Anneliese Stiller hat das Marbacher Gymnasium mit geprägt. Foto: Werner Kuhnle

Nach 26 Jahren im Sekretariat des Gymnasiums geht Anneliese Stiller in den Ruhestand.

Marbach - Auch nach 26 Jahren im Sekretariat des Friedrich-Schiller-Gymnasiums gibt es noch Räume, die Anneliese Stiller nicht kennt. „Ich war sehr an das Sekretariat gebunden und bin immer eher zufällig an neue Ecken gekommen“, erzählt die 65-Jährige und lacht. Kommenden Mittwoch wird die langjährige Sekretärin das letzte Mal in offizieller Mission durch die Gänge des Marbacher Gymnasiums gehen, bevor für sie dann die ganz großen Ferien beginnen.

Auf ihren Ruhestand freut sich die Marbacherin. Denn zu tun gibt es viel. Vier Enkel sind bereits Mitglied der Familie, das Fünfte hat sich für Mitte August angekündigt. „Ich freue mich auf die Zeit, denn bei den inzwischen schon großen Enkeln hatte ich die Kindheit gar nicht so intensiv miterlebt“, sagt Anneliese Stiller. Die Arbeit im Sekretariat hat die Marbacherin in Beschlag genommen. Auch wenn die Schule vor 26 Jahren bei Weitem nicht so groß gewesen ist wie heute. Knapp 1000 Schüler wurden am Friedrich-Schiller-Gymnasium (FSG) damals unterrichtet. Heute sind es um die 2300 Jungs und Mädchen. Das Lehrerkollegium besteht nicht mehr aus 100, sondern aus knapp 200 Pädagogen. „Als ich angefangen habe, waren etwa zwei Drittel Männer und ein Drittel Frauen“, erinnert sie sich. „Heute ist das Verhältnis umgekehrt.“ Die Namen und die dazugehörigen Gesichter der Lehrkräfte zu kennen, ist das Einmaleins einer Schulsekretärin, sagt Stiller und schmunzelt.

Im Sekretariat arbeitete die 65-Jährige lange Zeit lediglich mit zwei Kolleginnen zusammen. Doch mit dem Zuwachs der Schüler sind auch die Anforderungen und Aufgaben gestiegen. Heute ist die FSG-Zentrale mit sechs Kräften besetzt. „Wir versuchen jeden, der reinkommt, wahrzunehmen und ernstzunehmen“, betont Stiller. Günter Offermann, der von den 26  Jahren 23 Jahre lang ihr Chef gewesen ist, habe die Schule als Dienstleister gesehen, dessen Aufgabe es ist, einen Lebensraum zu gestalten, in denen sich die Kinder wohlfühlen und sich entwickeln können.

Als Günter Offermann in den Ruhestand ging, reduzierte auch Anneliese Stiller ihre Stunden. Ein schwerer Unfall im Jahr zuvor ließ sie diese Entscheidung treffen. Wer die 65-Jährige kennt, weiß, wie engagiert und mit wie viel Herzblut sie für die Schule, aber vor allem für die Schüler da gewesen ist. „Jeder Tag war abwechslungsreich. Ich bin sehr dankbar, dass ich auf ein solch reiches Berufsleben zurückschauen kann“, sagt sie.

Die Vielfalt und die Begegnung mit Menschen aller Alters- und Berufsgruppen möchte sie nicht missen. „Es war immer etwas los. Der eine hat seinen Raum nicht gefunden, dem anderen war es schlecht – manchmal war es anfangs aber auch undefinierbar, was demjenigen auf dem Herzen liegt.“

Als schwierig hat die 65-Jährige immer die Situation empfunden, in denen sie die Verantwortung konkreter Entscheidungen gespürt hat. Einmal ist ein Schüler in einem Anfall von Vitalität mit dem Arm gegen eine Glastüre gelaufen. Die Blutspur hat sich quer durch die Aula gezogen. „Das ist dann ein Moment, in dem man kurz an seine Grenzen kommt“, erzählt Stiller. Oder als erst vor Kurzem ein Abiturient im Sekretariat ein Kreislaufkollaps erleidet und zusammenbricht. „Da überlegt man dann: Notarzt oder nicht.“

Der Abschied vom FSG fällt Stiller nicht ganz leicht – auch wenn sie sich auf den neuen Lebensabschnitt freut. „Es war ein Geschenk, in dem Team arbeiten zu können. Es gab eine große Verlässlichkeit und Umsicht im Umgang miteinander – und was ganz wichtig ist: Wir konnten immer miteinander lachen.“