Diesel, sauberer als jeder Benziner, lautete eine zentrale deutsche Antwort auf die Frage nach der Zukunft der Mobilität. Foto: MZ

Zwei Hightech-Firmen der Region gehen in Insolvenz, die Autoindustrie ist stark unter Druck. Was nun?

Marbach/Bottwartal - Es könnte einem schon angst und bange werden, wenn man sich die Hiobsbotschaften nacheinander ins Gedächtnis ruft, mit denen unsere Gegend als derzeit noch extrem erfolgreicher Wirtschaftsstandort konfrontiert ist, sowohl kurz-, als auch langfristig: Die heimische Autoindustrie, die sich auf das von vielen Wissenschaftlern vorhergesagte Ende des Ottomotors vorbereiten müsste, hat ganz offenbar aufs falsche Pferd gesetzt. Diesel, sauberer als jeder Benziner, lautete eine zentrale Antwort auf die Probleme der Luftverschmutzung und die Frage nach der Zukunft der Mobilität.

Während diese Herausforderung zuletzt besonders ins Blickfeld geraten ist durch die Diskussion über Maßnahmen gegen die Schadstoff- und Lärmbelastung vor unserer Haustüre, beherrschten aber noch weitere wirtschaftliche Fehlschläge die Schlagzeilen für Neckar-, Murr- und Bottwartal: UBC in Murr und Hirth Motoren in Benningen haben kurz nacheinander ihre drohende Zahlungsunfähigkeit beim Amtsgericht angezeigt. Insolvenzverwalter haben jetzt in beiden Hightech-Unternehmen das letzte Wort. Vor allem die ohne Investor drohende Schließung von Hirth lässt aufhorchen, ist hier doch vor Jahren schon ein chinesischer Konzern eingestiegen, der jetzt offenbar den Geldhahn zugedreht hat.

Chinesische Firmen kaufen sich allgemein derzeit im großen Stil bei deutschen Mittelständlern ein – manche sagen, sie machten dies vor allem, um Know-how „abzusaugen“. Eher chinanahe Experten erwidern, inzwischen seien chinesische Investitionen viel nachhaltiger orientiert. Wie dem auch sei: Chinesische Geldspritzen für schlingernde oder am Abgrund stehende Unternehmen wie Hirth, sind ein Zeichen, dass sich die Gewichte – sowohl politisch wie wirtschaftlich – weltweit verschieben. Nicht umsonst ist vielfach vom „asiatischen Jahrhundert“ zu hören.

Sind auch große heimische Auto- und Zulieferfirmen bald in chinesischer und asiatischer Hand? Vieles deutet darauf hin, etwa der Einstieg des Investors Li Shufu beim „Daimler“. Shufus Firma Geely kaufte auf einen Schlag zehn Prozent der Anteile. Was bedeutet das für uns? Mit verzagtem, oft aus Verlustängsten gespeisten Denken werden wir nicht weiterkommmen. Die schwäbischen Pioniere Daimler und Bosch wären mit dem krampfhaften Festhalten an der zu ihrer Zeit bewährten Mobilität – Pferdefuhrwerken – längst vergessen. Was spricht dafür, dass die Pferdefuhrwerke von heute – Ottomotor und Diesel – uns den Weg in die Zukunft weisen? Es ist wohl eher nicht der richtige Weg. Wenn wir wirtschaftlich erfolgreich bleiben wollen in der vierten industriellen Revolution, angetrieben durch die Digitalisierung, brauchen wir mehr Mut und Pioniergeist. Dass im großen Umbruch viele auf der Strecke bleiben werden, darf uns nicht verzagen lassen.