Philipp Maier-Schwarzkopf wird Notar bleiben, aber nicht im Gericht. Foto: Oliver von Schaewen

Weil es durch eine Reform zu Schließungen der Bezirksnotariate in Marbach, Steinheim, Großbottwar und Beilstein kommt, sind Termine Mangelware.

Marbach - Auch wenn die breite Öffentlichkeit bislang kaum etwas davon gemerkt hat: Das Ende der staatlichen Notariate in Baden-Württemberg naht mit Riesenschritten. Die Fachkreise sprechen von einer Jahrhundertreform, und sie wirkt sich bis in die Schillerstadt und in die Tiefen des Bottwartals aus. Denn auch in Marbach, Steinheim, Großbottwar und Beilstein geht die in Europa einzigartige Ära der schwäbischen Bezirksnotariate zu Ende. Das Musterländle beendet die staatliche Trägerschaft fristgerecht zum 31. Dezember 2017 – an ihre Stelle tritt eine neue Arbeitsteilung zwischen Amtsgerichten und freien Notariaten (siehe Info-Kasten).

Den Stein ins Rollen gebracht hatte die CDU/FDP-Regierung unter Günther Oettinger im Jahr 2009. Vor allem den Liberalen war die staatliche Oberhoheit ein Dorn im Auge. Sie stützen sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg, wonach der Staat mit Hilfe der Notariate versteckt Steuern einnehme. Das Gesetz der Koalition aus dem Jahr 2010 wird jetzt endgültig umgesetzt – in den Notariaten herrscht aber Land unter, weil wegen der Umstellung immer mehr Personal fehlt.

Wer etwa am Dienstagvormittag im Steinheimer Notariat anrief, bekam vom Anrufbeantworter zu hören: „Die Notariatsreform führt zu einem hohen Arbeitsaufwand.“ Empfohlen wird, eine E-Mail zu schreiben. Und am Nachmittag: „Heute sind wir aus dienstlichen Gründen nicht mehr erreichbar, bitte versuchen Sie es morgen ab 9 Uhr wieder.“ Termine sind Mangelware. Das liege daran, dass es in der heißen Phase von Oktober an Urlaubssperren gebe und viele Notare im Vorfeld ihre freien Tage nehmen müssten, erklärt die Mitarbeiterin eines Notariates, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Wer jetzt etwa dringend den Vertrag für einen Hausverkauf beurkunden lassen wolle, müsse lange warten. Es fehle schlichtweg an Arbeitskraft.

Die Hintergründe erklärt Philipp Maier-Schwarzkopf, derzeit noch beamteter Notar am Marbacher Amtsgericht, künftig aber wohl einziger freier Notar in der Schillerstadt. „Viele Kollegen wollten Justizbeamte des Landes bleiben und wechselten deshalb zu den Amtsgerichten, wo sie auch als Betreuungs- und Nachlassrichter fungieren können.“ Damit aber verlieren sie laut Maier-Schwarzkopf ihr Recht, Verträge zu beurkunden. Diese Manpower fehle an den Notariaten in der Fläche. Der landesweite Mangel an Rechtspflegern rühre auch daher, dass das Land an der Akademie für Notare nicht mehr ausbilde. Auch suche das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BaMF) Rechtspfleger, die dort Beamtenstatus erhielten und zum Teil eine bessere Bezahlung vorfänden. Ein weiterer Aderlass an Notariaten sei die Folge gewesen.

Und was bedeutet die neue Ära für die Bürger im Raum Marbach und im Bottwartal? „Sie müssen demnächst wohl längere Fahrten in Kauf nehmen“, sagt Philipp Maier-Schwarzkopf, vor allem mit Blick auf die geschlossenen Notariate im Bottwartal. Aber auch die Marbacher müssen zumindest für Nachlässe künftig zum Amtsgericht nach Besigheim. „Das Grundbuch haben wir schon im August 2015 ans Amtsgericht Heilbronn abgegeben.“ Für Vormundschaften und andere Betreuungen sei aber künftig weiter das staatlich organisierte Amtsgericht in Marbach zuständig.

Er selbst habe auch vor der Wahl gestanden, Beamter zu bleiben oder in das freie Notariatswesen zu wechseln, erzählt Philipp Maier-Schwarzkopf. Da aber schon sein Vater und sein Onkel Bezirksnotariate geführt haben, wisse er die juristische Vielfalt von Beurkundungen zu schätzen. „Ich werde deshalb zu Beginn des neuen Jahres ein freies Notariat im neuen Gebäude von EgeTrans an der Landesstraße 1100 eröffnen.“ Sein Vater werde ihn dort künftig unterstützen, erzählt der 34-Jährige, der in Tamm wohnt.

Das Justizministerium habe den freien Notaren Bezirke in einer Größe zugeordnet, die ein entsprechendes Auskommen gewährleisten. Die Bürger wiederum könnten sich auch nach der Reform den Notar für ihre Beurkunden frei aussuchen, erklärt Maier-Schwarzkopf, der einen wesentlichen Vorteil im verbesserten Service in einem freien Notariat sieht: „Ich kann selbst bestimmen, wie viele Mitarbeiter ich einstelle.“ Er plane mit vier Angestellten und einem Assessor. Bislang seien nur zwei Halbtagssekretärinnen seinem Referat im Marbacher Notariat zugeordnet, berichtet der Amtsverwalter, der dort seit einem Jahr tätig ist. Wichtig für Maier-Schwarzkopf in diesem Zusammenhang: „Die alte Gebührenordnung bleibt in Kraft – es gibt keine Erhöhungen.“