Aeham Ahmad (rechts) und Bergo Ibrahim Kamal haben die Zuschauer in eine andere Welt entführt. Foto: Werner Kuhnle

Der singende Pianist Aeham Ahmad und der Perkussionist Bergo Ibrahim Kamal haben ein Konzert der besonderen Art gegeben.

Der junge Aeham Ahmad schlug Töne auf dem Piano an, die wohl keiner der Zuhörer kannte, aber so leidenschaftlich gespielt wurden, dass sie sofort anrührten. Ebenso sein arabischer Gesang. Die Melodie klang einmal wehmütig, dazwischen laut anklagend und dann wieder flott heiter. Empathisch untermalt von Bergo Ibrahims Fingern auf einem kugelartigen Rhythmusinstrument. Anschließend spielten die beiden einen fröhlich klingenden Mix aus bekannten Mozart- und Beethovenmelodien. „Es ist ein Ausnahmekonzert“, versprach Bergo. Das Motto „multikulti“ hatten die beiden bereits mit ihrem Auftakt demonstriert.

In englischer Sprache erklärte sich Aeham kurz dem Publikum. Der Palästinenser Aeham Ahmad wuchs in Jarmuk Camp, einem Stadtteil im syrischen Damaskus, auf und hatte dort Musik studiert. Als der Krieg in Syrien ausgebrochen war, wollte er den Kindern in der trostlosen Kulisse der zerbombten Stadt Hoffnung geben, packte sein Klavier auf einen Handwagen und veranstaltete kleine Konzerte für die Kleinsten. Bilder davon gibt es inzwischen zuhauf im Internet zu finden. 2015 stellte ihn ein Soldat der IS und zündete sein Klavier an, was ihn veranlasste, nach Deutschland zu flüchten. Bevor die beiden Musiker den nächsten Song vortrugen, übersetzte Bergo den arabischen Text. Dieser geht um ein Gummiboot und 30 Menschen, die von 70 übrig geblieben sind, vor Krieg flüchten, nicht wissen, ob das richtig ist und sich ein Leben ohne Gewalt und ohne Krieg erhoffen. Aeham erzählt in seinen Liedern Geschichten, die er selbst erlebt hat. „Ich hätte nie gedacht, dass ich die Lieder, die ich 2015 zwischen Trümmern geschrieben habe, mal in Deutschland singen würde“, erklärte Aeham. In herzergreifendem Wehklagen intoniert er seine Heimat Jarmuk. Man konnte seinen Schmerz und seine Verzweiflung spüren. Wie schon zu Anfang, stimmt er mit dem Klavier aber auch hoffnungsvolle Töne an, und wandte sich immer wieder mit einem offenen kindlichen Lachen ans Publikum. Einfühlsam begleitete ihn Bergo mit einer ägyptischen Riq, verschiedenen Trommeln, bunten Skakern, die Wind und Wasser imitierten, oder mit dem feinen Klingeln der Triangel und Klangstäben eines Glockenspiels.

Dazwischen moderierte der ägyptische Bergo, der seit 25 Jahren in Deutschland lebt, das Konzert humorvoll. Und er animierte eine Handvoll arabisch sprechender Zuschauer eine einfache Volksweise mitzusingen. Anschließend stimmten alle gemeinsam die international bekannte Melodie „Greensleeves“ an. Die Melodienmischung aus Klassik, Pop und arabischer Musik schaffte eine klangvolle Verbindung zwischen den kulturellen Wurzeln der Zuschauer. „In Jarmuk lebten vor dem Krieg verschiedenste Nationalitäten unterschiedlichsten Glaubens friedlich nebeneinander“, erklärte Aeham in Englisch. Er beklagte den Wahnsinn des Krieges, den er erlebt hat und den weltweiten Waffenhandel der Obersten. Auch Bergo wünschte sich rhetorisch eine Welt ohne Waffen und ohne Krieg und konnte das Publikum dazu bewegen, in einer Schweigeminute dem globalen Frieden zu gedenken.

„Seit einem Jahr haben wir 40 Auftritte gehabt“, erklärte Bergo im Nachhinein. Aeham, der heute bei Wiesbaden lebt und vergangenes Jahr den Beethoven-Preis für Menschenrechte bekommen hat, habe ihn animiert mit ihm für den Frieden aufzutreten. „Ich möchte etwas Schönes aus meiner Heimat bringen und für die Menschen dort eine Stimme sein“, hatte Aeham auch am Mittwoch erklärt. Die spontane charismatische Art der beiden Musiker, machte den Auftritt zu einem ganz besonderen Erlebnis.