Moderator Nikolai Forstbauer mit den fünf Diskussionsteilnehmern Timo Salzer, Adrian Pfahl, Linda Mack, Kim Naidzinavicius und Foto: avanti

Fünf Bundesliga-Profis plaudern bei „Handball im Gespräch“ aus dem Nähkästchen.

Großbottwar - Der Satz „Handball bestimmt unser Leben“ trifft auf die Fünf, die am Freitagabend in den Räumlichkeiten der Bottwartaler Winzer im Rahmen von „Handball im Gespräch“ der Freunde und Förderer des Handballs in Württemberg stehen, definitiv zu. Aber nicht nur zu ihnen passt dieser Satz. Jeder aktive Handballer kann sich mit ihm wahrscheinlich identifizieren. Warum er aber von Adrian Pfahl, Timo Salzer, Linda Mack, Antje Lauenroth und Kim Naidzinavicius stammen könnte, macht Moderator Nikolai Forstbauer gleich zu Beginn des Abends klar. „Wir haben hier drei Deutsche Meisterinnen, zwei Supercup-Siegerinnen, Nationalspieler und aktive Bundesliga-Akteure – da dreht sich enorm viel um den Sport“, erklärt er den rund 40 Anwesenden und steigt sofort in die Fragerunde ein, die einen Einblick in das Leben der Sportler geben soll – und es auch tut.

Zum Teil humorvoll, zum Teil ganz ernst diskutieren die Sportler mit dem Moderator und machen dabei vor allem eins klar: „Handball ist ein sehr ehrlicher Sport. Die Leute sind alle auf dem Boden geblieben“, erklärt Linda Mack, Deutsche Meisterin mit der SG BBM Bietigheim und Neuzugang der Neckarsulmer Sport-Union. „Die Summen, die im Fußball gezahlt werden, sind ganz andere. Im Handball kann sich keiner heute eine Rollex und morgen einen Porsche kaufen. Wir sind alle bodenständig“, sagt die ehemalige Handballerin des TV Großbottwar. Wobei man auch direkt beim nächsten Thema angekommen ist: dem zweiten Standbein neben dem Sport. Denn: Während Mack neben dem Handball einer 18-Stunden-Teilzeitstelle nachgeht, genießt Antje Lauenroth, wie Mack Deutsche Meisterin mit der SG BBM Bietigheim, die Sportförderung der Polizei. Als Ermittlerin arbeitet sie dort. „Das ist absoluter Luxus, was ich habe. Ich kann mir die Arbeit so einteilen, dass ich immer zum Training und den Spielen kann“, berichtet sie. In der Jugend war Lauenroth in einem Sportinternat, wurde bereits da gefördert - anders als etwa Linda Mack oder der Oberstenfelder Adrian Pfahl. „Bei mir war nichts mit Spitzenförderung, aber ich bin auch so klargekommen“, sagt Mack schmunzelnd. Pfahl ergänzt: „Ich hatte zweimal die Woche Training in Oberstenfeld, später viermal in Oßweil. Das war es – und aus mir ist auch was geworden. Ich denke, die jungen Leute werden heute gut gefördert. Man muss nur aufpassen, dass man da nicht schon zu viel macht.“ Der frühere Nationalspieler und nun Trainer der zweiten Bietigheimer Mannschaft, Timo Salzer, schaltet sich ein: „Im Handball hat man schon noch mehr Privilegien als bei vielen anderen Sportarten. In der Zeit, in der man spielt, kann man gut davon leben und vielleicht auch etwas zur Seite legen.“

Dass Handball sein Leben sei, habe Pfahl einst mal gesagt, so Moderator Forstbauer. Ob dem denn immer noch so sei, oder ob er mit 35 Jahren nicht langsam ans Aufhören denke, wollte er wissen. „Ich bin zwar 35, aber ich fühle mich noch nicht so. Deshalb sehe ich mein Ende im Handball noch nicht“, antwortet Pfahl. Angesprochen auf Kritik von Außen nach Spielen wie etwa dem in Minden am Donnerstag kontert der dreimalige EHF-Pokalsieger und 61-fache Nationalspieler: „Ich habe das gelesen, dass der Rückraum quasi nicht stattgefunden hat. Ich habe diesmal im Rückraum auch wirklich nicht stattgefunden, ich habe ja auf Rechtsaußen gespielt.“ Die Lacher hat er so schnell auf seiner Seite. Ebenso wie Antje Lauenroth, angesprochen auf ihre Aktivitäten bei Instagram. Sportfotos seien dort viele von ihr zu finden. „Ich laufe in meiner Freizeit gerne in Jogginghose herum. Das wollen die Leute bestimmt nicht sehen, deshalb poste ich lieber ein paar Aktionsbilder von Spielen.“ Anders agiert da ihre Teamkameradin Kim Naidzinavicius, 83-fache Nationalspielerin und Deutsche Meisterin mit Bietigheim, die des Öfteren mal einen privaten Schnappschuss teilt. „Social media ist von jedem die eigene Entscheidung. Aber bei uns beiden ist das absolut unprofessionell gehalten. Wir haben Mitspielerinnen, die haben das 50-fache an Followern. Wir sind da demnach glaube ich kein Maßstab“, erklärte sie mit einem Augenzwinkern.

Ernst wird es, als Linda Mack von ihrem Wechsel von Bietigheim nach Neckarsulm erzählt. „Ich habe das zu Beginn unterschätzt. Es war schwer, sich an alles zu gewöhnen. Ich hätte nicht gedacht, dass Bietigheim mich so geprägt hat. Ich war so eine lange Zeit dort und war nie selbst die Neue. Auf einmal war ich das, das war ungewohnt. Ich habe viel gehadert“, verrät sie. Das Umfeld in Neckarsulm sei sehr familiär, „das habe ich in der kurzen Zeit schätzen gelernt“, sagt sie. Dass es Momente gibt, die für jedes Hadern, jede Kraftanstrengung entschädigen, darin sind sich alle fünf Sportler einig. Es sind die Momente, in denen einem Tausende zujubeln, man Gänsehaut bekommt. „Ich hatte dieses Jahr die Ehre, in Hamburg Champions League vor 10 000 Zuschauern zu spielen. Das entschädigt für jeden Verzicht. Genau dafür macht man all das“, so Kim Naidzinavicius. Schnell geht der kurzweilige Abend mit einigen Fragen der Anwesenden zu Ende, im Anschluss wird in Kleingruppen weiter diskutiert. Ganz bodenständig, ganz direkt und natürlich hauptsächlich über eines: Handball.