Über die Biogasanlage hat Andreas Rath viel Interessantes zu berichten gewusst. Foto: Freie Wähler

Die Freien Wähler haben zuerst gemütlich bei Wurstsalat und Wein zusammengesessen. Dann erfuhren sie, wie eine Biogasanlage funktioniert.

Marbach-Siegelhausen - Wie kann man einen tropisch heiß anmutenden Sommerabend besser nützen, als im kleinen Flecken Siegelhausen am Dorfbrunnen einen Marbacher Wein mit Wurstsalat und Brot zu genießen? Die Fraktion der Freien Wähler Marbach schulterte die anfallenden Aufgaben im Verbund: Fensterbauer, Agrarökonom, Feuerwehrfrau, Internist und Sanitärinstallateur organisierten am Wochenende Pavillons, Wurstsalat, Getränke und Biertischgarnituren. Sogar ein Kühlschrank wurde angeliefert, um wohltemperierte Getränke und Speisen zu gewährleisten. Nach geselliger Runde mit den Siegelhausener Bürgern überraschte Hans Wahl aus Rielingshausen die Freien Wähler und die Siegelhausener mit einem kleinen dorfhistorischen Diskurs: „Orte, die mit -hausen enden, wurden vorwiegend zwischen 600 und 700 nach Christus gegründet. Städtchen mit -heim am Ortsnamenende sind älteren Datums, ihre Gründungszeit liegt zwischen 300 und 400 nach Christus. Ortschaften, die auf -ingen enden, sind sogar noch älter“, hatte Hans Wahl recherchiert.

„Fränkische Missionare errichteten um 700 ein kleines Gotteshaus mit Friedhof direkt gegenüber dem heutigen Dorfbrunnen, Martinskirche genannt. Bei Grabungen in jüngerer Vergangenheit wurden sowohl Mauerreste als auch menschliche Knochen gefunden, die aus dieser Zeit stammen“, so Hans Wahl weiter. „Dieses Kirchlein war bis ins 14. Jahrhundert die Urkirche der Umgebung. Während dieser Zeit gehörte Siegelhausen zur Grafschaft Wolfsölden. Ab 1393 wurde Siegelhausen dem Stift Backnang zugeteilt, sodass die Siegelhausener ihren Zehnten per Pferdefuhrwerk die 15 Kilometer nach Backnang bringen mussten. Einem Edikt von Kaiser Wilhelm dem Ersten zufolge sollten sich 1822 alle kleinen Weiler einer größeren Gemeinde angliedern. Sechs Jahre währten die zähen Verhandlungen, dann schloss sich Siegelhausen 1828 dem damals reichen Marbach an.

Gestärkt und mit geschichtlichem Hintergrundwissen versehen, wurden die Freien Wähler Marbach nun von Andreas Rath wieder in die Gegenwart zurückgeholt. Er führte seine Besucher durch die Stallungen seines landwirtschaftlichen Betriebes und durch die sich anschließende Biogasanlage.

Die Basis seines Betriebes seien rund 100 Milchkühe, diverse Bullen und Kälbchen, allesamt robustes Fleckvieh, erläuterte Rath. Die Kühe würden zweimal täglich gemolken und gäben insgesamt etwa 2000 Liter Milch pro Tag ab. Einmal pro Monat komme der Tierarzt, der seinen Bestand kontrolliere und den Gesundheitszustand der Tiere bescheinige.

Vor zwei Jahren wagte die Familie Rath nun einen großen, für den Betrieb zukunftsweisenden Schritt und entschloss sich, auf ihrem Gelände eine Kleinbiogasanlage bis 75 Kilowatt erstellen zu lassen. Diese Anlage wird mit Gülle und dem anfallenden Mist der Kühe betrieben. Die gesammelten Ausscheidungen werden mittels einer Pumpe in den sogenannten Fermenter gepumpt, in dem die Gärprozesse stattfinden. Diese Masse wird auf 41,5 Grad erhitzt. Dadurch können die in der Gülle enthaltenen Bakterien optimal arbeiten und das Biogasgemisch produzieren. Das Gas muss vor der Weiterverwertung in einer Gaskühlstrecke wieder auf 20 Grad abgekühlt werden. Die dadurch entstehende Abwärme wird zur Beheizung des Fermenters verwendet.

Das Biogas hingegen wird entschwefelt und verbrannt. Ein Generator, der durch die Verbrennungswärme angetrieben wird, produziert den Strom. Dieser wird ins Stromnetz eingespeist.

Der Gärrest, Gülle, die noch alle Nährstoffe einschließlich des rückgewonnenen Schwefels enthält, wird vom Bauer Rath nach Anfall auf die Felder aufgebracht. „Die Gülle ist viel flüssiger, sie stinkt viel weniger und die Nährstoffe sind besser für die Pflanzen auf dem Feld verfügbar“, schildert er einen Vorteil seiner Anlage. Er könne so Kunstdünger sparen. Außerdem habe er so eine Wertschöpfungserhöhung und eine Einkommensergänzung für seinen Betrieb. Seine Anlage sei unter anderem auch deshalb wirtschaftlich, weil ihm dank des Erneuerbaren Energien Gesetzes eine Abnahme des Stroms über 20 Jahre garantiert werde. Außerdem sei die Anlage eine gute Ergänzung zur Stromproduktion aus Windkraft- und Solaranlagen, weil Gas leicht speicherbar sei. Zudem sei die Stromerzeugung aus Biogas wie in der vorliegenden Anlage unabhängig von Wind und Wetter und somit für eine Grundlastversorgung geeignet.

Auf die Frage, ob er trotz des hohen unternehmerischen Risikos das Wagnis noch einmal eingehen würde, antwortete Andreas Rath mit einem überzeugten: „Ja.“ Die Phase der Einrichtung seiner Anlage sei schwierig gewesen, er sei aber durch die Erbauerfirma optimal betreut und eingelernt worden. Nun würde die Anlage quasi von selbst laufen, außer der Wartung des Motors alle zwei Wochen habe er eigentlich keine Arbeit mehr damit.

Die Freien Wähler Marbach bedankten sich bei Andreas Rath herzlich für die aufschlussreiche Führung und freuten sich mit ihm und seiner Familie über ihren aktiven Beitrag zum Umweltschutz.