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Viele Freibäder in der Region bieten einen vergüngstigen Abendtarif an. Der beginnt meist um 17 Uhr oder erst später – oft aus langjähriger Gewohnheit.

Marbach/Bottwartal - Wer spät genug kommt, den belohnt die Freibad-Kasse. Im Steinheimer Wellarium
zahlen Spätankömmlinge nach 17 Uhr nur drei statt 4,50 Euro. Der Abendtarif erfreue sich einiger Beliebtheit, berichtet die Betriebsleiterin Katrin Schulze. „Um fünf Uhr bilden sich an der Kasse Schlangen, und die Leute erkundigen sich, ob es schon spät genug für den Abendtarif ist“, weiß die Schwimmmeisterin. Immerhin 5100 verbilligte Karten habe das Wellarium im vergangenen Jahr verkauft. Das bedeutet bei einem Absatz von rund 25 000 Tageskarten einen erkennbaren Anteil der Gäste, die verbilligt von 17 bis maximal 21 Uhr im Freibad bleiben dürfen.

Die Abendkarte sei ein echter Anreiz, weiß Katrin Schulze. „Ob ich 4,50 Euro oder drei Euro zahle, ist für viele schon ein Unterschied.“ Den Zeitpunkt von 17 Uhr hält sie für ideal, ihn gebe es schon lange: „Ich kenne das gar nicht anders.“ Manche der Spättarif-Fans sagten sich, sie kämen sowieso erst am Abend, dann bräuchten sie auch keine Saisonkarte, erklärt die Betriebsleiterin, die sich im vergangenen Jahr aber auch über den Verkauf von 5480 Saisonkarten freuen durfte. Ihrer Meinung nach seien typische Spättarif-Nutzer vor allem Gäste, die am Wochenende sowieso nicht ins Freibad gehen und eher in der Woche nach Feierabend noch gelegentlich einige Bahnen ziehen wollten. Jedoch auch Familien mit Kindern stünden vermehrt in der 17-Uhr-Schlange. Zehner-Karten kauften diese Freibad-Besucher dann auch nicht: „Bei einem Eintritt von drei Euro für das Spätschwimmen vermeiden sie ja, mit Zehnerkarten vier Euro für einen einzelnen Besuch zu zahlen.“

Solche Rechenspiele stellen sicher auch die Nutzer des Mineralfreibades Oberes Bottwartal
an, doch kommen sie erst von 18.30 Uhr an in den Genuss des Abendtarifs von 2,50 Euro statt 4,80 Euro. „Diese Uhrzeit war eine bewusste Entscheidung von uns, als wir vor drei oder vier Jahren den Tarif einführten“, sagt Volker Wanner, für die Finanzen im Freibad-Zweckverband der beiden Kommunen Oberstenfeld und Beilstein verantwortlich. „Wir sind nicht auf 17 Uhr gegangen, weil es ungerecht gewesen wäre gegenüber Gästen, die etwa von 14 bis 17 Uhr bleiben und dafür den vollen Preis zahlen.“ Die Schere zwischen Ermäßigung und Volltarif wäre damit zu weit auseinander gegangen. So aber, argumentiert Wanner, sei bei einem Eintritt von 2,50 Euro im Abendtarif der Zeitraum von zweieinhalb Stunden bis zur Schließung um 21 Uhr angemessen.

Der Verkauf von Abendkarten in Oberstenfeld erreicht bei der späteren Anfangszeit von 18.30 Uhr folglich nicht die Werte von Steinheim. Im Jahr 2016 verkaufte der Zweckverband an der Kasse 2237 Karten bei rund 24 000 Tageskarten. Im sonnigeren Jahr 2015 waren es 2610 Abendkarten bei rund 30 000 Tageskarten. Der Zweckverband des Freibades in Oberstenfeld werde auch weiter an dem späten Spättarif festhalten, prognostiziert Volker Wanner: „Unser Bad ist so wertvoll – da kann man ruhig den ganzen Preis zahlen.“ Der Oberstenfelder Bauamtsleiter zieht den Vergleich mit anderen Freizeiteinrichtungen: „Schwimmen zählt zu den billigsten Angeboten.“ Die Verbraucher würden in Freizeitparks und Gaststätten weitaus mehr zahlen. „Für unseren Eintritt bekommt man kaum noch ein Viertele.“

Zu den Bädern, die ebenfalls erst um 18.30 Uhr den Abendtarif anbieten, zählt auch das Wonnemar-Bad in Backnang.
„Wir haben die Spättarif-Zeit für das Freibad von der Stadt Backnang so übernommen“, berichtet Lars Nielsen, Center-Manager. Beschwerden habe es bisher keine gegeben. „Ich habe noch keine Rückmeldung darüber bekommen, dass ein früherer Abendtarif gewünscht wäre“, sagt Nielsen. So habe das Wonnemar in diesem Mai nur rund 100  Abendkarten verkauft. Der Center-Manager rechnet vor allem damit, dass Saisonkarten-Besitzer und Spättarif-Nutzer ähnliche Besuchsfrequenzen haben. „Solche Gäste gehen so regelmäßig ins Freibad, dass ihnen der Abendtarif nur als kleines Zusatzangebot erscheint und sie dann eher die Saisonkarte erwerben.“ Da das Oberstenfelder Freibad ebenfalls im „direkten Einzugsgebiet“ liege, orientiere man sich auch an dessen Öffnungszeiten und Preis-Leistungsverhältnissen.

Am spätesten ist das Mineral-Parkfreibad in Besigheim
mit seinem Abendtarif dran: Erst von 19.30 Uhr an kommen Sparfüchse auf ihre Kosten. „Wir haben das schon seit 20 Jahren so, es sind immer nur einzelne Gäste, die den späten Tarif nutzen“, erklärt der Erste Beigeordnete Klaus Schrempf. Zwar gebe es hin und wieder Stimmen, die eine frühere Anfangszeit forderten, doch hält Schrempf das für übertrieben. „Im Sportstudio zahlen die Leute 90 Euro monatlich, bei uns für die ganze Badesaison 70  Euro – dann wollen sie noch möglichst viel dem Steuerzahler aufbrummen.“ Die Stadt Besigheim finanziere das Freibad jetzt schon mit einem Abmangel von jährlich 350 000 Euro mit. Dabei biete man viel, unter anderem Frühschwimmen und Mitternachtsschwimmen bis 0 Uhr immer am letzten Sonntag im Monat.

Bewährt hat sich hingegen der 17-Uhr-Abendtarif im Bietigheim-Bissinger Badepark Ellental.
„Wir haben das schon seit Jahren, es ist von der Stadt übernommen – es kommt ganz gut an“, sagt Nadine Eckhardt, Sprecherin der Stadtwerke Bietigheim-Bissingen, die das Bad betreiben. Die Idee der frühen Anfangszeit sei eine soziale gewesen: Familien sollten nach Feierabend der Eltern komplett preisgünstig baden gehen können. Rund 20 Prozent der Gäste an einem warmen, sonnigen Werktag nutzten inzwischen den Abendtarif, so Eckhardt. Im Vorjahr seien 15 000 Feierabend-Karten an Erwachsene und 7000 an Jugendliche verkauft worden. Es kämen vermehrt Jugendliche spätnachmittags, da sie heutzutage länger an der Schule blieben. „Den Abendtarif nutzen neuerdings je zur Hälfte Arbeitnehmer und Schüler, viele aus dem Ganztagsbetrieb.“ Im Unterschied zu den Stammschwimmern und Saisonkarten-Besitzern kämen diese Gäste meistens nur bei schönem, sonnigen Wetter, weiß Nadine Eckhardt.