In Korntal fährt ein Bürgerbus, in vielen anderen Kommunen nicht. Foto: Archiv (factum)

Älteren Bürgern fällt zuweilen der Gang zum Friedhof schwer. Abhilfe schaffen Bürgerbusse – doch längst nicht jede Kommune verfügt über die Transportmittel.

Marbach/Bottwartal - Der demografische Wandel hat auch Auswirkungen auf das Thema öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV). Denn wer in seiner Mobilität eingeschränkt ist, für den sind auch kleinere Entfernungen mitunter gar nicht oder jedenfalls nur schwer zu bewältigen. Da wird häufig schon der Weg zum Arzt oder Einkaufen zu einem Problem. Das Land greift deshalb das Thema „Innovative Angebotsformen im ÖPNV“ nun auf. Der Verkehrsminister Winfried Hermann will mit der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) den öffentlichen Personennahverkehr „fit für die Zukunft machen“, wie es in einer Pressemitteilung heißt. Dazu wurde ein gemeinsames Kompetenzzentrum gegründet, das am 1. April seine Arbeit aufgenommen hat.

In Marbach stellt der Gang zum Friedhof, um verstorbene Angehörige zu besuchen, für manchen älteren Menschen eine Herausforderung dar – alleine wegen der topografischen Verhältnisse. Diesen Aspekt hatte die CDU-Fraktion bei den Haushaltsberatungen 2012 aufgegriffen und eine Art „städtischen Fahrdienst“ vorgeschlagen. Der hätte neben dem Friedhof auch das Kranken- und Ärztehaus bedienen sollen. Daran stießen sich die anderen Fraktionen. Es führe zu einer Wettbewerbsverzerrung, wenn dem Ärztehaus die Patienten quasi auf Stadtkosten vor die Tür gefahren werden. Auch die Stadt sah „keinen großen Bedarf“, wie der Erste Beigeordnete Gerhard Heim erklärt. Marbach sei relativ gut versorgt, was Busverbindungen angeht. Die CDU zog ihren Antrag daraufhin zurück.

In Steinheim spielte das Thema Bürgerbus eine Rolle im Bürgermeister-Wahlkampf 2008. Der spätere Rathauschef Thomas Rosner brachte als Kandidat die Idee ins Spiel und versuchte sie später umzusetzen. Allerdings war die Nachfrage eher verhalten, es meldeten sich auf einen Aufruf nur wenige an dem Angebot interessierte Steinheimer.

Gestorben ist das Projekt für Rosner jedoch nicht grundsätzlich. Im Rahmen des Stadtentwicklungskonzepts sei es ja wieder aufgegriffen worden, man müsse sehen, was daraus wird. Er wolle den Entscheidungen aber nicht vorgreifen. Nach wie vor sei die Anbindung der Teilorte Kleinbottwar und Höpfigheim verbesserungsfähig, der Lehrhof sei quasi abgeschnitten vom öffentlichen Nahverkehr.

Auch in Marbach sei bei der CDU das Thema „noch nie vom Tisch gewesen“, betont Stadtrat Jochen Biesinger. Allerdings liege der Fokus seiner Fraktion derzeit darauf, in Sachen ermäßigter Stadttarif voranzukommen. Erst danach wolle man sich erneut mit der Frage befassen, welche Bereiche vom regulären ÖPNV nicht erfasst werden. So gebe es in Marbach-Ost und im Gebiet nördlich der Bahnlinie nach wie vor keine öffentlichen Verkehrsmittel außer Taxis. Interessant fände er vor allem eine finanzielle Unterstützung seitens des Landes. „Die Kontakte pflegen wir schon seit rund zwei Jahren selbst.“

Vonseiten des Landkreises Ludwigsburg als Verkehrsträger heißt es, dass die Buskonzepte bei Bedarf mit den Städten und Gemeinden fortgeschrieben würden. Gewünschte zusätzliche Busverbindungen seien prinzipiell immer machbar – die Kommune müsse sich dann aber auch zur Hälfte an den Kosten beteiligen, so Pressesprecher Andreas Fritz.

Das neue Kompetenzzentrum werde seinen Schwerpunkt zunächst darauf legen, Kommunen zu unterstützen, in denen so genannte Bürgerbusse eingerichtet werden sollen, erklärt Sonja Haas-Andreas, Pressesprecherin der NVBW. So könnten Leitlinien erarbeitet, die kommunalen Aufgabenträger bei der Umsetzung beraten und ein Netzwerk aufgebaut werden, um den Best-Practice-Austausch zu fördern. Derzeit beginne man damit, die vorhandenen Projekte und einen eventuellen Bedarf zu recherchieren.

Bürgerbusse würden gleich mehrere, der Landesregierung wichtige Themen aufgreifen, sagt Haas-Andreas: So legten Menschen heutzutage großen Wert auf Autonomie und wollten ihre Bedürfnisse nach vielfältigen Angeboten auch im Bereich der Mobilität erfüllt sehen – dies bedinge eine stärkere Vernetzung, kollidiere jedoch häufig mit der Frage der Wirtschaftlichkeit, denn die individuellen Ansprüche würden die Planbarkeit erschweren. Daher seien innovative Lösungen gefragt, die sich zudem hervorragend mit dem Thema „Bürgerbeteiligung“ verbinden lassen – Stichwort Ehrenamt, in dessen Rahmen die meisten Fahrer der bestehenden Bürgerbusse tätig sind.

In Oberstenfeld sei ein solches Angebot trotz der entfernter liegenden Teilorte Gronau und Prevorst kein Thema, sagt Bürgermeister Reinhard Rosner. Dort biete der Krankenpflegförderverein schon seit mindestens 20 Jahren ein so genanntes Senioren-Taxi an, das ältere Mitbürger beispielsweise für eine Fahrt zum Arzt anfordern könnten. Sein Großbottwarer Kollege Ralf Zimmermann hält Bürgerbusse zwar für eine „generell gute Idee“, sieht aber derzeit ebenfalls keine Nachfrage in der Storchenstadt. Auch nicht für Hof und Lembach, obwohl dort die einzige Haltestelle Sauserhof „keine ganz gute Lösung darstellt“.