Gaukler, Spielleute, Händler und Zauberer haben beim Historischen Markt die Besucher unterhalten. Foto: Werner Kuhnle

Über 15 000 Besucher und damit noch einmal mehr als im Vorjahr sind beim zehnten Historischen Markt in die Innenstadt geströmt. Die Stimmung war prächtig – das Wetter hat auch mitgemacht.

Großbottwar - Beim Historischen Markt in Großbottwar herrscht reges Treiben. In den engen Gassen wird nicht nur gearbeitet, sondern auch gefeiert, geschlemmt – und natürlich verkauft. In den beiden Handwerkergassen in der Altstadt steht alte Kunstfertigkeit im Mittelpunkt. Da werden Körbe geflochten, Kerzen gezogen und kunstvoll gefärbt, Seifen gegossen, Steine behauen oder Eisen geschmiedet. Im Angebot sind außerdem Nadeln aus Holz, handgefertigte Langbogen, Truhen oder außergewöhnliche Brillen, wie man sie auch schon im Mittelalter hätte tragen können. Bei einigen der Aktionen dürfen auch Kinder mitmachen, so beispielsweise beim Buchbinder. Ein paar Blätter Papier werden übereinandergelegt, mit Nadel und Faden vernäht, gefaltet – und fertig ist das Heft. „So einfach ist manche Erfindung, man muss nur draufkommen!“, schmunzelt der Meister.

Komplizierter ist dagegen, was der Drechsler an seinem Stand zeigt. Mit Ästen, Seilen und einer Fußwippe, die ähnlich wie bei einer alten Nähmaschine gleichmäßig getreten wird, erzeugt er kunstvolle Formen aus Holz. Nebenbei beantwortet er noch interessierte Fragen von technikbegeisterten Zuschauern. Auch der Bogenbauer braucht, genau wie der spätere Bogenschütze, eine ruhige

Hand, damit der Bogen die nötige Spannung aufbringt ohne zu reißen. Wer will, kann in der Handwerkerstraße auch gleich sein Geschick im Umgang mit Bogen und Armbrust testen. Auch wenn ein Pfeil mal danebengeht, ist das in der ruhigen Seitengasse glücklicherweise kein Problem.Zur authentischen Atmosphäre des Historischen Marktes trägt auch die mittelalterliche Musik in großem Maße bei, die an allen Ecken und Winkeln zu hören ist. Die bekannte Mittelalterformation Geyers Schwarzer Haufen tritt mehrfach zur Freude ihrer Fans auf der Bühne auf. Das Duo Ohrenfreut gibt seine Lieder besonders gern am Marktbrunnen und an den Tischen der Festbesucher zu Gehör. Manches Lied wirkt seltsam vertraut und durch den Text doch neu. Das Duo Dulcimus sorgt nicht nur mit der Dulcimer, einem alten Saiteninstrument, und der Trommel für gefällige Klänge an der Straßenecke, sondern hat auch gleich noch einen Hingucker aufgestellt. Eine Marionette in Gestalt einer Kuh klopft rhythmisch mit ihren Vorderhufen den Takt zur Musik. Sage keiner mehr, Rindviecher seien nicht musikalisch.

Bei einer guten Mittelaltershow dürfen natürlich auch die Wahrsager nicht fehlen. Dennoch wartet ein junges Paar erst einmal vergeblich am Zelt von Athene. Lediglich ihre Eule ist als Stellvertreterin anwesend. Natürlich haben auch Wahrsager mitunter ein menschliches Bedürfnis, aber andererseits: Hätte sie nicht voraussehen können, dass Kundschaft auf sie warten würde? Oder stand das nicht in den Tarotkarten? Die Ungarin Erika Zubor greift deshalb zu einer anderen Methode, um gemeinsam mit Wagemutigen einen Blick in die Zukunft zu werfen. Sie fragt die Besucher nach ihrem Namen und dem Geburtsdatum. „Jeder Buchstabe steht für eine bestimmte Zahl. Und mit der Pythagoras-Methode kann ich dann eine numerologische Analyse machen“, erklärt sie. Das kann ganz simple Dinge betreffen wie beispielsweise ein günstiges Datum für die geplante Hochzeit, aber auch eine allgemeine Prognose für die Zukunft. Schon seit Jahren sind die Gaukler von Mimi und Kry ein fester Programmpunkt in Großbottwar. So viel Zeit ist inzwischen vergangen, dass der ehemals kleine Sohn nun so groß wie seine Eltern ist und mit diesen ein sehenswertes Trio bildet. Kein Wunder übrigens, dass der Nachwuchs so gewachsen ist, stellt einer fest: „Immerhin kommt ihr ja dauernd nach Groß-Bottwar.“

Wie bei mittelalterlichen Gauklern üblich, sind die drei echte Multitalente. Da wird mit Reifen oder Bällen jongliert, da werden menschliche Pyramiden gebaut, da wird auf Stelzen marschiert, gelacht und gescherzt. Die bunten, farbenfreudigen Kostüme und die fantasievolle Schminke tun ein Übriges, um das Publikum bestens zu unterhalten.

Ein besonderes Highlight beim Auftritt der Gauklertruppe ist jedoch die Feuershow am Samstagabend. Denn in der fast stockdunklen Nacht – aus Gründen der Atmosphäre ist die Straßenbeleuchtung während des Historischen Marktes ausgeschaltet – wirken das Feuerschlucken, Feuerspeien und feurige Jonglieren besonders eindrucksvoll und reißen die Zuschauer zu manchem bewundernden Jubel und Klatschen hin.Groß ist das Angebot der knapp 90 Händler. Wer noch nicht mittelalterlich gewandet daherkommt, hat Gelegenheit, sich an Ort und Stelle die schönsten Kleider, Wämser, Haarbänder und Mützen auszusuchen. Das passende Zubehör von der Geldkatze bis zum schnallenbeschlagenen Gürtel gibt es obendrein. Auch allerlei Schmuck ist im Angebot, ebenso Trinkhörner, Messer, Schwerter und Äxte, Schellen, Trommeln und andere Musikinstrumente, Schönes aus Filz und Seide, Leder und Holz. An einem der Stände wird nicht nur „betreutes Trinken“ angeboten, sondern auch die passenden Alkoholika dazu. Ein Liebeselixier, das sich als Erdbeerwein entpuppt, oder ein Zaubertrank. Anders als der von Asterix und Obelix verleiht der aber keine Riesenkräfte, sondern schöne Träume. Um den Markt zu genießen, bedarf es jedoch keines Zaubertranks. Dazu genügt etwas Fantasie.