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Taxifahrer erleben zum Jahreswechsel schöne, aber auch viele schaurige Begegnungen. Manche bleiben lange in Erinnerung.

Marbach/Bottwartal - Keinen Tropfen in der Silvesternacht – dieses Los teilen alljährlich die Taxifahrer im Land. Mit Alkohol kommen sie dennoch intensiv in Kontakt. Allerdings mit dem, den ihre Fahrgäste intus haben. Und das ist nicht immer lustig, erzählt Jörn-Götz Dahlke, Taxiunternehmer aus Erdmannhausen: „Silvester ist die Nacht der Nächte. Da haben wir besonders viele betrunkene Kunden, und Beleidigungen sind fast schon normal.“

Dabei hat Dahlke in seiner mehr als 30-jährigen Berufspraxis durchaus Unterschiede festgestellt. „In der frühen Silvesternacht, so bis etwa zwei Uhr morgens, sind meist recht nette Leute unterwegs, die gepflegt bei Freunden gefeiert haben.“ Diese Menschen seien einfach gut drauf. Da habe auch der Taxifahrer oft etwas zu lachen und bekomme zudem meist ein gutes Trinkgeld.

So ab drei, vier Uhr morgens wechsle aber das Klientel. Wer dann in ein Taxi steige, sei „teils nur noch besoffen“, drückt es der Unternehmer drastisch aus. Am harmlosesten seien noch die Pöbeleien, die man sich dann als Fahrer anhören müsse. Manche Menschen hätten jedoch nicht nur ihre Wortwahl, sondern auch ihre Verdauung nicht mehr unter Kontrolle. Beim Brechreiz reiche es oft noch, einfach kurz die Tür zu öffnen. Doch manchmal gehe auch etwas in die Hose. Dahlke erinnert sich an einen Fahrgast, den er von Ludwigsburg nach Marbach beförderte. Am Ziel angekommen, zahlte der Kunde, wollte aber nicht aussteigen. Und da begann es im Taxi auch schon zu stinken. „Das Lammfell auf dem Beifahrersitz habe ich gleich entsorgt“, sagt der Erdmannhäuser lakonisch. „Trotzdem musste ich noch eine ganze Zeit lang mit offenen Fenstern weiterfahren.“

Ablehnen kann man als Taxifahrer solche Fahrgäste nicht ohne Weiteres. „Wir haben eine Beförderungspflicht, von der wir nur in ganz wenigen Ausnahmefällen befreit sind“, erklärt der Unternehmer. So sei es normal, Betrunkene zu fahren – „deshalb brauchen die Leute ja ein Taxi“. Wenn aber jemand mit sichtbar eingenässter Hose einsteigen wolle, werde er nicht mitgenommen. „Das können wir den anderen Fahrgästen nicht zumuten“, sagt Dahlke.

Auch in noch nüchternem Zustand bereiten die Fahrgäste manchmal Probleme. „Wir können in der Silvesternacht aus organisatorischen Gründen keine Vorbestellungen annehmen, was manche partout nicht verstehen wollen“, klagt Dahlke. Dann gebe es noch die Kundschaft, die glaube, dass man als Taxifahrer in der Silvesternacht so viel verdiene, dass man das restliche Jahr davon leben könne. Die versuchten dann zu handeln. „So habe ich nachts auf einmal unheimlich viele Freunde, die ich gar nicht kenne“, schmunzelt der Taxiunternehmer, der zum Jahreswechsel vier Taxis mit ausschließlich männlichen Fahrern im Einsatz hat. „Da heißt es dann: ‚Der Jörn hat gesagt, ich kriege das zum Sonderpreis.‘“ Deshalb hat er seinen Fahrern von vornherein klargemacht: „Bei Nacht habe ich keine Freunde.“ Keinen Spaß versteht er auch bei den gerade an Silvester häufigen Versuchen, mit mehr als vier Personen ein Taxi zu besteigen. „Wir dürfen maximal vier Mitfahrer haben. Und so lukrativ, dass wir deshalb unsere Lizenz riskieren würden, kann keine Fahrt sein“, stellt Dahlke klar.