Die Ernte beginnt drei Wochen vor der üblichen Zeit. Foto: dpa

Die Ernte beginnt drei Wochen früher als sonst. Die Bäume stehen unter Hitzestress.

Marbach/Bottwartal - D

er extrem heiße Sommer wirkt sich auch auf die Apfelernte aus. Ende August, also drei Wochen vor der üblichen Zeit, ist bereits das erste Obst von den Bäumen geholt worden. „Wir beginnen sonst immer erst Mitte September – wir haben aber am Wochenende schon die ersten 50 Tonnen angenommen“, erklärt Bernd Gemmrich, Vorsitzender des Streuobstvereins Beilstein-Ilsfeld-Oberstenfeld.

Im oberen Bottwartal liefern die 249  Mitglieder des Vereins auf 150  Hektar Anbaufläche Bioobst für das Steinkauz-Projekt mit dem gleichnamigen Saft. Das heißt, die Stücklesbesitzer verzichten auf künstlichen Dünger und Pflanzenschutzmittel. Zur Belohnung erhalten sie nach der Ablieferung den doppelten Marktpreis. In guter Erinnerung ist Bernd Gemmrich noch das magere Vorjahr. „Da haben wir mit allen Tricks die notwendige Menge von 450 Tonnen Äpfeln im Gesamtgebiet zusammenbekommen.“ Spätfrost im April hatte die Blüten erfrieren lassen. Die augenblickliche Fülle freut den Schnapsbrenner, der neben Äpfeln und Birnen unter anderem auch Mirabellen verarbeitet. Eine solche Menge an Äpfeln habe er selten an den Bäumen hängen sehen. „Das ist auf jeden Fall rekordverdächtig“, sagt er, gießt jedoch auch Wasser in den Wein. Denn die Obstbäume stehen in der starken Hitze mächtig unter Stress und drohen unter der reichen Last zusammenzubrechen.

Die Hitze schlägt sich vor allem auch auf die Qualität der Äpfel nieder. Sie bekommen Sonnenbrand, werden wurmstichig oder gehen in die Notreife über. „Viele liegen schon unten – etwa 50 Prozent sind unbrauchbar“, weiß Bernd Gemmrich. „Die Äpfel, die noch drauf sind, sind relativ klein.“ So wird sich die Ernte wohl im üblichen Bereich von 600 bis 1000 Tonnen einpendeln. Einige Obstanbauer haben Äste mit kranken Äpfeln abgebrochen. So kann der verbliebene Teil besser wachsen. „Regen täte dem Obst in den nächsten Wochen gut“, sagt Bernd Gemmrich. Der Schmidhausener unterstützt das Projekt, das es seit etwa drei Jahrzehnten gibt, ehrenamtlich. Schließlich kann die Steinkauz-Initiative aus den Einnahmen Projekte finanzieren, die dem Erhalt der Streuobstwiesen dienen.

Mit einem ähnlichen Idealismus unterstützt die Arbeitsgemeinschaft Steinheimer Streuobstwiesen (ASS) die heimische Artenvielfalt. Auch sie bündelt die Interessen der Stücklesbesitzer und lässt das gesammelte Obst pressen. Bei der Mosterei Schütz in Mundelsheim werden wohl 100  statt der für die ASS üblichen 40 bis 50  Tonnen verarbeitet, berichtet Jens Fränznick, Vorsitzender der Steinheimer Streuobstwieseninitiative. Anders als die Kollegen im oberen Bottwartal nehme die ASS erst Anfang Oktober Obst an, um vollreife Früchte weitergeben zu können. „Wir wollen wegen der reifen Äpfel den Termin noch mal vom 29. auf den 22. September vorverlegen – müssen das aber noch vereinsintern klären“, so Fränznick. Die 71  Mitglieder dürften mit einem Aufpreis von vier bis zehn Euro pro 100 Kilo rechnen.

Eine hohe Qualität ist dem Fruchtsafthersteller Streker in Großaspach enorm wichtig. „Wir nehmen nur gutes Obst an – der Rest ist Vogelfutter und Dünger“, sagt der Vertriebschef Daniel Brugger. Faules oder unreifes Obst sowie Äste würden auf dem Verleseband aussortiert. Um diese Arbeit und Mehrkosten gering zu halten, biete Streker den Anlieferern einen relativ hohen Anfangspreis von sieben Euro. „Dafür erwarten wir dann aber auch fast fehlerfreies Obst.“ Streker werde an guten Tagen von 500 Anlieferern aus einem Umkreis von 50  Kilometern angefahren. Man verarbeite durchschnittlich 20  000 Tonnen. „In diesem Jahre werden es mit Sicherheit mehr sein.“ In den Mostereien sind die Tanks nahezu leer. Streker trennt konventionelles vom biologisch angebauten Obst, um Bio-Säfte anbieten zu können. Brugger spricht von einem „Wahnsinnsjahr“: In den Ferien seien viele Mitarbeiter noch im Urlaub, während auf den Wiesen die Daheimgebliebenen fleißig ernten.