Die Musiker spielen eine gelungene Mischung aus Country, Bluegrass, Blues und Südstaatenrock Foto: Werner Kuhnle

Die US-Band „Modern Earl“ hat einen energiegeladenen Auftritt hingelegt.

Großbottwar - Die gute Nachricht vorweg: Das Dach der Gemeindekelter in Hof und Lembach wurde nicht weggepustet, und auch die Mauern haben keine Risse bekommen. Eine zumindest vorübergehende andauernde Schwerhörigkeit der geschätzt knapp 200 Besucher, darunter auch die Bürgermeister aus Beilstein und Oberstenfeld, in der zu gut drei Vierteln gefüllten Kelter kann dagegen nicht ausgeschlossen werden. Denn die Lautstärke des Auftritts von „Modern Earl“, einer Band aus den amerikanischen Südstaaten, hätte vermutlich auch ausgereicht, um die Stuttgarter Schleyerhalle zu beschallen. Tilo Schumacher von der „Initiative Blues im Bottwartal“, die im nächsten Jahr bereits die 20. Veranstaltung organisiert, hatte schon vorab gemeint: „Heute hat’s Druck auf dem Kessel!“ und damit Recht behalten.

Ungeachtet dessen war die Stimmung gut, und etliche Besucher schafften es sogar, sich nebenher zu unterhalten. Die meisten zogen es allerdings vor, mitzuwippen oder gar zu tanzen, wobei es überraschend war, dass unter den Tänzern, anders als sonst, die Männer in der Mehrheit waren.

Die Lautstärke war umso bedauerlicher, als die Band sie eigentlich nicht nötig gehabt hätte. Der Auftritt sprühte auch so vor Energie. Und so dauerte es auch nicht lang, bis sich Frontmann Christofer „Earl“ Hudson, Leadsänger, Gitarrist und Songschreiber, erstmals mit dem Handtuch die Stirn abwischte und dazu trocken kommentierte: „Cool room!“ Bei Leadgitarrist und Banjospieler Ethan Schaffner dauerte es dagegen etwas länger, bis der Schweiß strömte, obwohl er neben dem Gitarrenspiel her immer wieder akrobatische Übungen absolvierte. Wie gut die beiden stimmlich mit dem dritten Sänger und Bassgitarristen Ben Hunt harmonierten und dass sie überhaupt gesanglich einiges draufhaben, konnte man allerdings nur bei den kurzen a-cappella-Episoden richtig gut hören – halbe Lautstärke, doppelter Hörgenuss.

Auch ihre Instrumente beherrschten die vier Musiker – Schlagzeuger Dan Telander ist der Vierte im Bunde – perfekt, wechselten je nach Song zwischen Banjo und Gitarre oder elektrischer und akustischer Gitarre, die Hudson mittels eines über den Finger gezogenen „Bottlenecks“ zu einer Slide-Gitarre mit dem typisch bluesigen Sound umfunktionierte oder die Saiten auch mal so rasend schnell schrubbte, als ob er ein Waschbrett statt einer Gitarre bearbeitete.

Die Titel waren eine nicht leicht zu beschreibende, aber eingängige Mischung aus rockigem Country, fetzigem Bluegrass und seelenvollem Blues, kräftig abgeschmeckt mit einer gehörigen Prise Südstaatenrock. Gerne ließ sich das Publikum nicht nur zum rhythmischen Klatschen, sondern auch vereinzelt zum Mitsingen animieren und huldigte so lautstark beispielsweise der Hinterwäldler-Elisabeth, auf Englisch „Backwoods Betty“ – oder zumindest etwas, das so ähnlich klang. Denn wegen der übermäßigen Lautstärke waren die Titel oder die Texte oft nur schwer zu verstehen; das, was trotz klingelnder Ohren ankam, war aber oft männlich-kernig wie beim Sommerlied „Catfish and Titties“ oder der an Götz von Berlichingen angelehnten Einladung „kiss my ass“ in einem anderen Song. Südstaatenrocker sind halt keine Softies, sondern echte Kerle mit „Whiskey on the Table“. Und damit kamen sie bei den Besuchern richtig gut an.