungsstab bei der Leitstelle Heilbronn im Einsatz und auch noch am Montag Nachmittag gefordert.

Sozusagen fast im Epizentrum des Unwetters war hingegen der Marbacher Jonas Heilgeist, der seit fünf Jahren an der Hochschule für Gestaltung studiert und derzeit seine Masterarbeit schreibt. „Meine WG-Wohnung liegt im Taubental, dahinter liegt der Wald an einem Hang“, erzählt er. Am späten Sonntag Nachmittag, als sich der Himmel verdunkelte, blickte er aus dem Fenster und sah das Unheil kommen. „Das Wasser kam in Sturzbächen innerhalb kürzester Zeit den Hang hinuntergeschossen“, sagt er. Er habe sich zuerst überlegt, ob er sein Auto wegfahren solle. „Dann aber habe ich mir gedacht, schlimmer als im vergangenen Jahr wird es auch nicht“, berichtet er weiter.

Doch da sollte sich der Marbacher täuschen: Innerhalb von rund einer Viertelstunde war die Straße vor seinem Haus überflutet. „Der Bach war fast so breit wie der Neckar bei der Brücke in Marbach“, schätzt er. Seine zwei WG-Mitbewohnerinnen stellten ihre Motorräder von der Straße näher ans Haus und hatten Glück – das Fahrzeug, neben dem sie gestanden waren, wurde von den Fluten mitgerissen. „Ich bin die ganze Zeit am Fenster gesessen und habe fotografiert“, beschreibt Jonas Heilgeist sein Wirken während des Unwetters. Nachdem nach rund drei Stunden das Schlimmste vorbei gewesen wäre, hab er sich bei anbrechender Dunkelheit in Badehose und in alten Sportschuhen auf die Straße gewagt. „Während der Nacht hat es kontinuierlich weiter geregnet und ich habe die Pumpen laufen gehört“, berichtet der Marbacher weiter. Noch in der Nacht habe er in den sozialen Medien von viel Hilfsbereitschaft in der Hochschulfamilie gelesen.

Am Montagmorgen sei er um 7 Uhr aufgestanden und habe einen Spaziergang durch die Stadt gemacht, um sich ein Bild zu verschaffen. Die Stimmung sei gedrückt gewesen. „Anschließend waren wir fünf Stunden lang damit beschäftigt, unser Grundstück von Schlamm zu befreien“, erzählt Heilgeist weiter.

Am Nachmittag sei der Baubürgermeister von Schwäbisch Gmünd bei ihnen vorbeigekommen und habe sich über das Ausmaß der Schäden informiert. An seinem Fahrzeug habe er nur Schlamm entfernen müssen. „Aber in 700 Meter Entfernung am Bahnhof sind zwei Menschen ums Leben gekommen. Das ist ein beschissenes Gefühl“, findet Jonas Heilgeist.