Der Kreisbauernverband-Vorsitzende Eberhard Zucker, Landwirt Martin Föll, Zuckers beiden Stellvertreter Ernst Reutter Foto: Oliver von Schaewen

Der Kreisbauernverband mahnt beim Besuch eines Geflügelhofs Sachlichkeit an.

Großbottwar - Werden Lebensmittelskandale von den Medien aufgebauscht – und welche Folgen hat eine womöglich nicht gerechtfertigte Hysterie um Gammelfleisch und Co. für die redlich wirtschaftenden Einzelbetriebe? Solchen Fragen geht derzeit der Kreisbauernverband Ludwigsburg-Heilbronn nach. Ein Besuch beim Geflügelhof Föll im Großbottwarer Stadtteil Sauserhof am Dienstagvormittag diente dem Meinungsaustausch.

Der Kreisbauernverband lud die Presse ein, um auf den Vortrag „Lebensmittelskandale – tatsächliches Risiko oder mediale Scheinwelt?“ mit Gaby-Fleur Böl vom Bundesinstitut für Risikoforschung in Berlin beim Kreisbauerntag am 3. Februar in Schwieberdingen einzustimmen.

Die Hygiene steht bei Betriebschef Martin Föll an erster Stelle. jeder Besucher muss sich in eine Liste eintragen. Zu den Tieren darf niemand. Strenge Vorschriften gelten, denn sollten sich Verbraucher nach dem Einkauf im Supermarkt beschweren, müssen die Lebensmittelkontrolleure nachvollziehen, wie sich manche der 36 000 Legehennen infiziert haben können. Das ist bei Föll noch nicht vorgekommen, aber nachdem er seine 11  000 Freilandhennen während des jetzt beendeten Vogelgrippen-Alarms im Innern hielt, äußert auch er gewisse Existenzängste: „Sollten etwa durch einen Zufall Salmonellenerreger in meine Tierhaltung schleichen und es groß in den Medien kommen, wäre das tödlich: Ich bräuchte dann nirgendwo mehr hin.“

Im Grundereiche es schon aus, wenn ein Lastwagen auf den Hof fahre, ein Mitarbeiter in eine mit Salmonellen kontaminierte Palette trete und die Bakterien dann in den Stall bringe. Oder aber wie bei der Vogelgrippe vom Himmel fallender Tierkot im Spiel sei. Für Föll, der seine Eier in einer großen Lebensmittelkette vertreibt, wäre das eine Katastrophe, da die Öffentlichkeit inzwischen sensibel reagiere. „Das Lauffeuer hat zugenommen“, sagt er im Hinblick auf die Allgegenwärtigkeit der sozialen Netzwerke und Smartphones. Im Ernstfall wünsche er sich eine sachliche Darstellung: „Schlimmstenfalls würde eine Charge Eier im Supermarkt ausgetauscht und ein Teil meiner Tiere gekeult.“ Danach aber wäre die Vermarktung seiner Eier sicher weiter möglich.

Meistens wirke sich ein Lebensmittelskandal in einem einzelnen Betrieb auf die gesamte Branche negativ aus, weiß Eberhard Zucker, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Heilbronn-Ludwigsburg. Eine Krise verlaufe immer nach einem ähnlichen Schema: „Erst zieht sich der Verbraucher zurück, dann kauft er vier Wochen regional ein und am Ende wird wieder ganz normal gegessen.“ Doch für die Landwirte könnte sich ein Monat mit drastischem Einnahmerückgang existenzbedrohend auswirken. „Das Problem ist, dass die Verbraucher zu wenig Vertrauen in die Kontrollen der Behörden haben“, sagt Zucker. Wenn etwa eine Charge aus dem Verkehr gezogen werde, handele es sich um einen Einzelfall. Kritisch äußerte sich Zucker zum Wunschbild vieler Verbraucher: „Wenn mehr Tierwohl gewünscht wird, muss es auch bezahlt werden.“ Schließlich müssten die Landwirte auch auf die Wirtschaftlichkeit achten und von ihren Erzeugnissen leben können.