Wer Schwächen beim Schreiben hat, soll weiter spezielle Unterstützung erhalten. Foto: dpa

Die Leseklassen sollen durch ein neues Modell der Förderung ersetzt werden. Die Grundschulen können sich an Experten wenden.

Marbach/Bottwartal - Der Aufschrei war gewaltig, als die Nachricht durchsickerte, dass die Leseklassen zum kommenden Schuljahr eingedampft werden sollen. Eltern und Pädagogen gingen auf die Barrikaden (wir berichteten). Auch Politiker jeglicher Couleur sicherten ihre Unterstützung zu, wollten sich für den Fortbestand des Programms stark machen. Doch nun ist es endgültig amtlich: Die Leseklassen sind Vergangenheit. Das bestätigt eine Sprecherin des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport. Allerdings bedeute das keineswegs, dass Kinder mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche (LRS) nicht mehr speziell gefördert würden. Das werde weiterhin geschehen, versichert sie. „Nur die Form wird eine andere sein“, erklärt die Ministeriumssprecherin.

Bislang wurden Erst- und Zweitklässler mit LRS an Stützpunktgrundschulen für einige Monate zusammengezogen. Hier wurden ihre Defizite ausgemerzt, damit sie anschließend wieder in ihren eigentlichen Klassenverband zurückkehren konnten. Das neue Konzept soll grob gesagt so aussehen, dass zunächst ermittelt wird, welche Kinder einen gesonderten Nachholbedarf in Deutsch haben. Für diese Mädchen und Jungs wird dann ein individueller Förderplan erstellt. Die Grundschulen können bei diesem Arbeitsschritt auf die Unterstützung von Experten bauen, erläutert die Pressesprecherin. Bei jenen Fachleuten soll es sich um Pädagogen handeln, die in den Leseklassen Erfahrung in diesem Bereich gesammelt haben. „Sie dienen den Grundschulen als Ansprechpartner und werden zu Schuljahresbeginn vom Staatlichen Schulamt bekannt gegeben“, teilt das Kultusministerium mit. Das Schulamt in Ludwigsburg werde 2013/2014 ein gewisses Kontingent an diesen Experten zur Verfügung stellen, die mit ihrer Kompetenz sowohl den Kindern in der Förderung als auch anderen Lehrern in der Beratung zur Verfügung stünden. Parallel dazu werde das Staatliche Schulamt ab Herbst entsprechende Fortbildungen anbieten. Alles Weitere liege im Aufgaben- und Verantwortungsbereich der Behörde in der Barockstadt – deren Leiterin Gabriele Traub gestern urlaubsbedingt keine Stellungnahme abgeben konnte.

So weit die Pläne. Hinter vorgehaltener Hand fragen sich Insider aber, wie das Ganze personell bewerkstelligt werden soll. Schließlich soll das neue Modell wie das bewährte mit den Leseklassen über den Ergänzungsbereich abgedeckt werden. Und genau daran war ja das bisherige Programm gescheitert: Die Stunden aus dem Ergänzungsbereich brauchte das Schulamt, um den Pflichtbereich abzudecken. Vergleichsweise viele Schwangerschaften und Krankheitsfälle unter Lehrern hatten diese Umschichtung erzwungen. Die Ministeriumssprecherin verweist in dem Zusammenhang darauf, dass die Lehrereinstellung zum Schuljahresbeginn noch nicht abgeschlossen sei. Insofern stünden noch keine „abschließenden Zahlen zur Höhe des Ergänzungsbereichs“ fest.

Sie verweist zudem auf den Organisationserlass fürs neue Schuljahr. Dort sei verankert, „dass bei der Verwendung der über die Direktzuweisung hinausgehenden Stunden des Schulbudgets besondere Förderangebote – wie die Förderung von Schülern mit Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben – und musisch-kulturelle Aktivitäten Vorrang vor anderen Angeboten haben“.