Foto: Bottwartäler Winzerchor

Bottwartäler Winzerchor:
Die Stadt verwahrt jetzt die alte Vereinsstandarte, die vor einem Jahr kostspielig restauriert wurde. Sie belegt die Vereinsgründung.

Großbottwar - Großbottwar
Ein geschichtsträchtiges Stück Liederkranz Großbottwar, seit dem Jahr 1974 in „Bottwartäler Winzerchor“ umbenannt, ging zu Ende: Die Vereinsvorsitzende Erika Häublein mit Vorstands- und Ausschussmitgliedern und einigen Sängerinnen übergab die Standarte des Liederkranzes vom Jahr 1839 in die Obhut der Stadt. 175 Jahre lang war sie das Wahrzeichen des Vereins und zugleich Dokument der Vereinsgründung.

Da der Verein neben der alten Standarte seit dem Jahr 1908 eine große Vereinsfahne hat, ist die Standarte längst entbehrlich geworden, zumal auch selten nur Festumzüge stattfinden, bei denen Fahnen getragen werden. So blieb die Standarte im Schrank verwahrt. Vergangenes Jahr wurde sie kostspielig restauriert und soll nun einen neuen Platz erhalten.

In einer kurzen Ansprache bei der Standartenübergabe im Rathaus berichtete die Vereinsvorsitzende über die Geschichte dieser Standarte, welche im Jahr 1839 von einem Fräulein Kätterlinus aus Großbottwar für den damaligen Männerchor geschneidert und gestickt wurde. „Die Mitglieder des Vereins würden sich freuen, wenn die Standarte einen Ehrenplatz im Rathaus bekomme“, sagte Erika Häublein. Bürgermeister Ralf Zimmermann nahm mit Stadtarchivarin Brigitte Popper die Standarte entgegen und versprach, diese sorgfältig aufzubewahren und dieser auch einen würdigen Platz im Rathaus zu verschaffen, sodass sie vom Besucherpublikum gesehen werden kann.

In der Tat hat es mit dieser Standarte eine besondere Bewandtnis, sie ist nämlich der einzige Beweis der Vereinsgründung vor 175 Jahren, auf der auch alle bisherigen Vereinsjubiläen fußen. Es kann jedoch mit größter Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass erst Männer sich zu gemeinsamen Singen zusammen gefunden haben, eine Zeit lang auch im Chor sangen, und dann einen Verein gründeten. Als dessen Fortbestand sicher war, wurde vermutlich erst der Wunsch nach einer Standarte laut. Standarten waren schon zur Zeit der Antike als Feldzeichen das Symbol einer Gemeinschaft, das Militär in Europa sammelte sich schon jahrhundertelang um ihre Standarte. Anfangs des 19. Jahrhunderts nach den Befreiungskriegen um Napoleon, als sich bürgerliche Vereine gründeten, kamen bei diesen Standarten und Fahnen auch in Mode. Erwin Fink (1922-2005) langjähriger Stadtrat hier, hat bei seinen Nachforschungen zur Geschichte des Chorgesangs in Kirche, den zwei Schulen und unter den Einwohnern in Großbottwar zahlreiche Spuren gefunden, nicht jedoch ein Datum, das die Gründung des ältesten Vereins, des Großbottwarer Liederkranzes, bewiesen hätte.

Einziger Anhaltspunkt jedoch wurde diese Vereinsstandarte, welche die im Nähen und Sticken gewandte Tochter des Kameralamtsbediensteten Ketterlinus gefertigt hatte. Sie hatte dabei auch die Jahreszahl 1839 eingestickt, die unter dem ebenfalls gestickten Namen Liederkranz von Großbottwar steht. Auf der anderen Tuchseite der Standarte befindet sich neben gestickten Blüten und Blättern die Abbildung einer Harfe. Schriftstücke oder Vereinsprotokoll zur Vereinsgründung gibt es keine. Die Vereinsoberen beriefen sich stets auf die in der Standarte eingestickte Jahreszahl.