Menschen mit altertümlichen Waffen sind durch die Gassen gezogen. Foto: Werner Kuhnle

Der Historische Markt hat wieder mit allerlei Attraktionen aufgewartet und viele Schaulustige in die Stadt gelockt.

Großbottwar - Seyd gegrüßet“, ruft der Zöllner. Nur wer ihm genügend Silberlinge bezahlt, darf das Eingangstor passieren. Dahinter drängt sich das Volk in den engen Gassen der Großbottwarer Altstadt. Holzschilder weisen den Weg in Richtung Handwerkergasse, Klosterschänke und Spanferkelverkauf. Ein zerlumpter Bettler in gebückter Haltung bittet die Passanten um ein paar Münzen. Eine eingefangene Diebin wird an einem Seil vorbeigeführt. Das Läuten der Kirchenglocken übertönt das leisere Klingen der Glöckchen an den Gewändern. In den Rauch der Backöfen mischt sich der Geruch von Fleisch, Fisch und Leder. An der einen Ecke werden scharfe Gewürze feilgeboten, an der anderen duftende Blumen.

Mit Elixieren aller Art handelt Katharina die Große. Sie ist überzeugt, dass sie gegen jedes körperliche Gebrechen helfen. In großen und kleinen Flaschen gibt es alles von Drachenglut über Hexengalle bis hin zum beliebten Honigwein. Ihren Stand bezeichnet sie als eine Art „Apotheke des Mittelalters“, denn ihr Meister hat alles nach jahrhundertealten Familienrezepten zubereitet. Wenn nicht ab und zu ein Selfie-Stick aus der Menge ragen, die einen oder anderen neonfarbenen Turnschuhe ins Auge stechen oder ein Jack Sparrow um die Ecke kommen würde, könnte man sich tatsächlich in längst vergangene Zeiten zurückversetzt fühlen. Denn zahlreiche Besucher des Historischen Marktes sind in Gewandung erschienen, tragen Kopftücher oder Hüte mit Federn, haben sich Pelze und Ledertäschchen umgehängt.

In einem schwarz-gelben Zelt lebt Xander der Magier. Der Mann im dunklen Umhang bezeichnet sich als Zeitenwandler, der sich in jeder Zeit zu Hause fühle. Mit klaren Augen blickt er sein Gegenüber an und erzählt, wie er einmal ein Drachenweibchen verschont habe, das er eigentlich töten sollte: „Ich fing ihre Tränen auf und schenkte ihr das Leben. So ist das nun mal eben.“ Und plötzlich liegt eine Drachenträne in Form eines grünen Steins in seiner Hand.

Nebenan scharen sich junge Knappen um Michael von Eberbach, den Waffenmeister der Freien Ritterschaft Baden. Für das Wochenende habe er einen „Zeitsprung ins Mittelalter“ gemacht, lebe und speise in einem Zelt. Er weiß alles über die ihm anvertrauten Waffen und erklärt den neugierigen Zuhörern, wie die Bauern zunächst mit ihren Arbeitsgeräten in den Krieg zogen und diese sich erst im Laufe der Zeit zu Streitflegeln und Kriegssensen weiterentwickelt haben.

Auf der Hauptstraße zieht ein Karren mit polternden Rädern vorbei; eine Ziege und ein Pony werden durch die Menschenmenge geführt. Die meisten streben in Richtung Marktplatz, wo gerade ein Feuerspucker auftritt. „Wie heißt die germanische Feuergöttin?“, will er von den Schaulustigen wissen. „Und kommt mir nicht mit Merkel“, gibt er sich dann doch als Sohn seiner Zeit zu erkennen und spuckt riesige Feuerbälle in die Luft.

Gegen Abend wird es frisch. Am Wegesrand werden wärmende Feuerkörbe angezündet und die Stände der Händler von Kerzenschein erhellt. Die eine oder andere Gestalt, der man lieber nicht allein begegnen möchte, zieht in schwarzem Umhang durch die Gassen. Auch der Nachtwächter ist schon unterwegs und trifft an mehreren Stationen auf Bewohner der Altstadt. Daraus ergeben sich kurze Szenen, die auf unterhaltsame Weise den Zuschauern die Geschichte der Stadt vermitteln. Gleich mehrere dieser Nachtwächter-Führungen werden von der Theatergruppe des Vereins MAG – Miteinander Attraktives Großbottwar angeboten, der den gesamten Historischen Markt organisiert hat.

Der Sonnabend neigt sich dem Ende zu, doch die Edelleute wie auch das gemeine Volk laben sich weiter an Speis und Trank. Wer erfahren möchte, was der kommende Tag und das Leben noch so bringen mögen, kann sich in der „Wahrsagerey“ Tarotkarten legen und aus der Hand lesen lassen. Am nächsten Morgen beginnt das bunte Treiben wieder von vorn. Noch einmal verlangt man Taler anstatt Euro, isst Zucker-Gespinn anstatt Zuckerwatte und verabschiedet sich nicht einfach mit „Tschüss“, sondern mit „Gehabt euch wohl!“.