Die Diskussion um CO2-Werte, Feinstaub und jetzt die Stickoxide sei für die Kunden kaum mehr durchschaubar, sagt Timo Geiger aus Oberstenfeld. Foto: dpa

Gebrauchte Dieselfahrzeuge werden immer mehr zu Ladenhütern. Unterstützung gefordert bei Nachrüstung.

Marbach/Bottwartal - Die Autohäuser in Marbach und Umgebung spüren beim Thema Diesel nicht erst seit dem Gerichtsurteil zu möglichen Fahrverboten, sondern schon seit einiger Zeit eine große Verunsicherung. „Das liegt daran, dass alles vermischt wird“, so Timo Geiger aus Oberstenfeld. Die Diskussion um CO2-Werte, Feinstaub und jetzt die Stickoxide sei für die Kunden kaum mehr durchschaubar. Schade findet der Autohändler, dass auch neue Diesel kritisch beäugt werden. „Die sind sehr effektiv und sauber, und für viele Familienfahrzeuge, Transporter und SUVs kommt nur der Diesel in Frage.“ Viele schwenkten dennoch jetzt auf einen Benziner um, so Claus Reiche aus Großbottwar, „obwohl der vom CO2-Ausstoß her die schlechtere Wahl ist“. Ein Bonus über mehrere Tausend Euro, wie ihn viele Hersteller für Diesel bis Euro 4 anbieten, sei für viele Kunden kein Kaufanreiz, berichtet Timo Renz vom gleichnamigen Autohaus in Steinheim. „Wenn es gerade passt, ist das natürlich ein schöner Bonus, der gerne mitgenommen wird.“

Gebrauchte Diesel, auch mit grüner Plakette, stehen lange Zeit unbeachtet auf dem Hof. Auch Gunter Eberhardt aus Murr hat das Problem, dass er die älteren Autos der Kunden, die er in Zahlung nimmt, kaum mehr vermarkten kann. „70 Prozent unserer Gebrauchtfahrzeuge sind Diesel, dabei sind auch viele Leasingrückläufer, die wir einfach annehmen müssen.“

Aber nicht nur die Händler haben das Problem, dass sie sogar relativ neue Euro 5-Diesel nur unter Wert weiter verkaufen können. „Viele Kunden fragen, was sie mit ihrem erst einige Jahre alten Diesel machen sollen“, berichtet Claus Reiche. Für die Nachrüstung gebe es weder die Möglichkeiten noch die technischen Normen, vermisst der Auto-Fachmann klare Vorgaben. „Da müsste man jetzt schnell reagieren.“

Eberhardt stellt zwei Forderungen an die Politik: „Für Euro 6 sollte man schnell die blaue Plakette ermöglichen, damit man saubere Diesel klar ausweisen kann.“ Und für die Nachrüstung sollte der Staat wie schon beim G-Kat und beim Rußfilter Anreize schaffen. „Viele Handwerker und Pendler mit Arbeitsplatz in Stuttgart können sonst bald nicht mehr in die Innenstadt fahren.“ Auch Geiger sieht den Staat in der Pflicht, die Nachrüstung finanziell zu unterstützen. „Ausklammern muss man ganz klar natürlich diejenigen, die betrogen haben, das muss der Hersteller dann übernehmen.“

Von VW, Skoda oder Seat sieht Cavit Gümüs aber keinen Cent. „Ich habe 20 Fahrzeuge auf dem Hof stehen, die könnte ich eigentlich verschenken“, so der Beilsteiner Autohändler. „Da heißt es dann, ich solle mich an die Rechtsabteilung wenden.“ Die zwei- bis dreitausend Euro für die Nachrüstung können sich viele nicht leisten, die aber aufs Auto angewiesen sind, um ins Geschäft zu kommen. Fair fände es Gümüs, wenn die Hersteller sich je nach Alter prozentual an der Umrüstung beteiligen würden. „Ob ein Auto zwei oder zehn Jahre alt ist, das darf man natürlich nicht in einen Topf werfen.“ Der Kunde könne dann entscheiden, ob die Umrüstung sich finanziell lohne oder eben nicht. Der Vertrauensverlust macht sich bei den Neuwagenverkäufen bemerkbar. „Ich bin froh, dass ich noch andere Marken habe, die werden jetzt verstärkt nachgefragt.“

Das Land setzt zur Einhaltung der Grenzwerte auf ein Bündel an Maßnahmen. „Für uns hat jetzt Stuttgart erstmal absolute Priorität“, sagt die Sprecherin des Regierungspräsidiums Stuttgart Katja Lumpp. Städte wie Marbach und Steinheim, wo die NOx-Werte ebenfalls hoch sind, behalte man im Blick. Zur angestrebten „großräumigen Lösung“ (wir berichteten gestern) könne man derzeit noch nichts Genaueres sagen. Da sich die Werte zum Beispiel in Pleidelsheim deutlich verbessert haben, wo schon vor einigen Jahren Maßnahmen wie Tempo 30 und LKW-Durchfahrtsverbot ergriffen worden sind, hoffe man zur Einhaltung der Grenzwerte auch auf die „natürliche Fluktuation“ im Fahrzeugbestand, sprich, dass nach und nach mehr saubere Diesel auf den Straßen in und um Stuttgart unterwegs sind.