Sowohl in der Kernstadt wie in Hof und Lembach entsteht Wohnraum. Foto: Archiv (dpa)

Der Gemeinderat hat entschieden, wo in der Stadt neuer Wohnraum geschaffen werden soll.

Großbottwar - Das Interesse an einer Gemeinderatssitzung in Großbottwar ist lange nicht mehr so groß gewesen wie am Mittwoch. Rund 70 Bürger waren gekommen – und damit mehr als im Sitzungssaal Stühle vorhanden sind. Manch einer verfolgte das Geschehen im Stehen, andere setzten sich auf den Boden. Der Grund für den Andrang: Der Gemeinderat fällte eine Grundsatzentscheidung, wo in der Stadt Baugebiete erschlossen werden sollen, die über den Flächennutzungsplan hinausgehen. Ein Vorhaben, das ein neuer Paragraf im Baugesetzbuch ermöglicht und das den immensen Bedarf an Wohnraum vermindern soll. Die Stadtverwaltung hatte darüber erstmals im Juni bei einer Bürgerversammlung informiert.

Seitdem sind Gespräche mit den Grundstückseigentümern geführt worden. Die Resonanz in den potenziellen Gebieten fiel unterschiedlich aus, wie der Stadtplaner Manfred Mezger, Geschäftsführer des Stadtentwicklers m-quadrat, erläuterte. Schwierig wäre eine baldige Verwirklichung daher an der Lückestraße in Winzerhausen sowie im Langgewänd II Ost in Hof und Lembach. Anders ist die Lage im benachbarten Langgewänd II West sowie im Gebiet Braunersberg IV in Großbottwar, wo die Stadtverwaltung auf Mitwirkungsbereitschaft getroffen ist.

Entsprechend fielen die Entscheidungen des Rats aus: Sowohl Braunersberg IV (einstimmig) als auch das Langgewänd II West (drei Gegenstimmen von der Aktiv-Fraktion, eine Enthaltung) gehen in Planung. „Das ist aber nur der Startschuss und heißt noch nicht, dass sie auch umgesetzt werden können“, machte Mezger deutlich. Genaueres würden die nächsten Schritte zeigen. Wenn es also auch darum geht, die Interessen im Bebauungsplanverfahren abzuwägen. Verzichtet werden könnte dabei auf die Bürgerbeteiligung – was aber nicht geplant ist. Im Gegenteil: „Wir wollen das Thema früh nach außen tragen. Alles andere wäre Blödsinn“, so Mezger.

Nicht mehr auf der Agenda steht vorerst neben dem Langgewänd II Ost in Hof und Lembach die Lückestraße in Winzerhausen. Die Stadt hatte bei Zweiterem vorgeschlagen, noch mal in Eigentümerverhandlungen zu gehen. Das lehnten neun Räte der CDU, SPD und von Aktiv ab. Dem standen sieben Ja-Stimmen der Freien Bürgerlichen Wählervereinigung (FBWV) gegenüber. Winzerhausen ist also außen vor. Ein kleines Gebiet an der Lückestraße, das Teil des Flächennutzungsplans ist, könnte langfristig dennoch angegangen werden.

Unabhängig davon sprach Andreas Strohm für die CDU von einem „guten Tag für Großbottwar“. Gut, weil es die Chance gebe, die Stadt in moderatem Umfang an Wohnfläche weiterzuentwickeln. „Es gibt viele, die seit Jahren einen Bauplatz suchen“, so Strohm, der deshalb möglichst viele Flächen in die Planung aufnehmen wollte. Der CDU-Antrag, auch das Langgewänd II Ost weiterzuverfolgen, wurde aber bei neun Gegenstimmen abgelehnt. Thomas Stigler (FBWV) begründete das mit der ursprünglichen Marschroute, dass nur dort geplant wird, wo alle Eigentümer mitmachen. Dies sei im Langgewänd II Ost nicht gegeben. „Und an unseren Beschlüssen sollten wir festhalten.“

Die Diskussion nahm Fahrt auf, als Thomas Haag (Aktiv) die Glaubwürdigkeit des Gemeinderats in Frage stellte – schließlich versuche man seit Jahren, die „Südweststadt“ am Friedhof zu verwirklichen. Jetzt komme man plötzlich mit neuen Gebieten. Zudem würden in Baden-Württemberg am Tag 7,9 Hektar versiegelt, 2016 seien es 3,5 gewesen. „Wo ist das ein guter Tag?“, so Haag. Er plädierte dafür, beim Flächennutzungsplan zu bleiben „und keine neuen Fässer aufzumachen“. Doris Daniel entgegnete für die SPD, dass ein Planungsstopp „nicht in Frage“ komme. Gerade weil die Schulen saniert werden und deren Bedarf durch die Ansiedlungen weiter gegeben sei. Wichtig sei ihrer Fraktion, dass bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird.