Herbert Pötzsch ist immer noch meinungsstark, diskutiert über Lokalpolitik aber nur noch mit seiner Frau. Foto: Werner Kuhnle

Herbert Pötzsch wird 70 Jahre alt. Er steckt voller Energie, will aber nach und nach Ämter abgeben.

Marbach - Herbert Pötzsch sprüht vor Tatendrang. Er sagt hier schnell Hallo, schüttelt da kurz eine Hand und danach sogleich den Kopf, weil ihm eine Nachricht unbegreiflich erscheint. Kurzum: Der Marbacher Alt-Bürgermeister kommt alles andere als eingerostet daher, sondern wirkt fidel wie eh und eh. Dabei feiert der ehemalige Stadtchef und gebürtige Pforzheimer am Donnerstag, 6. April, schon seinen 70. Geburtstag. „Das hat für mich aber keine besondere Bedeutung. Ich habe im Moment keine Angst vor dem Älterwerden“, sagt Pötzsch. Zumal er nie mit Muffensausen durchs Leben gegangen sei. „Ich bin eher optimistisch“, betont er. Außerdem hofft Herbert Pötzsch, dass ihm seine guten Gene noch einige Jahre bescheren. Die Uroma und die Oma erreichten ein biblisches Alter, die Mutter ist auch schon jenseits der 90. Wenngleich ihm bewusst ist, dass das keine Garantie ist. Sein Bruder starb viel zu früh mit gerade einmal 60 Jahren.

Herbert Pötzsch steht hingegen mitten im Leben, hat weiter einen vollen Terminkalender. Politisch gefordert ist er als Kreisrat der Freien Wähler, für die er als ehemaliger Kreiskämmerer in Calw sein Knowhow im Verwaltungsausschuss einbringt. Zudem sitzt er im Aufsichtsrat der Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim gGmbH. „Das ist wichtig, damit Marbach eine Stimme hat“, erklärt der Jubilar. Herbert Pötzsch engagiert sich überdies in zahlreichen Vereinen. Beim Marbacher Alexanderkirchen-Verein und dem Pädagogisch-Kulturellen Centrum Ehemalige Synagoge Freudental gibt er sogar als Vorsitzender den Takt vor.

Der Alt-Schultes macht keinen Hehl daraus, dass er diese Aufgaben und die Verantwortung auch gebraucht hat nach dem Ausscheiden aus dem Amt. „So war es ein gleitender Übergang. Sonst wäre es vielleicht doch zu heftig gewesen“, sagt er, begleitet von einem herzlich-herzhaften, leicht glucksenden Lachen – dem Herbert-Pötzsch-Lachen. Am schwierigsten sei eigentlich die Phase direkt nach der Amtsaufgabe im Jahr 2013 gewesen. „Da ist der Bruch am größten, wenn man sich selbst auferlegt hat, nicht mehr in die Lokalpolitik reinzureden“, erklärt er. Manchmal brodele es auch in ihm. „Doch die Vernunft sagt: lass es sein.“ Wenn der meinungsstarke Alt-Schultes Themen aus Marbach diskutieren will, macht er das nur noch in den eigenen vier Wänden mit seiner Frau. Wobei der Drang, sich einzumischen, mit der Zeit ohnehin nachgelassen habe.

Herbert Pötzsch stellt auch klar, dass er nicht für immer und ewig seine Ämter ausüben will. „Ich möchte nicht der 80-jährige Vereinsvorsitzende sein. Alles hat seine Zeit. Es gibt Grenzen. Ich werde mich nach und nach von meinen Funktionen lösen“, erklärt er. Das gilt auch für den Kreisrat, für den er nicht mehr kandidieren wird. Im Müßiggang wird Herbert Pötzsch deshalb nicht versinken. So kann er sich vorstellen, mehr Kontakte zur Jugend zu knüpfen und vielleicht in einem Kindergarten etwas vorzulesen. Außerdem feilt der ehemalige Bürgermeister, der von 1997 bis 2013 in Marbach an der Spitze der Verwaltung stand, weiter an seinen Spanisch-Kenntnissen. Nach dem Ende seiner Amtszeit fing er damit an, die Sprache zu büffeln. Dabei musste er aber feststellen, dass es sich nicht mehr so leicht lernt wie früher.

An seinem Englisch muss Herbert Pötzsch indes nicht mehr arbeiten, das beherrscht er aus dem Effeff – und kann so nach wie vor die Kontakte in die amerikanische Partnerstadt Washington in Missouri pflegen. Dazu sind die Pötzschs mit einer Familie aus den Vereinigten Staaten eng befreundet, die sie über einen USA-Austausch der Tochter vor etlichen Jahren kennen gelernt haben. Doch über den großen Teich ist Herbert Pötzsch das letzte Mal vor sechs Jahren geflogen. Momentan juckt es ihn auch viel eher, in die andere Richtung aufzubrechen und eventuell Australien oder Neuseeland zu bereisen. „Aber feste Pläne gibt es da nicht.“

Bedauerlich findet der 70-Jährige, dass er auf den von ihm so geliebten Bergsport verzichten muss. Der Rücken zwickt zu sehr. „Eine Hochtour mit einem 15-Kilogramm-Rucksack geht nicht mehr“, sagt er. Dafür hält er sich mit Fahrradtouren, im Fitnessstudio und Spaziergängen in Form.

Für solche Dinge wird sicher keine Zeit sein, wenn Pötzsch am Samstag in der Stadthalle mit Freunden und Familie nachträglich auf den 70. anstößt. Die meisten der Gäste werden dann einen kurzen Anreiseweg haben, weil sie aus Marbach und Umgebung kommen. Zum 50. Geburtstag sei das noch anders gewesen, erinnert sich der Alt-Schultes. Damals habe die Festgesellschaft zu 90 Prozent aus Pforzheimern bestanden. Diese Zahlen zeigen auch, wie sehr Herbert Pötzsch und seine Frau Christa inzwischen in Marbach verwurzelt sind. „Wir fühlen uns hier wohl, haben einen Freundeskreis aufgebaut“, sagt der Jubilar.