Die Teilnehmer stärken und wärmen sich am Harzberghäusle. Foto: Armbruster

Bei der Wanderung „Rauhe Nächte“ auf dem Harzberg erfahren die Teilnehmer viel über Bräuche.

Großbottwar - Die Rauhnächte, also die Zeit zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar, hatten für unsere Vorfahren eine besondere Bedeutung. In diesen Tagen und Nächten sollte das Reich der Geister engen Kontakt mit der Welt der Lebenden haben. Doch auch heute sind viele Bräuche aus der Zeit noch fragmentarisch erhalten, ohne dass man sich dessen bewusst ist, erzählten Ingrid Link und Petra Offergeld am Tag vor Silvester bei einer geführten Wanderung auf dem Großbottwarer Harzberg: „Das Knallen von Böllern ist nichts anderes als der Versuch, die bösen Geister zu vertreiben“, informierten die beiden Gästeführerinnen im Rahmen ihrer Tour „Rauhe Nächte“. Und selbst die Kirche sei vor einem gewissen Aberglauben nicht gefeit, denn auch das Läuten der Kirchenglocken und das Räuchern mit Weihrauch habe zumindest ursprünglich denselben Grund gehabt.

25 Interessierte aus der Region, aber auch aus Filderstadt oder Gerlingen, erfuhren in den drei Stunden bei der etwa fünf Kilometer langen Wanderung bis zum Harzberghäusle, für die Sportlichen noch bis zur Liegebank mit Fernblick bis zum Stromberg, und wieder zurück allerlei Geistergeschichten aus dem Mund von Petra Offergeld. Diese spannte den Bogen bis zur Seherin von Prevorst, die vermutlich schizophren gewesen sei, aber treffende Vorhersagen gemacht habe.

Ingrid Link wiederum wusste viel Interessantes über die landschaftlich reizvolle Umgebung von der Burg Lichtenberg bis zum typischen Keuper als Grundlage für den guten Wein zu erzählen. Auch am Lärchenwäldle führte der Weg vorbei, das als Samenzuchtanlage des baden-württembergischen Forstamts dient, wie Link berichtete. „Die Samen werden immer noch geerntet, und zwar ganz brutal, indem man einfach die oberen Äste absägt“, erklärte sie den seltsamen Wuchs der Nadelgewächse.

In den Rauhnächten, die ganz praktisch als Wettervorhersage fürs kommende Jahr genutzt wurden, galt es einige Besonderheiten zu beachten, wie Petra Offergeld verriet. „Man durfte keine weiße Wäsche waschen, sonst wurde sie zum Leichentuch.“ Eine Mitwanderin erzählte, ihre mehr als 80 Jahre alte Mutter würde bis heute „zwischen den Jahren“ keine Wäsche waschen – nun weiß sie auch, warum.

Am Harzberghäusle wurde nicht nur zu Glühwein und Kinderpunsch, Kartoffelsuppe und selbst gebackenem Brot Station gemacht. Dort konnten die Wanderer auch selber räuchern, um Geister oder Sorgen zu vertreiben. Salbei und Weihrauch erfüllten die Luft mit ihrem harzigen Duft. Da kann das Jahr ja eigentlich nur gut werden.