Frust über die Personaldebatte, aber auch WIderstand gegen die GroKo an der SPD-Basis wie hier in Ludiwgsburg prägen die Stimmung. Foto: dpa

An der SPD-Basis in Marbach und Bottwartal lösen die Große Koalition und Personaldebatten in Berlin gemischte Gefühle aus.

Marbach/Bottwartal - Das Urteil der SPD-Verantwortlichen vor Ort ist eindeutig: Frust über Personaliengeschacher und nicht eingehaltene Versprechen, aber Unterstützung für die Große Koalition. „Wir müssen zur Sachpolitik übergehen“, meint die Ortsvereinsvorsitzende in Marbach Ute Rößner. Die SPD-Stadträtin hat sich wie viele über Martin Schulz geärgert. „Die Aussagen haben nicht zu seinem Handeln gepasst.“

Der Umgang der Politiker in Berlin sei kein gutes Aushängeschild für die SPD. „Mir geht’s nicht gut damit, wie das alles gerade abläuft.“ Dass die SPD weiter auf Talfahrt ist „tut schon weh“. Allerdings merke man das in Marbach weniger deutlich als im Bundestrend. „Wir haben keine Austritte, dafür konnten wir vier neue Mitglieder aufnehmen, und darunter sind nicht nur Jusos, sondern auch Ältere.“ Die Marbacher Ortsvereinsvorsitzende wird die Große Koalition, kurz GroKo genannt, unterstützen. „Wir haben viele gute Sachen ausgehandelt. Jetzt können wir viel einbringen, das die Menschen in Deutschland voran bringt.“

Die Abstimmung wird per Briefwahl laufen. Jedes einzelne Mitglied kann in den nächsten Wochen über eine künftige Regierungsbeteiligung abstimmen. Der Wortlaut des Koalitionsvertrages geht den SPD-Aktiven über die Mitgliederzeitung „Vorwärts“ zu. Doris Daniel aus Großbottwar ist sich nicht sicher, wie ihre SPDler abstimmen werden. Das Meinungsbild im Ortsverein sei eher uneinheitlich. Man hätte sich mehr Inhalte wie sozialen Wohnungsbau gewünscht.

Sehr gespannt ist auch Annette Grimm aus Steinheim. Die Stadträtin und Schriftführerin des SPD-Ortsvereins versteht sich als „mahnende Stimme im Hintergrund“. Man habe sich im Ortsverein kritisch mit dem Koalitionsvertrag auseinander gesetzt und „die Handschrift der Sozialdemokratie“ erkannt. Annette Grimm ist daher zuversichtlich, dass die Mehrheit der Mitglieder für die „GroKo“ stimmen wird. „Wir spüren die Verantwortung. Ansonsten bedeutet das Chaos für die Demokratie in unserem Land.“

Es gebe dabei zwar Kröten zu schlucken wie den so genannten „Pflegekompromiss“. „Das ist ein Nasenwasser, wenn 8000 Pflegekräfte für 13 000 Einrichtungen den Notstand beheben sollen. Man kann die Pflege auch nicht privaten Investoren überlassen.“

Auf der anderen Seite könne man viel bewegen, wenn man zentrale Ressorts wie das Finanzministerium oder die Außenpolitik besetzen kann. „Die inhaltliche Erneuerung kann auch in einer Regierung gelingen“, ist sich Grimm sicher. „Natürlich müssen wir uns an der einen oder anderen Stelle bewegen.“

Vom „Herrn Schulz“ ist auch Annette Grimm persönlich enttäuscht. „Es hat mich schockiert, als er sich für einen Ministerposten ins Gespräch gebracht hat.“ Schulz sei nicht authentisch gewesen. Aber auch in Steinheim freut man sich über Neueintritte, darunter sind wie in Marbach Ältere. „Die sind ebenso der Meinung, dass wir jetzt klare Kante zeigen müssen.“

Thomas Utz aus Murr würde wieder kandidieren, müsste die Bundestagswahl wiederholt werden. Er werde wohl für die Regierungsbeteiligung stimmen, wenn er auch „kein glühender GroKo-Anhänger“ sei. Das Mitglied im Kreisvorstand hätte sich gewünscht, dass man Familien und die Mittelschicht stärker entlastet. Die Vergabe von Listenplätzen hält Utz für „hoch undemokratisch“. Die vorderen Plätze würden ausgeklüngelt, „wer unter 35 ist, hat keine Chance gewählt zu werden.“

Utz weiter: „Man kann doch nicht nach jeder verlorenen Wahl nach Erneuerung schreien und doch immer wieder das gleiche Personal aufstellen.“