Nach und nach ist während des Theaterstücks eine Holz-Brücke gebaut worden. Foto: Frank Wittmer

150 Jugendliche sahen „Zimmermeister Betz macht Theater“ an der Marbacher Tobias-Mayer-Schule.

Marbach - Zimmermeister Betz macht Theater“ lautet der Titel des Stücks, das gestern rund 150 Jugendliche an der Tobias-Mayer-Gemeinschaftsschule (TMGS) sehen durften. Die Idee, die lehrreiche Aufführung an die Marbacher Schule zu holen, hatte Eva Rikker vom gleichnamigen Zimmereibetrieb in Affalterbach.

„Heut sind die Zimmerleute bei euch zu Gast!“ Um bei dem einen oder der anderen die „Weichen für den zukünftigen Lebensweg“ richtig zu stellen, erzählten Ausbildungsmeister Stefan Mauer und Azubi Leonie Schaaf von ihrem abwechslungsreichen Beruf. „Wir bauen Häuser und Hallen – auch haben wir stets großen Gefallen am Bewahren alter Bausubstanz. Da gibt es viel zu tun, `ne Menge Arbeit – vielleicht seid ihr dazu bereit?“

Dass viele in der Runde noch nicht wussten, was sie nach der Schule machen wollen, war für Zimmermeister Richard Betz keine schlechte Nachricht. „Ich hab erst mit 30 Jahren gewusst, was ich wirklich will.“ Die Lebensgeschichte, die er in seinem Theaterstück erzählt, war teilweise recht dick aufgetragen – was die Jugendlichen sich aber gleich gedacht haben. „Was habt ihr geglaubt? Und was stimmt nicht?“, fragte der „Zimmerer mit Leib und Seele“ hinterher. „Dass Sie im Knast waren, stimmt nicht!“, meinte einer der Jugendlichen. „Doch, ich war mal im Gefängnis – aber nur für einen Tag. Ich habe da eine Aufführung für Jugendliche gemacht, und ich muss sagen, auch denen wird eine zweite Chance gegeben.“ Allerdings wolle er keine zwölf Monate im Gefängnis verbringen wie seine Theaterfigur, die als Investmentbanker die Bilanzen fälschte und dafür ins Gefängnis musste. Erst auf Umwegen gelangte der junge Mann in dem Stück zu seinem Traumberuf. „Wenn du nichts mehr hast, hast du immer noch deine Hände!“, hat er sich gesagt.

Aber auch im Lehrberuf war es als „Studierter“ und „Ex-Knasti“ nicht einfach. Mutig in ein neues Leben? „Eher verzagt – aber er hat’s gewagt“, dieser Spruch könnte mit anderen in einer Reihe stehen wie „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“.

Gründe zum Aufgeben hätte es genug gegeben, aber auch viele zum Weitermachen. Betz ist nicht unkritisch mit seinem Gewerbe. Im Handwerk werde zu wenig gelobt. „Wir machen alle mal Fehler.“ Dennoch sei die Wertschätzung gerade für den Nachwuchs wichtig. Über „die heutige Jugend“ gebe es ja auch viele Vorurteile, zum Beispiel, dass die Jungen und Mädchen nichts mehr bauen könnten.

Schön wäre es da gewesen, wenn Betz die Schülerinnen und Schüler beim Bau der „Leonardo-Brücke“ mit einbezogen hätte, die er während seines einstündigen Monologs nach und nach entstehen ließ. Die aus Holzelementen zusammengesteckte Rundbogenbrücke hält ohne Schrauben und Nägel, was die Schüler dann auch ausprobieren durften. Betz ist sich sicher: „Wenn Leonardo da Vinci die richtigen Handwerker an seiner Seite gehabt hätte, wäre er auch geflogen.“ Denn – das gibt er einem Jungen aus dem Publikum als Tipp: „Um erfolgreich zu sein, braucht man immer einen, der sich gute Sachen ausdenkt, und einen anderen, der sie dann auch gut umsetzen kann.“ Man müsse im Berufsleben „einfach mal ausprobieren“, um festzustellen, was wirklich Freude macht.