Auch in kleineren Kommunen haben Leistungsschauen eine Zukunft. Das Bild zeigt die Messe in Murr im vergangenen Jahr. Foto: Archiv (Raubold)

Ein Schreiben des Landratsamts hat für Irritationen gesorgt. Vor allem Selbstständige in kleineren Kommunen hätten danach um ihre Messen fürchten müssen.

Marbach/Bottwartal - Die gute Nachricht für die Gewerbetreibenden und Selbstständigen im Kreis Ludwigsburg vorweg: Auch in kleineren Kommunen werden Leistungsschauen weiterhin möglich sein. Ein Schreiben des Landratsamtes hatte für Verwirrung gesorgt.

In dem Brief vom 17. Februar an die Rathauschefs der Kreiskommunen teilte die Behörde mit, dass Erlasse des Regierungspräsidiums (RP) Stuttgart die Genehmigung solcher Veranstaltungen „erschwert haben“. Die „nach der geltenden Erlasslage“ geforderten Kriterien seien in kleineren Gemeinden „zumeist nicht erfüllt“, weshalb die Befreiung nach dem Sonn- und Feiertagsgesetz regelmäßig nicht erteilt werden dürfe. Allerdings hatte das Landratsamt gleichzeitig betont, sich auch weiterhin zu bemühen, „möglichst pragmatische Lösungen zu finden“. Dem Eindruck, der Landkreis wolle die Genehmigungspraxis verschärfen, widerspricht Pressesprecher Andreas Fritz deshalb vehement: „Dies war und ist nicht vorgesehen.“ Offenbar war es jedoch zu Missverständnissen gekommen, welche Rechtslage aktuell gilt.

Das Landratsamt hatte sich auf Kriterien berufen, die in einem Erlass des RP aus dem Jahr 1996 aufgelistet waren. Danach müsse es sich entweder um eine historisch gewachsene Veranstaltung handeln, die seit mindestens einer Generation – also rund 30 Jahren – bestehe. Oder sie müsse zumindest regional bedeutsam sein, was nur dann zu bejahen wäre, wenn mindestens 60 Aussteller teilnehmen und mindestens 5000 Besucher zu erwarten seien. Diese Kriterien müssten zwingend erfüllt sein, hieß es im damaligen Erlass.

Dieser Hinweis hatte zum Beispiel den Marbacher Ordnungsamtsleiter Andreas Seiberling „etwas aufgeschreckt“, wie er auf Nachfrage einräumte. Denn für Rielingshausen wären die Voraussetzungen wohl nicht zu erfüllen gewesen. Und die Planungen waren zu diesem Zeitpunkt ja bereits vorangeschritten, sagt Seiberling.

Mittlerweile hat sich aber alles aufgeklärt. Denn dem Erlass aus 1996 folgte schon ein Jahr später eine weitere Anordnung des RP, wonach die Kriterien „nicht als verbindlich, sondern lediglich als Richtwerte anzusehen sind“. Die Relativierung hatte das Landratsamt aber nicht mitbekommen, weil sich laut Fritz in den Akten zwar die erste Seite des Erlasses aus 1997 befand. Daran angeheftet seien jedoch die folgenden Seiten des älteren Erlasses gewesen. Dieses „falsch zusammengeheftete Schriftstück“ habe man mit E-Mail vom 11. Oktober 2013 an das RP übersandt „und angefragt, ob an den relativ strengen Vorgaben dieses Erlasses weiterhin festgehalten werden soll“, so Fritz. „Unsere Intention war gerade nicht, Leistungsschauen zukünftig zu verhindern, sondern auf die Probleme in der Praxis hinzuweisen“, betont der Sprecher.

Und hier beginnt eine offensichtlich unglückliche Verkettung der Umstände. Denn das RP wies in einer E-Mail vom 21. Januar 2014 die Landratsämter darauf hin, dass Erlasse des Wirtschaftsministeriums aus 1987 und 1990 weiter Gültigkeit haben, wie RP-Sprecherin Nadine Hilber erklärt. „Da die zeitlich späteren Erlasse von 1996 und 1997 nicht aufgehoben wurden, sind wir davon ausgegangen, dass auch diese weiter gelten sollten“, so Fritz. Eine Annahme, die Hilber nicht nachvollziehen kann. Schließlich habe man die ja eben nicht erwähnt.

Jedenfalls fühlten sich einige Gewerbetreibende so verunsichert, dass sie sich an den CDU-Landtagsabgeordneten Klaus Herrmann wandten, der am 27. März wiederum eine Anfrage im Landtag startete. Staatssekretär Ingo Rust wies in seiner Antwort auf die aktuellen Regelungen hin. Woraufhin auch das RP am gleichen Tag tätig wurde und das Landratsamt Ludwigsburg erneut ausdrücklich auf die Erlasse aus 1987 und 1990 verwies, wie Hilber betont. Erst mit diesem Schreiben sei man darauf hingewiesen worden, „dass wir offenbar einer Fehlinterpretation unterliegen“, sagt Fritz.

In einem Punkt sind sich die beiden Pressesprecher jedenfalls einig: Das Missverständnis habe in der Praxis gar keine Bedeutung. Denn unabhängig von der Frage, welcher Erlass nun gilt, habe das Landratsamt Ludwigsburg seit 1996 „in keinem einzigen Fall die Genehmigung einer Leistungsschau an Sonn- und Feiertagen versagt“, stellt Fritz klar.