Foto: Werner Kuhnle

Nester in Großbottwar sind wieder so präpariert worden, dass sie Störche anlocken müssten. Ob es dieses Mal funktioniert, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.

Großbottwar - Wenn die Störche auch in diesem Jahr einen Bogen um Großbottwar machen und lieber anderswo brüten, kann es an einem nicht liegen: dass Nistgelegenheiten fehlen. Vier gibt es davon nämlich inzwischen über die Gemarkung verteilt. Neu hinzugekommen ist ein Nest auf einer Scheune im Sauserhof. Unter der Regie des Experten Dieter Fischer wurde es gestern montiert. Bereits seit Längerem haben die Vögel die Möglichkeit, sich auf dem Rathaus in der Kernstadt, der Kelter in Winzerhausen und einer Scheune beim Holzweilerhof niederzulassen. Weil das allein anscheinend nicht reicht, macht Fischer den Störchen die Wiederansiedlung mit einer List schmackhaft. Er lässt Branntkalk rund um die Nester herum verspritzen. Das Kot-Imitat soll den Tieren vorgaukeln, dass sich ein Artgenosse bereits heimisch fühlt – womit andere Störche eher auf die Idee kommen, ebenfalls sesshaft zu werden.

Diesen Trick wendete der Winzerhäuser auch gestern wieder an, also rechtzeitig zur Rückflugsaison der Störche. Besonders intensiv kümmerte sich der ehemalige Geschäftsführer des Erlebnisparks Tripsdrill heuer um die Vorrichtung auf dem Dach des Rathauses in Großbottwar. „Wir wollen ran ans Nest und schauen, ob man es richten muss“, erklärte Dieter Fischer. Deshalb genügte es dieses Mal auch nicht, sich mit der Drehleiter der Feuerwehr nach oben hieven zu lassen. Die wäre dafür einen Tick zu kurz gewesen. Stattdessen wurde ein Steiger aus Ottmarsheim angefordert, der Dieter Fischer und seine Helfer vom städtischen Bauhof 30 Meter nach oben und direkt zur Nistgelegenheit beförderte. So schlimm wie befürchtet sah es dort dann aber gar nicht aus. Die Vorrichtung musste nur mit Reisig, Baumschnitt, Schilf und Liguster frisch präpariert werden. Dazu kamen ein paar tüchtige Spritzer Branntkalk. Eine umfangreiche Reinigung, wie anfangs angedacht, war jedenfalls nicht nötig.

Nach der Aktion am Rathaus ging es weiter in die Stadtteile, um die anderen Nester auf der Gemarkung für den Anflug der Störche vorzubereiten beziehungsweise überhaupt erst anzubringen. Ob das Ganze Früchte trägt, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Dieter Fischer ist jedenfalls zuversichtlich, dass es heuer klappt mit der Wiederansiedlung des Großbottwarer Wappentiers. „Die Chancen sind gut. Und ich hoffe, dass es funktioniert“, sagte er. Der Lebensraum sei so, dass die Vögel hier heimisch werden könnten. Das gelte auch für die Gegend rund um Hof und Lembach. „Ich habe die Umgebung vor zwei Wochen inspiziert. Dort bietet sich ein Nest an“, erläuterte Fischer, der seit Kindertagen ein Faible für den Adebar hat.

Auch Ute Reinhard ist überzeugt davon, dass die Chancen „ganz gut stehen“, dass die Vögel in Großbottwar ihre Zelte aufschlagen. Und wer, wenn nicht sie als Weißstorchenbeauftragte des Landes muss das einschätzen können. „Man darf nur nicht so ungeduldig sein“, mahnt sie und erinnert daran, dass es im vergangenen Jahr im Kreis Ludwigsburg schon mit einer Neuansiedlung hingehauen hat. Und zwar in Horrheim. Für eine Rückkehr des Adebars nach Großbottwar spreche zudem, dass die Storchen-Population in Baden-Württemberg insgesamt auf dem aufsteigenden Ast ist. Insofern wächst der Druck auf die Tiere, sich neues Terrain zu erschließen – was sie irgendwann bis ins Bottwartal führen könnte. Ute Reinhard kann ihre These auch mit Zahlen unterfüttern. So seien 2013 in Baden-Württemberg 700 Brutpaare gezählt worden, im vergangenen Jahr waren es schon 800. „Im Allgäu hat sich einiges getan, aber auch im Ostalbkreis gab es zwei neue Besiedlungen“, nennt die Fachfrau zwei Beispiele, wo die Vögel neuerdings Zuhause sind.

Welche Reviere in diesem Jahr erstmals in Beschlag genommen werden, weiß Ute Reinhard bald. Der Rückflug aus den Winterquartieren im Süden hat nämlich schon begonnen. „Der erste Schwung ist da“, sagt sie. Speziell in Oberschwaben und im Rheintal. Mit der nächsten Schönwetterphase dürfte im März die nächste Welle eintreffen, prognostiziert die Tierfreundin. Sie kann sich aber vorstellen, dass man sich im Bottwartal noch etwas länger gedulden muss. „Neue Nester werden manchmal erst im April besiedelt“, sagt Ute Reinhard. Den Großbottwarern wird es Jacke wie Hose sein. Hauptsache, die Störche brüten überhaupt wieder.