Lieb gucken oder ein Wesenstest ändern nichts: die Steuer muss bezahlt werden. Foto: dpa

In der Region halten Gemeinden am höheren Steuersatz für Bullterrier und Co fest. Winnenden nicht: Hier wird die Gebühr bei bestandenem Wesenstest reduziert.

Die Wogen schlagen hoch, nachdem die Gemeinde Erdmannhausen – wie viele andere Gemeinden auch – eine höhere Steuer für Kampfhunde beschlossen hat. Als Kampfhunde gelten Vierbeiner, die „aufgrund ihres Verhaltens die Annahme rechtfertigen, dass durch sie eine Gefahr für Leben und Gesundheit für Mensch und Tier besteht“, heißt es in der Polizeiverordnung des Innenministeriums.

Dass dies nicht für die 13-jährige Kira gilt, die ihre Besitzerin Bianca Konz kürzlich mit in die Erdmannhäuser Gemeinderatsitzung brachte (wir berichteten), konnte eigentlich jeder sehen. Fast verängstigt saß die kleine Hündin da, während Bianca Konz feststellte: „Sie ist ganz lieb, sie hat in 13 Jahren noch nie jemand etwas getan.“ Dass sie jetzt für den gleichen Hund 540 Euro Steuer zahlen muss, sehe sie nicht ein.

Viele Leserbriefschreiber haben sich seither dafür eingesetzt, „liebe“ Hunde wie Kira trotz ihrer Rasse wieder ganz normal zu behandeln und Erlebnisse mit aggressiven Hunden geschildert, die nach der Verordnung keine Kampfhunde sind.

Günter Sommer vom Bürgermeisteramt Erdmannhausen nimmt auf Anfrage unserer Zeitung zu den Vorwürfen Stellung: „Die in der Hundesteuersatzung der Gemeinde Erdmannhausen genannten Hunderassen mit Kampfhundeeigenschaft sind der Polizeiverordnung des Innenministeriums entnommen. Es wurden keine Hunderassen durch die Gemeinde neu festgelegt, bei denen die Eigenschaft als Kampfhund angenommen wird. Ziel der höheren Hundesteuer ist nicht die Bestrafung einzelner Hunde. Es geht vielmehr darum, über einen erhöhten Steuersatz für Kampfhunde dazu beizutragen, einen Hund anzuschaffen, für den die reguläre Hundesteuer gilt.“

Es sei sicher sehr schwierig, einen berechtigten Bedarf am Halten eines Kampfhundes nachzuweisen, so Sommer. „Damit ist eine bestandene Verhaltensprüfung wesentliche Voraussetzung dafür, tatsächlich einen Hund der genannten Rassen auch halten zu dürfen.“ Überlegungen, den erhöhten Steuersatz nicht zu erheben, wenn die Verhaltensprüfung bestanden wird, bestehen in Erdmannhausen wie in anderen Gemeinden in der Region nicht.

Meldungen über Beißvorfälle gehe die Gemeindeverwaltung immer nach, betont der Leiter des Hauptamtes noch. „Der Vorwurf, die Gemeinde erhebe eine Kampfhundesteuer zur Verbesserung der Einnahmesituation, ist bei einem Haushaltsvolumen in Höhe von rund 17 Millionen Euro bei Mehreinnahmen durch die Kampfhundesteuer von 1000 bis 2000 Euro nicht nachvollziehbar.“

In Winnenden hat man dagegen ein Herz für Kampfhunde und deren Besitzer. Weisen die Halter in einem so genannten „Wesenstest“ nach, dass der einer Kampfhunderasse angehörige Vierbeiner eigentlich harmlos ist, verzichten die Behörden auf die höhere Steuer. „Nach unserem Informationsstand wird dieses Vorgehen auch bei der Stadt Waiblingen und der Stadt Backnang angewandt“, so Emely Rehberger, Pressesprecherin der Stadt Winnenden.

Wenn Hundefachleute der Polizei und ein entsprechend geschulter Amtstierarzt die Aggressionsneigung der Hunde beurteilen, kann es auch umgekehrt ausgehen: Verhalten sich „normale“ Hunde gegenüber Menschen und Tieren ungewöhnlich aggressiv, kann nicht nur Leinenzwang und Maulkorbpflicht vorgeschrieben, sondern auch die höhere Steuer verlangt werden.

Der höhere Steuersatz für „Kampfhunde“ ist also nichts Ungewöhnliches. Erdmannhausen steht mit der Umsetzung der Mustersatzung des Gemeindetages nicht alleine da. Zumindest in Steinheim, Pleidelsheim und Murr gibt es ebenfalls entsprechende Verordnungen. Die Regelung für Kampfunde in Murr setzt die Steuer auf das Fünffache des Steuersatzes für einen Hund hoch, für den zweiten und jeden weiteren Kampfhund auf das Zehnfache. Wer mehrere Kampfhunde hält, kann also schnell über 1000 Euro bezahlen.

Günstiger ist es in Steinheim : Hier „kosten“ Kampfhunde nur 200 Euro im Jahr. In Pleidelsheim beträgt die Steuer für das Halten eines Kampfhundes 614 Euro. Ausnahmen werden hier keine gemacht, bestätigen die jeweils zuständigen Kämmereien.