Professor Andrioli: „Es ist ganz wichtig, dass Europa Glyphosat verbietet.“ Foto: privat

Verein gentechnikfreie Landkreise LB/WN
: Forscher warnt vor Glyphosat und Pestiziden, die in Pflanzen in die EU importiert werden.

- Ulm/Ludwigsburg
Zwei Vorstandmitglieder unseres Vereins haben sich Ende November auf den Weg nach Ulm gemacht, um Professor Antônio Inácio Andrioli, Vizepräsident der Universität Federal da Fronteira Sul aus Brasilien, zu treffen. Aus erster Hand wollten wir seine neuen Forschungsergebnisse über die Problematik des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen wie Mais, Soja und Baumwolle und des Glyphosat- und Pestizideinsatzes hören.

„Wir haben mittlerweile Sojapflanzen, die resistent sind gegen Glyphosat, Glufosinate, Dicamba etc. Der Einsatz von Glyphosat hat in Brasilien so stark zugenommen, dass jedes Jahr sieben Liter pro Hektar verspritzt wird. Noch schlimmer als das: Es wird vor der Aussaat und kurz vor der Ernte gespritzt. Diese Sojabohnen sind für den Export nach Europa bestimmt. Dort landen sie in den Futtertrögen der Bauernhöfe. Andrioli fragte bei seinem Besuch im Landwirtschaftsministerium in München nach, ob hier gewusst wird, wieviel Glyphosat im importierten brasilianischen Soja enthalten ist. Die ehrliche Antwort: „Das wissen wir nicht.“ Es sei erstaunlich, dass in Deutschland nicht bekannt sei, wieviel Glyphosat in der Soja drin sei. „Wir wissen, wieviel Glyphosat als Rückstand enthalten ist, wenn Soja in unseren Häfen verladen wird.“ 14 bis 33 Milligramm pro Kilo seien das. Seit 1998 ist die Rückstandsgrenze in der EU seit 1998 auf das 100-fache erhöht worden.

Wie hoch sind die Rückstände in den Exporten hier in Deutschland? „Niemand weiß es, oder werden die Zahlen vielleicht geheim gehalten?“, sprach Andrioli aus, was viele Zuhörer wohl dachten. Andrioli sagte, „Es ist doch Blödsinn, dass Europa so eine Soja importiert“. Man müsste Schiffe eigentlich zurückschicken. Denn zu den Rückständen kommt noch, dass diese Sojabohnen nur einen Eiweißgehalt von 42 Prozent enthalten statt 55 Prozent beim herkömmlichen Saatgut. Andrioli brachte es auf den Punkt: Gentechnisch veränderte Soja ist eine verschlechterte Pflanze. Sie ist krank, auch weil sie einen höheren Lignien-Anteil hat, der einen Einfluss auf die Verdauung der Tiere hat. Dazu kommt noch, dass die GVO-Soja weniger Phyto-Hormone hat. Und das mit weniger Ertrag und erhöhten Betriebskosten für unsere Landwirte.

Der Wissenschaftler stellte die alles entscheidende Frage: Wie schaffen wir, aus dieser Abhängigkeitsfalle mit all den negativen furchtbaren Folgen hier wie dort herauszukommen? Regenwälder werden weiterhin abgeholzt zugunsten Futtermittel für den Weltmarkt. Bauern und Indigene werden vertrieben.

Der Wissenschaftler aus Südbrasilien öffnete den Anwesenden immer wieder die Augen, indem er sagte: „Wir müssen aber fragen, wieviel Wasser wird damit exportiert, wieviel Böden werden da zerstört, wieviel Landlose und Bauern werden ausgeschlossen, die sich nicht mehr selbst ernähren können? Wieviel Kosten entstehen im Gesundheitssektor zur Behandlung der durch den Verbund von Mineraldünger und Glyphosat verursachten zunehmenden Krebserkrankungen in der Bevölkerung?“ So berichtete er davon, dass Menschen in den Städten und Kommunen Brasiliens denken, „ich kann ja Wasser in Flaschen kaufen“. Doch das Grundwasser und damit auch das Leitungswasser sind mittlerweile mit Glyphosat und Tallowaminen belastet. Diese Wirkstoffe, in der EU verboten, sind zuständig, dass Glyphosate in die Pflanze, in den Körper eindringen können. Dieser Wirkstoff bleibe in der Pflanze. Es komme aber auch über die Haut in unseren Körper. „Jeden Tag haben wir eine Dusche, denn unser Wasser hier im Süden Brasiliens ist kontaminert. Darin liegt das Problem. Deswegen ist es ganz wichtig, dass Europa Glyphosat verbietet. Andrioli berichtete auch davon, dass jetzt bereits neue Gen-Pflanzen zugelassen sind, die gegen vier bis fünf Gifte gleichzeitig resistent sind, die in der EU keine Zulassung haben. Aber: Alle Gifte kommen durch die Gen-Soja-Importe in die Futtertröge und in die Produkte hier in Europa. Der Wissenschaftler resümierte: Brasilien sei zum Weltmeister im Verbrauch von Agrargiften geworden und versorge den Weltmarkt mit diesen vergifteten Futtermitteln. Der Abend endete mit Einblicken in seine Universität UFFS, in der Landwirte in den Entscheidungsgremien sitzen. Sein Credo : „Es gibt Alternativen zu den vergifteten Soja-Importen aus Südamerika.“ Wir müssten aufhören mit dem überkommenen veralteten System der Bewirtschaftung und des Landbaus, das allen Lebewesen mehr Gifte, mehr Pestizide und mehr mineralische Düngemittel beschert. „Es ist Zeit für den Einstieg in eine Agrarwende“, so Andrioli