Bestimmte Gegenstände helfen den Dementen beim Erinnern. Foto: Demenzgruppe

Im evangelischen Gemeindehaus in Großbottwar werden donnerstags altersverwirrte Menschen betreut. Gemeinsam wird beispielsweise mit originalgetreuen Utensilien gekocht.

Großbottwar - Jeden Donnerstag von 14 bis 17 Uhr findet im Gemeindehaus Großbottwar, Gartenstraße 1, ein Betreuungsnachmittag für demenzkranke Menschen statt. Drei ausgebildete Fachkräfte mit tollen Ideen teilen sich die Leitung der Nachmittage. Unterstützt werden sie durch geschulte ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Nachmittag ist mit Singen, Spielen, Gesprächen, leichter Sitzgymnastik, Rhythmik und viel Spaß verbunden. Man muss nichts können, jeder Gast wird so angenommen, wie er an diesem Tage gerade ist! Gerne holen wir unsere Gäste mit unseren Fahrzeugen ab und bringen sie nach 17 Uhr wieder nach Hause.

Was passiert so in unserer Gruppe: Gerne hätten wir mit unseren Gästen noch einmal zum Sommerende das freundliche Eiscafé im Städtle besucht. Nun hinderte uns nicht der Regen an diesem verlockenden Vorhaben, sondern die Hitze machte unseren Gästen zu schaffen. Also bestiegen wir kurzerhand den „Zeitzug der Erinnerung“ und rauschten mit Volldampf in „Omas Küche“, wie sie so um 1900 bis circa 1950 üblich war.

Anhand zahlreicher gesammelter Objekte fiel es uns nicht schwer, in diese Zeit einzutauchen. Schnell stellte sich heraus, dass unsere Männer mit „Küche“ gar nichts am Hut hatten. „Des hat mai Mudder oder mai Frau gmacht!“, war häufig die Antwort. Sie erzählten aber, wie gerne sie am Morgen das Schüssele mit heißem Rasierwasser aus dem Schiffchen im Kohleherd entgegennahmen, der von der Frau natürlich schon frühzeitig angeheizt worden war.

Bohnenkaffee gab es nicht zum Frühstück in der Woche. Milch warm, direkt von der Kuh, gemahlene, geröstete Gerste aufgebrüht, das war üblich. Unsere Kaffeemühlen, sogar eine noch aus Gusseisen, hatten Aufforderungscharakter.

Schnell wurden sie zwischen die Beine geklemmt und betätigt, was mit lautem Ächzen und Stöhnen verbunden war. Der frische Kaffeeduft erinnerte uns an die alte Melittazeit, an die Zichorie der Firma Franck in Ludwigsburg, an den guten alten Lindes und Kathreiner.

Vom Kaffee kamen wir schnell zu den Waffeln. Früher wie heute ein beliebtes Gebäck. Unsere älteste Dame mit 93 Jahren konnte sich noch gut anhand eines Waffeleisens von 1900 erinnern, wie diese im Kohleherd gebacken und gewendet wurden. Beim Entdecken des „Spätzlesdrückers“ leuchteten mehr oder weniger die Augen unserer Herren. Denn hier mussten sie tatsächlich manchmal ran, um ihre Kraft zu Verfügung zu stellen, wenn der Teig recht fest war.

Ja, die Mutter und Großmutter in alten Zeiten, in ihrer blau geblümten Schürze, mit der sie Tränen und triefende Nasen abwischte, hochgeschürzt Äpfel und Eier einsammelte, war aus unserer heutigen Sicht nicht zu beneiden. Voller Hochachtung und Wertschätzung haben wir Mitarbeiter den Erzählungen der Gäste gelauscht und uns gefragt, wie gut war die „gute alte Zeit“?

Wir vom „Lichtblick“ beschäftigen uns gerne mit den Lebensthemen unserer Gäste. Ein guter, selbst gebackener Kuchen ist oftmals die Krönung des schönen Nachmittages. Jeder, der einmal ganz unverbindlich vorbeikommen möchte, ist herzlich eingeladen. Gerne sind uns auch Interessenten willkommen, die sich vielleicht eine Mitarbeit bei der Betreuung vorstellen könnten.

Weitere Auskünfte erhalten Sie unter der Telefonnummer 0 71 48 / 13 84 (Frau Jung) oder unter der Nummer 0 71 48 / 64 44 (Diakoniestation).