Trotz gültigem Flächennutzungsplan signalisiert Bürgermeister Ralf Zimmermann weiter Gesprächsbereitschaft für ein Interkommunales Gewerbegebiet. Foto: Werner Kuhnle

Die Stadt freut sich auf eine neue Halle, der Ortskern wird saniert, der Breitbandausbau geht voran und persönlich steht Schultes Ralf Zimmermann Aufregendes bevor.

Großbottwar - Persönlich steht Bürgermeister Ralf Zimmermann eine spannende zweite Jahreshälfte bevor. Seine erste Amtszeit endet im März 2018. Am 3. Dezember sind die Bürger darum zur Wahl aufgerufen. Und auch sonst wird es dem Verwaltungschef, seinem Rathausteam und dem Gemeinderat nicht langweilig.

Herr Zimmermann, sind Sie aufgeregt?
(lacht) Wenn ich der Zeitung ein Interview gebe? Grundsätzlich!
Oh, das ehrt mich. Aber ehrlich gesagt habe ich bei der Frage eher an die bevorstehende Bürgermeisterwahl gedacht.
Jede Wahl ist mit einer gewissen Aufgeregtheit verbunden. Bei der Bürgermeisterwahl kommt ja noch hinzu, dass sie eine reine Persönlichkeitswahl ist, da ist eine Grundanspannung sicher vorhanden und auch angebracht. Wichtiger ist aber: Ich freue mich auf den bevorstehenden Wahlkampf. Zumal wir in siebeneinhalb Jahren, die meine erste Amtszeit nun dauert, durchaus einiges erreicht haben in Großbottwar.
Auf welche Erfolge blicken Sie dabei vor allem zurück?
Das war eine abwechslungsreiche Zeit mit großen Veränderungen. Zusammen mit dem Gemeinderat haben wir in der Kinderbetreuung und Jugendarbeit viel bewegt. Ein Jugendcafé wurde eingeweiht. Unsere Schulen stehen gut da, wir haben eine Mensa gebaut und die Tagesbetreuung – das ist mir wichtig – in offener Form erfolgreich eingeführt. Unsere Kindergärten sind mit einer Ausnahme in Winzerhausen alle saniert. Aber wir sind noch mehr angegangen. Zum Beispiel haben wir zwei Hochwasserrückhaltebecken mit dem Zweckverband gebaut. In die Straßensanierung haben wir Struktur gebracht. Dort sind wir so aufgestellt, wie ich mir das wünsche. Auch die Nachnutzung des ehemaligen Stadthallenareals für die Wohnbebauung konnte erfolgreich umgesetzt werden. Was lange gedauert hat bis zu seiner Umsetzung, ist der Flächennutzungsplan. Hier kann man wirklich sagen, dass wir ein deutliches Zeichen gesetzt und gegen erhebliche politische Widerstände höherrangiger Behörden viel zustande gebracht haben. Dazu muss man wissen, dass uns zunächst 0,3 Hektar für die Wohnbebauung in Aussicht gestellt wurden, jetzt stehen der Eigenentwicklung 7,5 Hektar zur Verfügung.
Haben Sie denn selbst noch daran geglaubt, dass der Flächennutzungsplan mehr als zwölf Jahre nach seinem Aufstellungsbeschluss noch Realität wird?
Fakt ist, der Flächennutzungsplan ist genehmigt. Damit ist das Fundament zur Ausweisung eines Wohngebietes oder Gewerbegebietes gelegt. Und darüber freue ich mich sehr. Der Gemeinderat wird sich jetzt intensiv damit beschäftigen, wie er das Neubaugebiet entwickeln möchte. Das kann auf einmal geschehen oder in mehreren Schritten. Das Gremium setzt die Rahmenbedingungen.
Im Zuge des Planverfahrens hat sich die Gruppe Bonag gegründet, eine Gemeinschaft der Bottwartäler Naturschutzgruppen. Deren Vertreter haben die Entwicklung kritisch begleitet. Ist denn nun ein Konsens gefunden, mit dem alle leben können?
Als ich damals als Bürgermeister in Großbottwar angetreten bin, habe ich einen Plan vorgefunden, zu dem es mehr als 2000 Einwände gab. Im letzten Anhörungsverfahren gab es noch ganze drei! Schon diese zwei Zahlen sprechen eine deutliche Sprache und zeigen, dass die gefundene Lösung wohl für alle akzeptabel ist.
Gilt das auch für die Nachbarkommunen. Schließlich war lange Zeit ein interkommunales Gewerbegebiet im Gespräch?
Wir strecken die Hand für eine interkommunale Lösung immer aus. Dafür hat sich ja auch der Großbottwarer Gemeinderat ausgesprochen. Der jetzt gefundene Standort ,Südlich der Friedhofstraße’, schien uns dann aber nicht geeignet, um ihn zu öffnen. Aber nochmal, wir werden uns einer interkommunalen Lösung nicht verschließen und sind diesbezüglich im Austausch mit unseren Nachbarn.
Voran geht in Großbottwar auch der Bau einer Stadthalle. Bereits im Januar hat der Gemeinderat einen Großteil der Gewerke vergeben. Damals hieß es, eine Baugenehmigung könne in Kürze erwartet werden. War diese Annahme naiv?
Damals war die Frage der Zauneidechsen noch nicht gelöst. Übrigens war nicht nur der Naturschutz vor Ort, auch Vertreter des Denkmalschutzes haben das Areal unter die Lupe genommen, jedoch nichts gefunden. Inzwischen liegen uns sowohl die Baugenehmigung als auch die Baufreigabe vor und man sieht ja bereits die Bodenverbesserungsmaßnahmen, die in vollem Gange sind.
Wann werden denn die Großbotwarer die ersten Veranstaltungen in der Halle feiern können?
Wir gehen von einer Bauzeit von circa anderthalb Jahren aus, sodass wir wohl 2019 mit den ersten Veranstaltungen in der neuen Halle rechnen können. Genaugenommen werden wir aber bereits 2018 die ersten Einladungen verschicken. Ich gehe doch stark davon aus, dass wir ein Richtfest hinbekommen werden (lacht).
Wie groß war damit die zeitliche Verzögerung durch den Artenschutz?
Das lässt sich schwer beziffern, aber ich würde sagen, ein bis zwei Jahre haben wir schon verloren. Die Frage, wie mit dem Artenschutz umzugehen ist, stellt sich mir schon. Ich stelle ihn ganz sicher nicht generell in Frage, aber eine Umsiedlung ein Jahr früher wäre gut gewesen.
Kritisch hinterfragen darf man aber schon, ob Ausgaben von mehr als 30 000 Euro für nicht mal 20 gefundene Tiere gerechtfertigt sind?
Macht man die Rechnung pro entdecktem Zauneidechsenkopf auf, ist das natürlich ein großer Aufwand für eine Art, die lediglich als ,potenziell gefährdet’ eingestuft ist. Im Verhältnis zu den Kosten für die Gesamtmaßnahme stellen sich die Ausgaben für den Artenschutz allerdings anders dar. Mich befremdet bei der Sache etwas anderes, nämlich dass man sich beim Artenschutz so sehr auf eine Art konzentriert. Bei uns sind die Tiere ja umgesiedelt worden. Der gewöhnliche Weg ist aber, sie zu verbrämen. Dafür wird eine schwarze Folie über die Areale gelegt, wo die Tiere sich aufhalten. Dabei akzeptiert man, dass zwar die Zauneidechsen verschwunden sind, aber unter der Folie sonst nichts mehr lebt.
Sie haben es in Ihrer Antwort angedeutet: Ganz billig ist die Stadthalle nicht zu haben. Hat sich Großbottwar mit einer Halle für 7,8 Millionen Euro nicht übernommen?
Es war breiter politischer Konsens, dass wir eine Stadthalle brauchen. Und wo wir tatsächlich finanziell rauskommen werden, sehen wir bei der Schlussabrechnung. Jedenfalls versuchen wir, alles zu optimieren. Um die Frage aber auch persönlich zu beantworten: Ich halte die Maße und Größe der Halle für unsere Stadt für absolut angemessen.
Ob es unter den Themenkomplex Artenschutz fällt, darüber kann man trefflich diskutieren. Aber was macht die Ansiedlung der Wasserbüffel?
Mein Stand ist, dass das Baugenehmigungsverfahren läuft. Derzeit ist das Veterinäramt dabei, Auflagen bezüglich des Unterstandes zu machen. Es geht wohl auch noch um Details, etwa der Frage, wie viel Stromlitzen der Zaun haben soll. Aber da verweise ich ganz freundlich auf die Kollegen vom Landratsamt, bei denen das Verfahren vorliegt.
Einen Knaller hat es gleich zum Jahresauftakt gegeben. Wegen einer anonymen Anzeige bezüglich seines Erstwohnsitzes hat Stefan Apfelbach den Gemeinderat verlassen müssen. Hallt dieser Verlust noch nach?
Natürlich, wenn ein altgedienter Stadtrat das Gremium verlässt, geht unheimlich viel Know-how verloren. Und zwar in ganz vielen Bereichen. Stefan Apfelbach kannte die politischen Zusammenhänge, er hat gute Beziehungen zu den Behörden gehabt. Sein Weggang war zweifelsohne ein entscheidender Einschnitt im Gremium. Aber Gesetz ist nun einmal Gesetz und wer nicht im Ort wohnt, kann auch kein Stadtrat sein. Die Räte selbst haben den Verlust inzwischen gut kompensiert. Andreas Strohm ist damit vom zweiten zum ersten Stellvertreter geworden, sein bisheriges Amt hat Thomas Stigler übernommen, beide nehmen ihre Aufgaben sehr ernst.
Wegen mangelnder Arbeit muss sich in dem Gremium niemand langweilen. Die Sanierung der Hauptstraße mit Lange Gasse läuft. Wie stehen denn Bürger und Geschäftsleute dazu, dass sie seit Monaten Baumaschinen und Lärm vor der Türe haben?
Zunächst ein großes Lob an die ausführende Firma: Die Kommunikation mit den Betrieben funktioniert aus meiner Sicht sehr gut. Wir liegen mit der Maßnahme gut im Zeitplan. Unser Ziel war es ja, das Straßenfest feiern zu können. Das zeichnet sich ab. Zumindest die Hauptstraße bis zum Zwinger wird fertig sein, die Lange Gasse werden wir wohl noch etwas hinausschieben. Dass letztlich Bewohner und Gewerbetreibende nicht ‚Juhu’ schreien, wenn die Straße vor ihrer Türe aufgerissen wird, dürfte jedem klar sein. Aber wir haben vor Baubeginn das Gespräch gesucht und aus meiner Sicht läuft es hervorragend. Die Unannehmlichkeiten lohnen sich vor allem, denn wir werden eine hellere, freundlichere und barrierefreiere Stadt bekommen.
Im Zuge der Maßnahme werden auch Leerrohre verlegt, die zum Beispiel schnelleres Internet bringen könnten. Was macht aktuell der Breitbandausbau?
Das ist ein sehr komplexes Thema, was sich schon daran erkennen lässt, dass sowohl der Landkreis, in dessen Arbeitskreis ich mitwirke, als auch die Region Stuttgart aktiv sind. Hinzu kommt ein unglaubliches Dickicht an Fördermöglichkeiten. Kurz erklärt: Die Stadt wird bei diesem Thema im Prinzip als Staat betrachtet, und dieser darf als solcher nicht in den freien Markt eingreifen. Nur dann, wenn ich nachweisen kann, dass der Markt versagt, darf ich tätig werden. Wir haben dazu eine sogenannte Markterkundung durchgeführt und beim zweiten Durchlauf kam heraus, dass die Telekom in Großbottwar und Hof und Lembach innerhalb der nächsten drei Jahre beabsichtigt, auszubauen. Hinzu kommt, dass Unitiymedia Winzerhausen weiter ausbaut. Rein formal hätte ich also sagen können, die Telekommunikationsanbieter sind auf unserer gesamten Gemarkung aktiv, ich kann mich zurücklehnen. Genau das tun wir nicht! Wir bleiben am Ball und versuchen, das Beste für unser Bürger herauszuholen. Das erkennt man zum Beispiel daran, dass es sehr gute Gespräche mit Unitiymedia über weitere Aktivitäten in der Kernstadt gibt. Allerdings sind diese noch nicht verbindlich. Des Weiteren haben wir einen Standard definiert, wie wir beim Straßenbau das Thema Breitband gleich mitberücksichtigen. Wir mischen uns also in die Planungen ein und haben mittlerweile eine Gesamtstrategie.
Eine solche steht ihnen auch beim ehemaligen Kinderhaus Löwenzahn in der Keltenstraße 38 gut zu Gesicht. Wann können dort die ersten Neubürger begrüßt werden?
Das alte Kinderhaus ist abgerissen und wir befinden uns mitten im Bebauungsplanverfahren. Die Anhörungen der Träger öffentlicher Belange laufen zurzeit. Im Vorfeld haben wir eine Infoveranstaltung für die Nachbarn angeboten, was sehr gut war, weil schon dort einige Ideen kamen, die wir gleich berücksichtigen konnten. Da ging es unter anderem um die Höhenabwicklung einer Wand. Ich gehe davon aus, dass wir noch in diesem Jahr einen Knopf an das Thema machen können und die fünf Bauplätze, einer davon ist für ein Doppelhaus gedacht, in bester Lage, die wir haben, auf den Markt bringen können.
Das wünschen Sie sich sicher auch für die Alte Bahnhofschule, die ja inzwischen in Erbpacht an den Landkreis übergeben wurde. Weil dieser derzeit ausreichend Plätze für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen zu haben scheint, stagniert die Sanierung des Gebäudes. Wie und wann geht es dort weiter?
Bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise ist zunächst einmal allen ehrenamtlichen Helfern Danke zu sagen. Ohne ihre Unterstützung und die Strategie der Verwaltung, hätten wir das bislang nicht so gut stemmen können. Das Thema ist bei uns lange nicht so heiß diskutiert worden wie anderswo. Aber Sie haben recht, der Landkreis ist notariell erbpachtberechtigt mit dem Ziel, die Alte Bahnhofschule als Unterkunft umzunutzen. Insofern hat der Landkreis eine vertragliche Verpflichtung. Wir brauchen verbindliche Konzepte, wie es weitergeht.
Konzepte werden offensichtlich auch in Sachen Verkehr gebraucht. Die Ansiedlung der Firma Wiesheu ist abgeschlossen. Wie man hört, verursachen die rund 400 Mitarbeiter aber auch einen größeren Parkdruck.
Wiesheu ist bis auf eine kleine Ausnahme in Großbottwar angekommen. Eine Stanzerei wird noch umziehen, die entsprechenden Baugesuche laufen. Über die Ansiedlung sind wir sehr froh und sie ist ein wirklicher Gewinn für Großbottwar. Nun macht sich bezahlt, dass wir das Laauser-Areal mit ruhiger Hand entwickelt haben und nicht gleich beim Erstbesten eingeschlagen haben. Auch bin ich dem Eigentümer des Geländes für die gute Zusammenarbeit dankbar. Damit schaffen dort tatsächlich so viele Leute wie noch nie. Nur in der Hochphase der Firma Laauser gab es einmal annähernd solche Beschäftigtenzahlen. Und, auch darüber sind wir dankbar, dort sind noch weitere Firmen ansässig. Für die Mitarbeiter wurden Plätze geschaffen, aber ja, der Parkdruck in der Schleifwiesenstraße ist gestiegen. Diesbezüglich stehen wir in Kontakt mit der Straßenverkehrsbehörde. Wobei klar sein dürfte, bei dem Areal handelt es sich um ein ausgewiesenes Industriegebiet und da ist mit Lkw- und Pkw-Verkehr zu rechnen.
Wenden wir den Blick in die Ortsteile. Fangen wir mit Winzerhausen an. Sind die Maßnahmen der Stadt zur Ortskernsanierung schon voll durchgestartet?
Die Ortskernsanierung in Winzerhausen wird gut angenommen, die Anwohner bewegen richtig viel und mit der Aufstockung des Zuschusses kann man noch mehr erreichen. Unser Verbandsbauamt bereitet unsere Maßnahmen wie die Gestaltung des Dorfplatzes vor, die dann im nächsten Jahr umgesetzt werden sollen. Es gab ein paar kleinere Probleme mit einem verdolten Bach. Dessen tatsächlicher Verlauf hat nicht mit den uns vorliegenden Plänen übereingestimmt.
Winzerhausen hat eine Aufstockung erhalten, Hof und Lembach ist zumindest noch nicht in das Programm zur Entwicklung des ländlichen Raumes aufgenommen worden. Besteht Hoffnung darauf?
Den ersten Antrag dazu haben wir nach der Erstellung einer Konzeptstudie im vergangenen Jahr gestellt. Wir sind diesbezüglich in Kontakt mit den Behörden. Aktuell liegt ein Antrag eines privaten Bauherren vor. Anders als bei der Ortskernsanierung werden bei dem Entwicklungsprogramm einzelne Projekte geprüft. Wir als Stadt planen, die ehemalige Schule in Hof und Lembach zu sanieren. Ein Planer ist beauftragt, die Auswirkungen einer Komplettsanierung zu erarbeiten. Das Ergebnis wird intensiv im Gemeinderat diskutiert und ich bin guter Dinge, dass wir ein richtig gutes Dorfgemeinschaftshaus daraus machen können.