Auf dem Laauser-Areal ist jetzt kein Quadratmeter an Fläche mehr zu vermieten. Foto: Werner Kuhnle

Der Hersteller von Industriebacköfen verlagert seinen Sitz von Affalterbach in die Storchenstadt, wo nun rund 400 Arbeitsplätze entstehen.

Großbottwar/Affalterbach - Nach diesen Firmen würde sich wahrscheinlich jede Kommune die Finger lecken: Hier der florierende Autoveredler AMG, da Wiesheu, der renommierte Hersteller von Industriebacköfen, der zuletzt einen Umsatz von 104 Millionen Euro verbuchen konnte. Insofern kann sich Affalterbach glücklich schätzen, dass gleich beide Unternehmen ihren Stammsitz am Ort haben. Allerdings wird das nicht mehr lange der Fall sein. Wiesheu wird der Gemeinde den Rücken kehren und seine Zelte in Großbottwar aufschlagen. Dort zieht das Unternehmen aufs Laauser-Areal – was der Storchenstadt auf einen Schlag rund 400 Arbeitsplätze bescheren wird. Ein Coup, über den sich der Bürgermeister Ralf Zimmermann entsprechend freut. „Das ist wirklich ein großer Gewinn für unsere Stadt“, sagt der Rathauschef. Ganz anders die Gemütslage bei seinem Amtskollegen in Affalterbach. „Das bedauern wir außerordentlich. Wir verlieren Wiesheu nur sehr ungern“, erklärt Steffen Döttinger. Zumal das Unternehmen zu den drei größten Arbeitgebern im Ort zähle.

Die schlechte Nachricht hat der Rathauschef der Apfelbachgemeinde am vergangenen Donnerstag erfahren, als bei dem Backofen-Spezialisten eine Betriebsversammlung abgehalten wurde – und zeigt sich von der Entscheidung überrascht. „Ich kann auch nicht nachvollziehen, was dahintersteht“, sagt Steffen Döttinger. Schließlich seien die Flächen dafür vorhanden gewesen, dass der Betrieb auch in Affalterbach hätte auf Wachstumskurs gehen können. Ein Grundstück habe sich das Unternehmen vor zwei oder drei Jahren auf Vermittlung der Kommune sichern können, ein zweites über eine andere Schiene bekommen. Darüber hinaus habe man im vergangenen Jahr sogar das Signal erhalten, dass Wiesheu bald ein Baugesuch einreichen werde.

Trotzdem: „Eine Erweiterung auf dem Gelände in Affalterbach war für uns letztendlich nicht darstellbar“, erklärt Ulrich Müller, Geschäftsführer von Wiesheu. „Und ein Neubau war für uns auch nur die zweitbeste Option“, fügt er hinzu. Denn dann hätte man sich nicht ausschließlich aufs Geschäft konzentrieren können. „Wir haben auch keine eigene Bauabteilung“, erläutert Ulrich Müller. Zudem hätte das nichts am Umstand geändert, dass man in Affalterbach verhältnismäßig eingeengt sei. Davon abgesehen lasse sich im Laauser-Areal auch effektiver arbeiten, weil die Beschäftigten dann nicht über mehrere Gebäude verteilt sind wie jetzt in Affalterbach. „Es passt einfach in Großbottwar. Die Räumlichkeiten sind auch groß genug“, betont der Geschäftsführer. Dazu kommt, dass das derzeitige Domizil angemietet war und von einem anderen Unternehmen übernommen wird. „Es war also ein Glücksfall, dass wir so schnell etwas gefunden haben“, erklärt Ulrich Müller.

Nach Informationen unserer Zeitung hat AMG Interesse an dem Wiesheu-Komplex angemeldet. Doch die Autoschmiede hält sich auf Nachfrage bedeckt. „Wir stehen im Kontakt mit allen Firmen im Gewerbegebiet und halten grundsätzlich immer die Augen und Ohren offen, wie es bei den anderen Unternehmen aussieht und läuft“, sagt Peter Feneberg, Mitarbeiter der Presseabteilung von Mercedes-AMG.

Unabhängig vom künftigen Eigentümer sah die Geschäftsführung von Wiesheu Handlungsbedarf und streckte ihre Fühler nach einer Alternative aus. Letztendlich wurde man dann in Großbottwar fündig und mit Alberto Vulcano, Chef der Vital-Bauconsult GmbH (VBT), auch handelseinig. VBT gehört das Laauser-Areal. Der Mietvertrag sei bereits unterschrieben, berichtet Alberto Vulcano. Er werde drei Millionen Euro in die Hand nehmen, um die Räumlichkeiten herzurichten. „Es wird alles neu gemacht“, verspricht er.

Wann genau dann der Umzug von Wiesheu erfolgen wird, könne noch nicht exakt terminiert werden, sagt Ulrich Müller. Sicher sei aber, dass die letzten Kartons den Standort in Affalterbach bis Ende 2017 verlassen müssen. So lange laufe der Mietvertrag nämlich noch. Und klar sei auch, dass der Ortswechsel in Etappen vollzogen wird. Wahrscheinlich werde der erste Teil im Laufe des Jahres oder Anfang 2017 in Angriff genommen. „Tatsache ist, dass wir da hingehen. Jetzt wird geplant und ein genauer Zeitplan ausgearbeitet“, erläutert Ulrich Müller.

Wenn Wiesheu erst einmal den Standort gewechselt hat, wird die Firma sogleich der größte Arbeitgeber in Großbottwar sein. „Das hat natürlich auch seinen Charme, der Platzhirsch vor Ort zu sein“, sagt der Geschäftsführer schmunzelnd. Und der Bürgermeister Ralf Zimmermann weist darauf hin, dass auf dem Areal dann sogar mehr Leute arbeiten werden als zu Zeiten, als die Möbel-Manufaktur Laauser noch produzierte. „Das zeigt auch, das Großbottwar ein interessanter Standort fürs Gewerbe ist“, sagt er. Aber am wichtigsten sei, dass Arbeitsplätze an den Ort kommen – wichtiger als mögliche zusätzliche Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Auch wenn diese grundsätzlich natürlich willkommen seien.