Die Trasse der Bahn liegt brach, Diskussionen über eine Reaktivierung kochen immer wieder hoch. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Im Verkehrsplan-Entwurf wird der Trasse eine hohe Dringlichkeit attestiert. Ob die Anrainer einen Vorstoß unternehmen, ist ungewiss.

Marbach/Bottwartal - Die Diskussion um eine Reaktivierung der Bottwartalbahn ist zuletzt nahezu eingeschlafen. Doch nun keimt bei den Befürwortern einer Schienenverbindung zwischen Marbach und Beilstein ein Fünkchen Hoffnung auf, dass doch wieder Bewegung in das Projekt kommt. Befeuert wird der vorsichtige Optimismus durch den aktuellen Entwurf für den Regionalverkehrsplan, der bis zum Jahr 2025 fortgeschrieben werden soll. In dem mehr als 100 Seiten umfassenden Wälzer, zu dem sich Bürger, Gemeinden und Institutionen bis zum 24. April öffentlich äußern können, wird nämlich dem Neubau des Entenmörders eine hohe Dringlichkeit attestiert. „Daher sollte die Trasse freigehalten und weitere Überlegungen zu den Möglichkeiten einer Reaktivierung angestellt werden“, lautet das Fazit der Planer vom Verband Region Stuttgart (VRS).

Die Fachleute machen keinen Hehl daraus, dass die Trasse durch mehrere Landschaftsschutzgebiete verlaufen würde. Außerdem würde die anvisierte Strecke Areale queren, die bei einem ausgesprochen starken Hochwasser überschwemmt werden könnten. Dem gegenüber stehe jedoch die Tatsache, dass das Straßennetz entlastet würde. Außerdem lasse sich eine „verkehrliche Wirksamkeit“ erzielen. Diese Einschätzung hat die Verwaltung des VRS auch mit Zahlen untermauert. So gehen die Experten davon aus, dass mit der Bottwartalbahn pro Tag 4400 neue Fahrgäste für den ÖPNV gewonnen werden könnten. Geschätzt wird, dass pro Tag etwas mehr als 6000 Pendler in den Zügen zwischen Beilstein und Marbach sitzen würden. Darüber hinaus wären die Mitreisenden auf den nachfragestärksten Routen auf der Schiene 7,6 Minuten schneller am Ziel als mit dem bisherigen ÖPNV-Angebot. Das entspreche einem Zeitgewinn von 24 Prozent. Diese Ersparnis würde etliche Leute dazu bewegen, das Auto in der Garage zu lassen und künftig mit dem Zug zu fahren. Dazu kommt, dass durch die knapp 13 Kilometer lange Bahntrasse etwa acht Tonnen CO2 pro Tag eingespart werden könnten. Kosten würde das Projekt ganz grob geschätzt 75 Millionen Euro.

Auf Wunsch der angrenzenden Region Heilbronn-Franken wurde auch untersucht, welchen Nutzen eine Verlängerung der Trasse ins Schozachtal hinein hätte. Mit dem Ergebnis, dass der Ausbau das Wirkungspotenzial „nochmals deutlich“ erhöhen würde. Er könnte weitere Verlagerungen vom Auto auf den ÖPNV nach sich ziehen. Gleichwohl wird die Verlängerung lediglich als „Maßnahme mit mittleren bis weniger großen Chancen auf eine frühzeitige Realisierung“ klassifiziert.

Unabhängig von der endgültigen Streckenführung würde sich der Beilsteiner Bürgermeister Patrick Holl wünschen, dass die Bemühungen um eine Reaktivierung der Bottwartalbahn wieder Fahrt aufnehmen. „Wir standen dem immer aufgeschlossen gegenüber und begrüßen es ausdrücklich, dass das als dringlich angesehen wird“, betont er. Nicht umsonst lasse man derzeit prüfen, ob die Trasse auf eigener Gemarkung verschwenkt werden kann. Hintergrund ist, dass die Stadt über weitere Gewerbe- und Wohnbauflächen nachdenkt, die an der derzeit freigehaltenen Strecke liegen. Die Suche nach einer alternativen Route „ist mit ein Zeichen, dass wir die Trasse auf jeden Fall aufrechterhalten wollen“, erklärt er. Patrick Holl kann sich auch vorstellen, dass die standardisierte Bewertung der Strecke nun positiv ausfallen würde – nachdem das Kosten-Nutzen-Verhältnis in einer Analyse von 2004 einen Wert von unter 1,0 ergeben hat, womit eine Förderung des Projekts nicht in Aussicht war. Es hätten sich in der Zwischenzeit doch einige Parameter geändert, gibt Patrick Holl zu bedenken und verweist auf die dynamische Entwicklung in den Großräumen rechts und links von Beilstein mit vielen neuen Arbeitsplätzen. Die Chance auf ein potenziell höheres Fahrgastaufkommen sei also vorhanden. Allerdings: Zunächst müssten die betroffenen Gemeinden gemeinsam für das Projekt eintreten.

Und diese gemeinsame Linie ist derzeit nicht unbedingt in Sicht. So hält beispielsweise der Murrer Bürgermeister Torsten Bartzsch den Zeitpunkt für nicht reif, ein neues Gutachten in Auftrag zu geben. Der Landkreis Ludwigsburg habe derzeit mit der Stadtbahn andere Prioritäten gesetzt, sagt er. Wenn sich die Verantwortlichen dann in einigen Jahren vielleicht der Bottwartalbahn zuwenden, wäre die Expertise schon wieder veraltet.

Außerdem müsse man sich auch fragen, ob das Projekt auf der vorgesehenen Strecke überhaupt noch machbar wäre. In Murr stünden nur zehn Meter von den möglichen Schienen entfernt Häuser, stellt Torsten Bartzsch fest. Die Umgehungsstraße müsste zudem an zwei Punkten überwunden werden, der Steppi-Kreisel in Steinheim sei inzwischen geschaffen worden und wäre wohl auch im Weg. Dazu kämen die hohen Kosten. Murr würde überdies an einer Stelle angebunden, die nicht ideal wäre. Es sei dann für viele Pendler attraktiver, gleich zur S-Bahn nach Benningen zu fahren. „Da stellt sich die Frage, ob das für uns dieselbe Bedeutung wie für das obere Bottwartal hat“, fasst Torsten Bartzsch zusammen. Allerdings habe sich die Gemeinde auch nie komplett gegen das Vorhaben gesperrt.

Genauso wenig wie die Stadt Steinheim. Deren Bürgermeister Thomas Winterhalter hielte die Bottwartalbahn aus verkehrspolitischer Sicht für sinnvoll. „Für die Region wäre das ein Plus.“ Vor allem, wenn man die Probleme betrachte, die mit dem Individualverkehr einhergehen. Die Umsetzung werde jedoch schwer, gibt er sich keinen Illusionen hin. „Da müssten dicke Bretter gebohrt werden.“