Die Schüsse auf Lokale in Großbottwar beschäftigen die Justiz. Foto: dpa

Die Verhandlung gegen den Mann, der mit einer Pumpgun auf Gaststätten gefeuert haben soll, geht weiter. Ein Suchtexperte hat sich nun zu dem Fall geäußert.

War die Schuldfähigkeit des wegen versuchten Totschlags angeklagten Unternehmers aus Großbottwar bei der Tat aufgrund seiner Alkoholisierung erheblich vermindert? Mit dieser Frage beschäftigte sich der Suchtexperte Dr. Thomas Heinrich in seinem Gutachten. „Bei einem Alkoholrausch kommt es nicht selten zu inselartigen Lücken in der Erinnerung, wie sie der Angeklagte bei sich beschrieb“, erläuterte er am Dienstag vor der 1. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Heilbronn. Angesichts seiner langjährigen Gewöhnung an Alkohol sei es allerdings komisch, dass die Lücken so groß seien. Mit diesem Fazit des psychiatrischen Gutachtens schloss die Kammer nach drei Verhandlungstagen die Beweisaufnahme ab. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 37-jährigen Schlossermeister vor, mit einer Pumpgun fünf Schüsse auf zwei Lokale in Großbottwar abgefeuert zu haben, in denen er zuvor noch ausgiebig gefeiert und getrunken hatte. Für den Sachverständigen ebenso wie für die ermittelnde Polizistin blieb letztlich unerklärlich, welches Motiv dem Ausraster des Angeklagten zugrunde lag. Nach den Vernehmungen der Zechkumpanen bei der Polizei schien zunächst der vermeintlich im Stammlokal gestohlene Geldbeutel des Angeklagten der Auslöser für seinen Ärger gewesen zu sein. Für die Ermittler ergab es jedoch keinen Sinn, dass er den Geldbeutel später vor seiner Haustür fand, dennoch zum Lokal zurückkehrte und drohte, „alle abzuknallen“ und „den Laden zusammenzuschießen“ – und dies in die Tat umsetzte.

Eine zweite Variante ergab sich erst Monate später, als die Bedienung im Stammlokal – und heimliche Geliebte des Angeklagten – sich zu einer zweiten Aussage bei der Polizei meldete. Da offenbarte sie die erst wenige Wochen zuvor beendete Affäre, weil der Angeklagte mit seiner langjährigen Lebensgefährtin Nachwuchs erwartete und befürchtete, selbst Ziel des Anschlags gewesen zu sein. Dies passt der Ermittlerin zufolge jedoch nicht zu dem fünften Schuss, den der Angeklagte auf ein anderes Lokal abfeuerte. Nachdem am frühen Morgen des 20. Juni 2015 bei der Polizei mehrere Notrufe eingingen, stürmte ein Sondereinsatzkommando die Wohnung und nahm den Angeklagten im Schlafzimmer fest. Im Sofa stellte die Spurensicherung die Tatwaffe mit noch einer von sechs Patronen sowie einen Karabiner aus dem Zweiten Weltkrieg sicher. Im Untergeschoss stießen die Beamten auf zwei weitere Waffen nebst Munition, alles illegale Waffen, die der Angeklagte gegen einen Kredit von einem nicht genannten Freund erhalten haben will.

Die ersten Schüsse aus der Pumpgun fielen, als die Bedienung und der Wirt gerade aufräumten. Zwei durchschlugen Rollläden und Fenster des Lokals und hinterließen faustgroße Löcher und zahlreiche Einschläge im Inneren. Das begutachteten die Prozessbeteiligten anhand von Tatortfotos. Zwei weitere Schüsse trafen auf die hölzerne Eingangstür und zersplitterten das Türblatt. Die beiden flüchteten in Panik in einen Nebenraum und blieben körperlich unverletzt. Der Prozess wird am Freitag mit den Plädoyers fortgesetzt.