Andreas Büscher vom Waldhotel Forsthof kennt die Sorgen der Gastronomie bei der Suche nach Auszubildenden. Foto: Cornelia Ohst

Betriebe in der Umgebung betreiben vor allem Imagepflege und verzichten auf Lockangebote bei der Azubi-Suche.

Marbach/Bottwartal – Die verschärfte Situation ausbildender Betriebe, die händeringend Lehrlinge suchen, erfordert besondere Maßnahmen: Um die betriebliche Zukunft mit Fachkräften zu sichern, lassen sich Firmen inzwischen einiges einfallen. Auslandspraktika, Abschlussfahrten, ein Auto für den „Azubi des Jahres“ oder Geschenke wie Netbooks, Laptops oder Smartphones sind heutzutage keine Seltenheit, um sich beim Run auf den Nachwuchs Vorteile zu sichern. Denn gerade bei gewerblich-technischen Berufen sowie in der Gastronomie, dem Einzelhandel oder im Handwerk sind die jungen Bewerber keineswegs üppig gesät.

Meist können die Firmenchefs nicht einmal wählen, wie Markus Luithardt, ausbildender Meister bei Holzbau Rikker, weiß. Das Affalterbacher Unternehmen hat in diesem Jahr lediglich einen Auszubildenden gewinnen können. Der Bedarf liege zwar bei drei Lehrlingen. Trotzdem wehrt sich der Betrieb, junge Menschen lediglich über das Geld zu ködern. „Das führt zu keinem nachhaltigen Erfolg und fördert keineswegs den guten Charakter“, sagt Luithardt. Das Unternehmen geht offensiv auf Schulen zu und versucht Schüler über Praktika anzusprechen. Dabei will Rikker demonstrieren, wie attraktiv und vielseitig der Arbeitsplatz ist. Viele Technik-Lehrer wüssten zudem, welcher Kandidat etwa das entsprechende Talent zum Zimmermann aufweise, „denn unser Bedarf an Auszubildenden ist breit gefächert und reicht vom Sonderschüler bis zum Gymnasiasten“.

Juliane Lechner, Referatsleiterin Aus- und Weiterbildung der Bezirkskammer Ludwigsburg, weiß um die Notlage solcher Betriebe, die nicht „wie die ganz Großen entsprechend nachgefragt sind“. Mit dem so genannten Matching versucht die IHK passgenaue Kandidaten für Firmen zu vermitteln. Es handle sich dabei zwar eher um „Liebe auf den zweiten Blick“, aber die Möglichkeit, einen Bewerber oder einen Ausbildungsplatz zu finden, sei immer noch gegeben.

Auf die Matching-Vermittlungsgesuche baut auch die Firma Hainbuch. Das Marbacher Unternehmen hat jedoch noch weit mehr auf Lager, wenn es um die Azubi-Suche geht. Regelmäßig beteiligt sich der Betrieb an Ausbildungsmessen, holt Praktikanten ins Haus oder lässt Azubis mithilfe des Kollegenscouts durch eigene Mitarbeiter werben. Selbstbewusst agiert die Firma Hainbuch in puncto Unternehmenskultur und verzichtet auf zusätzliche Anreizsysteme bei der Bewerbersuche. „Wichtig aber ist uns die kontinuierliche Imagebildung. Wir wollen versuchen, ein ganzes Feld zu bedienen, und setzen auf die weichen Faktoren“, sagt Sylvia Rall, die auf Rüstwettbewerbe, Bildungspartnerschaften oder den Jugend-Technik-Preis verweist, der seit 2012 ausgelobt wird. „Stimmt die Unternehmenskultur, spricht sich das schnell herum“, ist die kaufmännische Geschäftsführerin überzeugt. Wichtig sei darum der persönliche Charakter, um in die „Hainbuch-Familie“ zu passen. „Deshalb verzichten wir auf Einstellungstests und lassen die Schulabgänger lieber eine Präsentation über ihre Wünsche und Ziele machen“, ergänzt die Personalreferentin Sabrina Günther. Durchschnittlich 50 Bewerbungen erhält Hainbuch pro Ausbildungsplatz. Trotzdem sieht Michael Weller, technischer Geschäftsführer, „mittel- und langfristig die Gefahr, dass die Fachkräfte im gewerblichen Bereich ausgehen“.

Schwierigkeiten, geeignete Bewerber zu finden, hat auch das Bäckergewerbe. Großen Wert auf engagierte Persönlichkeiten legt die Firma Nestel bei der Bewerberauswahl aber trotzdem. In den sieben Filialen beschäftigt der Betrieb derzeit neun Lehrlinge im Verkauf, bei den Konditor- und Bäckerlehrlingen ist es jedoch nicht so einfach. „Bewerbungen hierfür tröpfeln aber über das Jahr hinweg zu uns rein. Zwar ist Bäcker nicht der superattraktive Beruf, doch bei uns können junge Leute noch mal so richtig durchstarten und sich vielseitig einsetzen“, sagt Stephanie Tadday, die gemeinsam mit ihrer Schwester Michaela Ritz „keinerlei Schnickschnack macht“, um an Auszubildende zu kommen. „Wir geben auch schlechteren Schülern eine reelle Chance. Wichtig ist die Einstellung, gut sein zu wollen. Wir suchen Teamplayer.“

Ein weiteres Sorgenkind in puncto Ausbildungsplatzbewerber ist die Gastronomie. Gerhard Fruth bildet im Waldhotel Forsthof seit rund 20 Jahren aus und weiß, „dass es schwer ist, für den Knochenjob geeignete Kandidaten zu finden“. Trotzdem verzichtet auch er auf Lockmittel. Ihm ist es lieber, ein Lehrling geht „mit Herzblut und Liebe an das Ganze und zeigt, dass er es wirklich will“. Das Hotel rekrutiert seine Lehrlinge in der Regel aus diversen Schüler-Praktikanten, die dabei mit der vielseitigen Realität konfrontiert werden. Hinzu kommt, dass speziell ein Koch auch Begabung für die Tätigkeit haben muss. „Bei uns bekommt auch ein Praktikant gleich am ersten Tag ein Messer in die Hand gedrückt“ sagt Andreas Büscher, der ausbildende Koch. Den beiden Lehrherren ist zudem wichtig, dass die Menschlichkeit und das Klima stimmen.