Das Vorhaben an der Bahnhofstraße in Erdmannhausen liegt vorerst auf Eis. Foto: Sandra Brock


Der Landkreis erstellt in Affalterbach, Murr, Erdmannhausen, Rielingshausen und Großbottwar doch keine Flüchtlingsunterkünfte. Vorerst jedenfalls.

Marbach/Bottwartal - Der Rielingshäuser Ortschaftsrat wollte bestmöglich vorbereitet sein auf die rund 60 Flüchtlinge, die in wenigen Monaten im Flecken erwartet wurden. Deshalb lud man zur jüngsten Sitzung extra einen Vertreter des Asylkreises Marbach ein, der Tipps und Hinweise gab. Wie sich jetzt zeigt, wäre das vielleicht gar nicht nötig gewesen. Denn die geplante Unterkunft hinter der Gemeindehalle in Rielingshausen wird womöglich gar nicht realisiert. Angesichts der derzeit zurückgehenden Flüchtlingszahlen hat der Landkreis Ludwigsburg das Projekt nämlich auf Eis gelegt. Nicht verwirklicht werden zudem die Asylbewerberheime in der Alten Bahnhofsschule in Großbottwar, im Gewann Nuss in Affalterbach und am Bahnhof in Erdmannhausen. Die Reißleine haben die Verantwortlichen darüber hinaus bei der Unterkunft in Murr an der Ecke Raiffeisenstraße/Rudolf-Diesel-Straße gezogen. Die Arbeiten an diesem Vorhaben waren bereits ausgeschrieben, aber noch nicht vergeben worden.

Der Großbottwarer Bürgermeister Ralf Zimmermann kann dieses Vorgehen absolut nachvollziehen. „In der momentanen Situation ist es der richtige Weg, nicht einfach weiterzubauen“, erklärt er. Allerdings habe er sich auch ein wenig über die Stimmung im Kreistag am Freitag gewundert. Da habe sich ein Gefühl breitgemacht, als ob die Situation schon gemeistert wäre. „Aber das ist sie nicht“, betont Ralf Zimmermann und erinnert an die neuesten schrecklichen Meldungen von ertrunkenen Flüchtlingen im Mittelmeer. Und auch der Umbau der Bahnhofsschule sei keineswegs vom Tisch. „Es gibt einen notariell beglaubigten Vertrag“, verweist der Rathauschef auf eine Vereinbarung mit dem Landkreis, der das Gebäude in Erbbaurecht übernehmen und umgestalten wollte. Insofern müsse man sich zusammensetzen und schauen, wie es weitergeht. Damit liegt er auf einer Wellenlänge mit dem Landratsamt. „Wir werden mit der Stadt Großbottwar besprechen, wie wir hier weiter vorgehen“, meint Pressesprecher Andreas Fritz .

Etwas anders ist die Situation in Erdmannhausen, wo das Grundstück für die anvisierte Unterkunft am Bahnhof von privater Seite zur Verfügung gestellt wurde, wie die Bürgermeisterin Birgit Hannemann konstatiert. Aber auch sie betont, dass das Projekt nun nicht zwangsläufig für immer und ewig in der Schublade verschwinden müsse. Man wisse schließlich nicht, wie sich die Dinge in der Zukunft entwickeln und ob die Zahlen so niedrig bleiben. Insofern werde auch das Bauverfahren weiter vorangetrieben, um im Zweifelsfall schnell reagieren zu können. Aber nun werde man die vorgesehene Infoveranstaltung canceln und könne vorerst zumindest leicht aufatmen. Denn es wäre für die Gemeinde eine Herausforderung gewesen, die entsprechende Infrastruktur zu schaffen, sagt sie. Stichwort Kindergartenplätze oder Schulräume. Wobei ja nicht einmal sicher sei, wie viele Mädchen und Jungs unter den Bewohnern eines Flüchtlingsheims wären. Ferner hätte der Asylkreis vor der Aufgabe gestanden, sich mit begrenzter Vorbereitungszeit plötzlich um viele Menschen kümmern zu müssen. Das Domizil in Erdmannhausen sollte für 200 Menschen konzipiert werden, vier Millionen Euro kosten und schon im Februar 2017 fertig sein.

Ein paar Nummern kleiner hatte der Landkreis das Heim in Rielingshausen geplant. Es sollte Platz für 60 Personen bieten, das Investitionsvolumen bei 1,2 Millionen Euro liegen. Aber wie in Erdmannhausen gilt auch hier: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Zumal man für den Sommer von einem starken Andrang über die Mittelmeerroute ausgehen könne, wie der Marbacher Bürgermeister Jan Trost erläutert. Insofern werde das Projekt trotz des aktuellen Baustopps so weit vorangetrieben, dass bei wieder steigenden Flüchtlingszahlen über eine Umsetzung entschieden werden könne. Der Bauantrag werde schon in der nächsten Woche im Ausschuss für Umwelt und Technik behandelt. Jan Trost will aber auch nicht ausschließen, dass die Stadt am Standort in Rielingshausen hinter der Gemeindehalle selbst aktiv wird. Dieser Fall könnte eintreten, wenn sich die Situation tatsächlich dauerhaft entspannt und der Landkreis das Gelände für die vorläufige Unterbringung nicht mehr benötigt. Dann wäre es denkbar, dass die Kommune in der Anschlussunterbringung eine ausgeglichene Verteilung der Neuankömmlinge über die Gemarkung hinweg anstrebt und dabei auch Rielingshausen nicht außen vor lassen will. „Aber das ist dann eine politische Entscheidung“, betont Jan Trost.

Nicht zur Disposition steht übrigens die Flüchtlingsunterkunft am Marbacher Bahnhof für 140 Personen. Das Projekt werde weiterverfolgt, erklärt Kreishaus-Sprecher Andreas Fritz.

Zurückgestellt wird indes das Vorhaben im Affalterbacher Gewann Nuss, wo der Landkreis für 1,6 Millionen Euro bis Oktober zweigeschossige mobile Wohneinheiten für 80 Personen errichten wollte. „Ein Bau ist jetzt nicht in Sicht. Die Zahlen müssten hochgehen, dann würde das erst wieder ein Thema“, sagt der Bürgermeister Steffen Döttinger. Das Baugenehmigungsverfahren werde gleichwohl abgeschlossen, betont der Schultes, der gleichzeitig hofft, dass der Rückgang bei den Flüchtlingszahlen keine Momentaufnahme bleibt. Unabhängig davon sei es für ihn überraschend gekommen, dass die Unterkunft in Affalterbach vorerst nicht realisiert wird.

Ähnlich dachte sein Murrer Amtskollege Torsten Bartzsch in Bezug auf das geplante Heim an der Ecke Raiffeisenstraße/Rudolf-Diesel-Straße für bis zu 95 Personen. Denn die ursprünglichen Unterlagen zur Sitzung sahen ja den Baustopp für diese und andere Unterkünfte nicht vor, merkt er an. „Aber es ist positiv, dass der Kreistag so kurzfristig reagiert hat“, betont der Murrer Verwaltungsleiter. Es ergebe keinen Sinn, Geld für etwas auszugeben, das am Ende gar nicht gebraucht wird. „Das heißt aber nicht, dass die Unterkunft bei uns nicht kommt“, stellt auch Bartzsch fest. Das Projekt sei nur zurückgestellt worden.