Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga möchte mit der Einführung einer „Wochenarbeitszeit“ den Wünschen von Wirten und Personal entgegenkommen. Foto: epd

Im Biergarten oder bei Hochzeiten geht es manchmal länger. Was tun, wenn das Servicepersonal plötzlich Feierabend hat?

Marbach/Bottwartal -

Eine Hochzeit ist bis 1 Uhr nachts geplant. Die Gäste sind aber so gut gelaunt, dass bis zum frühen Morgen gefeiert wird. Das Servicepersonal muss aus arbeitsrechtlichen Gründen aber spätestens nach zehn Stunden Feierabend machen – und das ist hier im wörtlichen Sinne zu verstehen, denn für die Gäste ist dann ebenfalls Schluss. Anderes Beispiel: Im Biergarten brummt das Geschäft, eine Teilzeitkraft hat aber schon fünf Stunden im Büro gearbeitet und hilft Freitagabends noch aus. Geht man von einem Acht-Stunden-Tag aus, bleiben für abends nur noch drei Stunden übrig, obwohl es nur an einem Wochentag ist.

Nicht immer werden die Vorschriften so penibel eingehalten, berichtet eine langjährig erfahrene Mitarbeiterin im Restaurant- und Eventbereich, die aus guten Gründen anonym bleiben möchte. „Es ist normal in der Gastronomie, dass man nicht nur acht Stunden arbeitet. Man bleibt bei Veranstaltungen halt eben bis Schluss ist.“

Eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes, das den Acht-Stunden-Tag als Regelfall vorschreibt, „würde bei vielen auf offene Ohren stoßen“, so die Servicekraft. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga möchte mit der Einführung einer „Wochenarbeitszeit“ den Wünschen von Wirten und Personal entgegenkommen. Dehoga-Präsident Guido Zöllick stellt klar: „Es geht nicht um mehr Arbeit, sondern um eine bessere Verteilung der Arbeit.“ Überstunden sollen weiterhin bezahlt oder mit Freizeit ausgeglichen werden. Mindestruhezeiten bleiben ebenfalls unangetastet.

Das Problem ist oft die Einsatzplanung. Im Biergarten ist bei Sonnenschein die Hölle los, am nächsten Tag regnet es vielleicht. Bei einer Umstellung von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit ließe sich der Einsatz individuell und flexibel auf die Woche verteilen, ohne die Gesamtarbeitszeit zu verlängern, so die Idee. Die Argumente hat der Landesverband mit einer Umfrage bestätigt: 64,7 Prozent von 1500 in Baden-Württemberg befragten Betrieben aus Gastronomie und Hotellerie haben seit 2015 wegen des Arbeitszeitgesetzes ihre Öffnungszeiten und Serviceangebote reduziert.

Seit 2015 müssen die Arbeitszeiten minutiös dokumentiert werden, damit kontrolliert werden kann, ob die Bestimmungen zum Mindestlohn eingehalten werden. So zum Beispiel auch im Waldhotel Forsthof in Kleinbottwar. Rund 1000 Gäste in der Woche und vier bis fünf Hochzeiten am Wochenende stemmen Forsthof-Chef Gerhard Fruth und sein Personal. „Bei uns wird hart gearbeitet und dafür leistungsgerecht bezahlt.“ Von Pauschallöhnen habe er sich schon lange verabschiedet, so Fruth. „Bei uns wird jede Arbeitsstunde bezahlt. Der Mindestlohn ist dabei selbstverständlich garantiert.“ Gutes Servicepersonal sei nicht einfach zu bekommen. „Die Wirtschaft brummt, da gehen die Leute lieber in die Fabrik“, sagt er. Als gutes Zeichen wertet Fruth, dass einige seiner Mitarbeiter schon jahrzehntelang im Haus sind. „Wer motiviertes Personal will, muss auch saubere Löhne zahlen“, findet der Forsthof-Geschäftsführer. Dabei dürfte es die eine oder andere Stunde mehr sein, wenn auf der Alm der Bär steppt. „Eine flexiblere Handhabung der Arbeitszeiten wäre wichtig für uns. Zumal die Kosten davon laufen und wir nicht so viele qualifizierte Leute bekommen können, wie wir bräuchten.“

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten NGG lehnt die Initiative zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten ab. „13 Stunden täglich arbeiten an bis zu sechs Tagen pro Woche?“ heißt es plakativ in einer Pressemitteilung, wohl verkennend, dass es der Dehoga nicht um eine Erhöhung der Arbeitszeiten insgesamt geht.

Allerdings ist wohl richtig: Für die 9400 Gastro-Beschäftigten im Kreis Ludwigsburg könnte die Neuregelung mehr Sonntagsarbeit mit sich bringen. „Arbeitszeitgesetz und Tarifverträge verlangen von den Arbeitnehmern bereits jetzt eine hohe Flexibilität“, sagt Hartmut Zacher, Geschäftsführer der NGG Stuttgart. „Den Betrieben geben sie die Freiheit, ihre Beschäftigten weitgehend so einzusetzen, wie sie es brauchen.“ Die Arbeitszeiten, meist abends und am Wochenende, seien der eigentliche Grund, warum die Betriebe sich schwer tun, geeignetes Personal zu finden.