Liebe, Vertrauen, Sicherheit und Nähe – das alles ist Familie. Zumindest im Idealfall. Foto: Wolfgang Woehrle Photography

Die Marbacherin Nikola Herweg und ihr Partner Dominik Weinmann berichten aus ihrem Patchwork-Familien-Alltag.

Marbach/Bottwartal - Wer sich auf das Abenteuer Familie einlässt, kann Spannendes erleben. Das jedenfalls haben die Marbacherin Nikola Herweg und ihr Partner Dominik Weinmann erfahren. Denn gemeinsam hat das Paar vier Kinder. Doch bald schon werden es fünf sein, weil im Mai ein Baby auf die gemeinsame Tochter Friederike folgt, die jetzt gerade mal eineinhalb Jahre ist. „Ein wenig überraschend, zugegeben“, meint die Mutter, doch ihr neuer Schwiegervater hat es auf den Punkt gebracht: „Jedes Kind ist willkommen“, war dessen Reaktion auf die rasch nachfolgende Schwangerschaft seiner Schwiegertochter, die gar nicht den Anspruch erhebt, auch die neue Mama seiner Enkelkinder Marlene und Henrik aus Dominiks erster Ehe zu sein.

Den Erwartungsstress, dass die Kinder den jeweils neuen Partner als Elternteil betrachten, den tut sich das Liebespaar nämlich nicht an. Stattdessen setzt es auf das Programm Großfamilie und lebt eine entspannte Form des Miteinanders, das sämtliche Ex-Partner und sogar die Ex-Schwiegereltern mit einbindet. Bei den Herweg-Weinmanns geht das müheloser, als gedacht, obwohl sich die Eckdaten für das Familientiming ganz schön kompliziert anhören. Denn auch Nikola hat Tochter Karla in die neue Beziehung mitgebracht. Zusammen sind das derzeit vier Kinder, um das sich das Paar in besonderer Weise kümmert.

Dominik Weinmann lebt nämlich in Filderstadt, wo er auch arbeitet und wo auch die neunjährige Marlene und ihr zwölfjähriger Bruder Henrik leben und zur Schule gehen. Gewissenhaft haben sich die leiblichen Eltern der Kinder auf eine 50:50-Betreuung geeinigt, was auf die Kurzformel gebracht, viel Organisation und Fahrerei für Vater Dominik und dessen neue Lebenspartnerin Nikola bedeutet, die in Marbach lebt und im Deutschen Literaturarchiv arbeitet. Ein tägliches Pendeln kann sie sich nicht vorstellen. Sie legt in der Schillerstadt für gewöhnlich sämtliche Wege per pedes oder mit dem Rad zurück. „Ich bin hier außerdem gut vernetzt“, argumentiert die promovierte Literaturwissenschaftlerin, die Arbeit und Privatleben – auch mit der Unterstützung ihres Mannes – harmonisch zu vereinen sucht.

Und das soll auch so bleiben, denn auch Dominik hat im elterlichen Familienunternehmen erhebliche Verantwortung übernommen und will selbstverständlich den intensiven Kontakt zu seinen „Großen“ halten. Eben genauso wie zu Nesthäkchen Friederike und das im Mai kommende Kind. „Deshalb braucht unsere Familie zwei funktionierende Haushalte“. In Marbach wird die kleine Friederike oft zärtlich von ihrer acht Jahre alten Schwester Karla umsorgt. Und regelmäßig von den beiden Kindern in Filderstadt, wenn diese an jedem zweiten Wochenende oder in den Ferien aufeinandertreffen. Dann ist Großfamilien-Zeit angesagt, in der die Kinder ihre kompletten Familienmitglieder genießen können und obendrein jeweils neue, fürsorgliche Großeltern bekommen haben. Eifersucht kennen die Mädchen beider Partner übrigens nicht. „Sie sind vielmehr richtige Freundinnen geworden, die sich gut verstehen“, sagt Mutter Nikola über das geschwisterliche Verhältnis, das freilich auch Henrik mit einbindet. Der Heranwachsende ist zwar eigentlich viel zu „cool“ für die Spiele der Jüngeren. Im Umgang mit seiner kleinen Halbschwester zeigt er sich jedoch von seiner zärtlichen Seite. Die kitzelt der kleine Wirbelwind, wie es scheint, mühelos aus allen hervor. Denn auch Dominiks Ex-Frau und sogar deren Eltern „widmen sich Friederike liebevoll“ wie das Paar berichtet. Überhaupt habe die Eineinhalbjährige Schwung in die Beziehung der Stiefgeschwister gebracht. „Friederike hat die Struktur des Geschwistergeflechts verändert“, weiß Nikola Herweg, die vor gemeinsamen Festen, wie jüngst an Weihnachten, das sie als komplette Großfamilie begangen haben, nicht zurückschreckt. Toleranz und Gelassenheit ist auf allen Seiten zu finden und hat sich problemlos im Alltag integriert. Vielleicht auch deshalb, weil die jeweiligen Partner in keinem Fall Scheidungsgrund waren.

Einziges Problem: die Wohnsituation. Die Marbacher Wohnung nämlich bietet nicht ausreichend Raum für die bald siebenköpfige Familie. Trotz eifrigen Suchens hat das Paar kein geeignetes Objekt zum Mieten gefunden. „Früher habe ich nie recht glauben wollen, dass die deutsche Gesellschaft so kinderunfreundlich wie oft behauptet ist“, sagt die Mutter. „Doch allmählich befürchte ich tatsächlich, dass man mit kleinen Kindern nicht willkommen ist.“ Deshalb ist die Suche nun auf den Hauskauf ausgeweitet worden. Über Hinweise freuen sich die Eltern.