Der längste Prozess in der Geschichte des Amtsgerichts ist zuende. Foto: dpa

Prozess ist am Mittwoch überraschend geendet.

Marbach/Affalterbach - Der längste Prozess in der Geschichte des Amtsgerichts Marbach um den Betrug am Daimler-Dienstleister HWA ist am Mittwoch überraschend zu Ende gegangen. Auf Initiative von Staatsanwalt Christoph Klein zeigte sich der angeklagte Urs B. an diesem 14. Verhandlungstag bereit, einzugestehen, dass er einen Fehler gemacht hat. Das Schöffengericht verurteilte den 52-Jährigen daraufhin wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung sowie einer Wiedergutmachungszahlung von 100 000 Euro.

Im Jahr 2015 hatte der Schweizer Staatsbürger mit seiner auf Zypern beheimateten Firma UBFS invest zwei Sponsoringverträge mit der HWA AG in Affalterbach über insgesamt 4,3 Millionen Euro abgeschlossen und Werbeleistungen in Anspruch genommen, jedoch nicht die vereinbarten Zahlungen dafür geleistet. Die HWA AG mit Sitz in Affalterbach verantwortet im Auftrag von Mercedes-Benz Motorsport die Deutsche Tourenmeisterschaft DTM. „Sie sind selbst getäuscht worden, das haben das Gericht und auch die Staatsanwaltschaft wiederholt deutlich gemacht“, wandte sich die Vorsitzende Richterin, Ursula Ziegler-Göller, in der Urteilsbegründung direkt an den Angeklagten, der sichtlich um Fassung rang und nun wenige Tage vor seinem Geburtstag aus dem Gefängnis kommt.

Er sei tatsächlich davon ausgegangen, dass ein italienischer Geschäftsmann ihm 100 Millionen Euro zu Investitionszwecken zur Verfügung stelle, so der Angeklagte. „Dafür bezahlten Sie diesem 170 000 Euro, schlossen den Sponsorenvertrag ab, doch aus Italien kam kein Geld“, sagte Ursula Ziegler-Göller weiter. Auch bei der HWA „blinkten die Dollarzeichen in den Augen, weshalb Nachforschungen unterblieben. Insofern liegt ein gewisses Mitverschulden vor.“

Der frühere Hochschuldozent und Berufspilot hat nach Überzeugung der Richterin und ihrer beiden Schöffen dem eigentlich Verantwortlichen, dem Geschäftsführer der HWA AG, Ulrich Fritz, erst lange nach Abschluss des Vertrages – und damit auch viel zu spät – gesagt, dass er noch nicht über das Geld verfügt und somit die vertraglich vereinbarten Zahlungen gar nicht erfüllen kann.Zu Gunsten des Angeklagten wertete das Gericht nun das Eingeständnis sowie die Zahlung von 100 000 Euro an Schadenswiedergutmachung innerhalb von zwölf Monaten. Darüber hinaus habe die lange Untersuchungshaft von einem Jahr den Angeklagten beeindruckt und auch gezeichnet. „Sie werden sich künftig fünf Mal überlegen, mit wem Sie einen Vertrag schließen und was für Geschäfte Sie eingehen.“

Deutliche Worte fand die Direktorin des Marbacher Amtsgerichts zudem zum Zeitmanagement des Prozesses: „Ich habe kein Verständnis dafür, dass das Verfahren drei Monate am Landgericht lag, obwohl es um eine Haftsache ging, und das Verfahren dann mitten in den Sommerferien nach unten beim Amtsgericht eröffnet wurde.“

Und in Richtung des Angeklagten machte sie außerdem deutlich: „Mit der heutigen Einsicht hätten Sie dieses Urteil bereits im September haben können!“