Die Biber sind im Land schon ausgerottet gewesen, kehren nun aber langsam wieder in die alte Heimat zurück. Laut Regierungspräsidium gibt es in Baden-Württemberg rund 3000 der Nager. Foto: dpa

Experten gehen davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sich die Nager hier ansiedeln.

Marbach - Der Biber ist wieder auf dem Vormarsch. Auch in Baden-Württemberg. Rund 3000 der Nager sollen sich laut Regierungspräsidium Stuttgart mittlerweile im Ländle tummeln. Nach dem Geschmack des einen oder anderen sind das schon zu viele. In den vergangenen Tagen entbrannte deshalb die Diskussion, ob die Tiere nicht aufs Korn genommen werden sollten. Eine Debatte, die mit ziemlicher Sicherheit irgendwann auch Marbach und das Bottwartal erreichen wird, sagt der Naturschutzexperte Reinhard Wolf. Zwar gebe es hierzulande noch keine Bestände. Was nicht ist, könne sich aber schnell ändern. „Das kann von heute auf morgen kommen“, stellt er fest. „Ich denke, dass der Biber relativ bald hier aufschlägt“, pflichtet der Benninger Claus-Peter Hutter, Präsident der Umweltstiftung NatureLife-International, bei.

Reinhard Wolf gibt zu bedenken, dass sich die Tiere auf recht unorthodoxe Weise verbreiteten. So lebten in einer Biberfamilie drei Generationen unter einem Dach. Die älteren Zöglinge müssen sich allerdings nach einem neuen Unterschlupf umschauen, sobald sie geschlechtsreif sind. „Die gehen dann aber nicht nur einen Kilometer weg, sondern bis zu 50“, erläutert Reinhard Wolf. Insofern wäre es also wenig verwunderlich, wenn es früher oder später ein Exemplar ins Bottwartal verschlägt. Und wenn es sogar zwei werden und es sich dabei auch noch um Männchen und Weibchen handelt, könnte sich ruckzuck eine Kolonie bilden. Zumal sich die nächsten Biber gar nicht so weit entfernt angesiedelt haben. Einige wenige der Tiere seien beispielsweise im Kochertal anzutreffen, sagt Reinhard Wolf. Ein einzelnes Exemplar habe es sogar schon bis nach Bad Wimpfen geschafft. Viele der Säugetiere, die in weiten Teilen Europas schon ausgerottet waren, hätten sich beispielsweise am Oberrhein niedergelassen. Auch in Oberschwaben könne man auf sie stoßen. „Wir sind sozusagen Bibererwartungsland“, fasst Claus-Peter Hutter die Situation zusammen. Die Einwanderung zeichne sich sowohl vom oberen als auch vom unteren Neckar her ab.

Es wäre gewissermaßen eine verspätete Rückkehr. Vor langer Zeit haben sich die Biber nämlich in hiesigen Gefilden heimisch gefühlt, wie Wolf erzählt. „Der letzte Biber ist in Steinheim gesichtet worden“, sagt der Marbacher. Mitte des 19. Jahrhundert habe man den Tieren aber endgültig den Garaus gemacht. Die Gründe für die Ausrottung des Nagers waren vielfältig und klingen aus heutiger Sicht teilweise auch kurios. Zum einen seien die Tiere des Fleisches wegen gejagt worden, erklärt Reinhard Wolf. „Das ist wohl sehr schmackhaft.“ Zum anderen hätten es die Leute auf das Drüsensekret abgesehen gehabt, das als Aphrodisiakum gehandelt worden sei. Drittens sei es darum gegangen, dass die Biber aus menschlicher Sicht „Unfug gemacht haben“, wie es der langjährige Referatsleiter beim Regierungspräsidium ausdrückt. Mit ihren Dammbauten stauen sie Gewässer auf – und provozieren dadurch Überschwemmungen. Ein Umstand, der den Bibern nicht überall den besten Leumund verschafft hat.

Trotzdem ziehe es eine Anzeige nach sich, wenn man sich als Mensch beispielsweise an einem Damm zu schaffen mache, sagt Wolf. Das liegt daran, dass diese nahe am Wasser bauende Spezies streng geschützt ist. Wobei es in Bayern in Ausnahmefällen bereits gestattet sei, die Tiere zu jagen. „Aber das ist ein aufwendiges Verfahren“, konstatiert der Fachmann, der in dem Zusammenhang aber auch betont, dass es sinnvoll sei, die Biber zu behüten. „Der Naturschutz ist viele Jahre nicht ernst genommen worden“, sagt er. Claus-Peter Hutter schätzt die Situation ähnlich ein. Er macht ebenfalls keinen Hehl daraus, dass die Wiederansiedlung des Bibers Konflikte heraufbeschwören könne, speziell in dicht besiedelten Räumen. Man müsse also beobachten, wie sich die Tätigkeiten des Bibers auswirken. Unterm Strich sei es aber eine Erfolgsgeschichte, dass die Nager sich hierzulande wieder ausbreiten können.