Der sechste Versuch hat endlich ein positives Ergebnis gebracht. Foto: Cornelia Ohst

Der Wunsch nach einem Kind kann groß sein – ebenso wie die Frustration, wenn sich der Wunsch nicht erfüllt

Großbottwar - Paare, die sich Kinder wünschen, bei der Erfüllung des Wunsches aber scheitern, haben eines gelernt: mit Frustration umzugehen. Auch Heike Lüttke (der Name wurde von der Redaktion geändert) kennt diesen Umstand nur zu gut. Die in Großbottwar lebende junge Frau erzählt im Gespräch mit unserer Zeitung, was sie die vergangenen beiden Jahre gemeinsam mit ihrem Mann durchgemacht hat, um den Wunsch, Nachwuchs zu bekommen, real werden zu lassen. „Für viele Paare, bei denen das Kinderbekommen problemlos klappt, ist es gar nicht vorstellbar, was es bedeutet, das Lebenskonzept komplett neu für sich zu überdenken“, sagt die 35-Jährige, die sich so sehnlichst ein Kind wünscht. Sie weiß, dass es für viele Frauen die natürlichste Sache der Welt ist, schwanger zu werden. Und genau aus diesem Grunde fühlte sie sich zunehmend ausgegrenzt. Fragen wie: „Warum gerade ich, warum nur bei uns?“ würden rasch immer lauter ins Bewusstsein dringen, wenn rund um sie herum Freundinnen, Verwandte und Bekannte ihre Schwangerschaft verkündeten. „Es ist nicht leicht, sich die frohe Botschaft anzuhören. Und mir ist es bestimmt nicht immer gelungen, mich aus ganzem Herzen mitzufreuen“, reflektiert die Frau ehrlich.

Dennoch oder gerade deswegen empfiehlt sie, kein Tabu daraus zu machen, wenn es mit der Empfängnis einfach nicht klappe. „Natürlich haben wir das nur mit der Familie sowie mit guten Freunden thematisiert“, beschreibt Heike Lüttke die Vorgehensweise, bei der sie erkannt hat, dass es unterschiedliche Reaktionen gab. „Im Allgemeinen erlebten wir eine große Welle des Mitgefühls“, erinnert sie sich. Aber es habe auch unsensiblere Reaktionen gegeben, die sie sogar aus ihrer eigenen Gedankenwelt kennt. „Ich habe früher auch mal so gedacht“, gesteht sie, die sich Jahre später Ratschläge wie diese anhören musste: „Entspannt Euch und fahrt einfach mal in Urlaub“ oder „Versteift Euch doch nicht darauf und konzentriert Euch auf was anderes“.

Doch das Paar hat schnell erkannt, dass all das nicht funktioniert: „Es wird einfach zum Lebensthema“, sagt Heike Lüttke, die froh darüber ist, dass die Jahre des Wartens und der Kinderlosigkeit wenigstens nicht die Beziehung zu ihrem Mann belastet hätten. „Im Gegenteil. Uns hat es einander eher noch näher gebracht und es hat zu mehr Rücksicht geführt. Wir gehen achtsamer miteinander um und haben gelernt, die Zeit als Paar bewusster zu genießen. Und zu erleben, dass dies eben auch ohne Kinder geht.“

Trotzdem haben die Lüttkes nicht locker gelassen, als sich die Jahre nach ihrer Heirat immer noch kein Kind angekündigt hat. Zuerst jedoch wurde eine falsche Behandlung eingeleitet, die keinerlei Erfolg brachte. Die Krankenkasse drängte schließlich auf eine Bauchspiegelung, die erst 2016 die richtige Diagnose brachte: Die Eileiter der Frau waren verschlossen. Die Chance, ein Kind zu gebären, bot sich für das Paar somit nur noch über die künstliche Befruchtung. „Jeder sollte sich das gut überlegen“, empfiehlt Heike Lüttke, denn eine Achterbahn der Gefühle bestimme die folgende Zeit. Außerdem fänden die nötigen Eingriffe immer unter Narkose statt und der Körper unterliegt dem Einfluss von Hormonen und Medikamenten.

Nach drei erfolglosen Versuchen setzte sich das Paar mit den behandelnden Ärzten der Kinderwunschklinik zusammen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. „Sechs Versuche machen durchaus Sinn“, meinten diese. Die weiteren drei Versuche aber mussten komplett aus eigener Tasche gezahlt werden. „Nach dem fünften künstlichen Befruchtungsversuch war ich an einem Punkt, an dem ich mich von dem Gedanken, Mutter zu werden, fast verabschiedet hatte. Ich hatte Angst, immer wieder Hoffnung zu schöpfen und unsere Hilflosigkeit steigerte sich. Das Psychische steht irgendwann im Vordergrund und die Frage: Wie soll ich die nächste Enttäuschung verkraften?“, erzählt die Betroffene, die schließlich nahezu hoffnungslos in den sechsten und definitiv letzten Versuch gegangen ist. „Wir wollten uns später keine Vorwürfe machen. Aber es war uns klar, dass wir danach den Absprung finden und mit dem Thema endgültig abschließen müssen“. Für die Lüttkes war es die richtige Entscheidung. Der sechste Versuch brachte das lang ersehnte positive Ergebnis. Das Paar darf sich nun auf sein Kind freuen. Die Angst aber begleitet dieses Wissen. „Ich getraue mich noch nicht richtig, die Freude zuzulassen“, sagt Heike Lüttke, die weiß, dass künstliche Befruchtungen oft auch Risikoschwangerschaften darstellen.